Der verbannte Highlander
schweren, unregelmäßigen Atem. Sie war diese Art von Anstrengung nicht gewöhnt, und selbst mit dem Wanderstock, den er ihr aus einem Ast gefertigt hatte, hatte sie zu kämpfen. Doch wenn sie ihren Vorsprung vor seinem Bruder aufrecht erhalten wollten, dann musste er sie weiter vorantreiben.
Mit dem Plaid, das er ihr gegeben hatte und das sie sich wie ein arisaidh , der typischen Kleidung der Frauen in den Highlands, um den Leib geschlungen hatte, sah sie jedenfalls nicht wie eine Campbell-Erbin aus. Sie wirkte eher wie ein zerlumptes Gassenkind. Ihr Haar, das sich schon lange gelöst hatte, fiel ihr in verirrten, flachsblonden Strähnen ins Gesicht und verfing sich oft in ihren Wimpern. Schlamm verschmutzte den Saum ihrer Röcke bis hoch zum Knie und kleine Spritzer waren über den Rest verteilt. Wenigstens trug sie robuste lederne Reitstiefel und nicht die dünnen Pantoffeln, die sie meist bevorzugte.
Was zum Teufel hatte er sich nur dabei gedacht? Sie befanden sich erst einen Tag in der Wildnis. Manchmal hatte er wochenlang so gelebt. Wie hatte er jemals glauben können, ihr so ein Leben zumuten zu können?
Sie war nicht die Einzige, die zu kämpfen hatte. Um die Wahrheit zu sagen freute er sich genauso darauf, ihr Ziel zu erreichen. Bei jedem Schritt schoss ihm ein neuer, stechender Schmerz durchs Bein, den zu missachten ihm immer schwerer
fiel. Er war ein Risiko eingegangen, indem er die Wunde ausgebrannt und dadurch vielleicht eine Infektion eingeschlossen hatte. Doch falls es so war, würde sie erst in ein paar Tagen ausbrechen, und wenn er es nicht getan hätte, dann hätte er zu viel Blut verloren.
Da er spürte, dass Lizzie eine Pause brauchte, hielt er an einer kleinen Anhöhe an und bot ihr aus dem Wasserschlauch, den er am Loch aufgefüllt hatte, etwas zu trinken an. Bereitwillig nahm sie ihn entgegen und trank einen tiefen Schluck, bevor sie ihn ihm wieder zurückreichte.
Die Bäume öffneten sich ein wenig und boten eine atemberaubende Aussicht durch den Nebel nach Osten auf den Loch in der Ferne.
»Ist das der Loch, wo wir waren?«
Sie hatte so lange geschwiegen, dass es ihn überraschte, den süßen, melodischen Klang ihrer sanften Stimme zu hören. »Aye.« Er deutete ein kleines bisschen weiter nach Süden. »Die Höhle ist an der Seite des Berges dort.«
Sie nickte. »Der Loch ist wunderschön. Wie heißt er?«
»Loch Katrine«, sagte er mit abweisender Stimme. Er hatte sich den ganzen Tag lang größte Mühe gegeben, nicht daran zu denken. Daran, wie nahe sie waren.
Er sah, wie ihr Blick nach Osten schweifte und dann anhielt. Ihre Augen funkelten mit dem ersten Schimmer von Begeisterung, den er seit Tagen bei ihr gesehen hatte. »Ist das eine Insel?«
Er versteifte sich. »Aye. Molach.« Die Insel, wo seine Schwester und einige der anderen MacGregor-Frauen und Kinder Zuflucht gefunden hatten. Nur das Wissen, dass es einer der ersten Orte war, an denen sein Bruder nach ihnen suchen würde, sobald er erkannte, dass sie nicht nach Süden gegangen waren, hielt ihn davon ab, nach Annie zu sehen. Er machte Lizzie keinen Vorwurf für das, was seiner Schwester zugestoßen war, doch er versuchte, nicht über die Ereignisse
nachzudenken, die sie voneinander getrennt hatten. Sobald Lizzie in Sicherheit war, würde er zu Annie gehen. Und dann würde er Auchinbreck finden.
»Sie ist bezaubernd«, sagte sie. Als er nicht antwortete, fragte sie: »Glaubst du, dass sie uns folgen?«
»Aye. Mein Bruder wird nicht so leicht aufgeben.« Er sah die Angst in ihren Augen und wollte ihr instinktiv Mut machen. »Ich habe diese Berge aus einem bestimmten Grund ausgewählt, Lizzie. Niemand wird uns hier finden, wenn ich es nicht will.«
Wenn er vorgehabt hatte, ihr die Ängste zu nehmen, dann schienen seine Worte das Gegenteil zu bewirken. Unter der Röte der Anstrengung wurden ihre Wangen blass. »Wir gehen in die Berge?«
»Nur wenn es notwendig ist, aber ich muss nach Balquhidder, um meine Männer zu versammeln.« Es war zu gefährlich, zu versuchen, sie ganz allein in Sicherheit zu bringen. Er hoffte inständig, dass Robbie und die anderen ohne Probleme entkommen waren. Er deutete in die Richtung des Berges, zu dem sie unterwegs waren. »Von dort oben habe ich einen klaren Überblick über die Umgebung. Wenn mein Bruder unsere Fährte aufgenommen hat, dann werde ich ihn sehen. Wenn keine Spur von ihm zu sehen ist, dann folgen wir den Lochs und Flüssen nach Norden und holen meine Männer, und dann
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