Der verbannte Highlander
zurückkehren. Die anderen werden schon warten und sich fragen, was mit uns geschehen ist.«
Lizzie schenkte ihm ein wissendes Lächeln und ihre Augen funkelten verstehend. »Wir haben ihnen viel zu erzählen. Ich fürchte, Eure heutigen Taten laufen Gefahr, heroische Ausmaße anzunehmen.«
Patrick wusste nicht, ob es an ihrem Lächeln lag, an dem Funkeln in ihren Augen, oder an der Unverwüstlichkeit, mit der sie diesen harten Tag überstanden und dennoch ihren Sinn für Humor nicht verloren hatte, aber ihm wurde klar, dass seine Mission schwieriger werden würde, als er sich vorgestellt hatte.
Dieb, Räuber, Gesetzloser, Landplage: Mit diesen Namen war er vertraut, nicht jedoch mit Held. Und doch konnte dieses Mädchen ihn einen Augenblick lang dazu bringen, sich zu wünschen, dass es möglich war. Zu glauben, dass möglicherweise
noch ein Fünkchen Glut in der Asche seiner dunklen Seele existierte. Dass irgendetwas in ihm vielleicht noch nicht gestorben war.
Er bedauerte, dass bald schon der Tag kommen würde, an dem er ihr das Gegenteil beweisen musste.
Kapitel 4
N icht lange, nachdem sie den Loch verlassen hatten, kam der mächtige Umriss von Castle Campbell in Sicht, dessen strenge graue Steinmauern sich hoch auf einem von dichten Wäldern umgebenen Hügel erhoben.
Wie ihr Gegenstück in den Highlands, Inveraray Castle, diente die Festung des Earl of Argyll in den Lowlands als beeindruckende Mahnung an die Stärke des Clans. Einst hatte man die Burg Castle Gloom – die finstere Burg – genannt, und die steile, eindrucksvolle Kulisse und kahlen Steinmauern ließen unschwer erkennen, warum. Doch für Lizzie war es ihr Zuhause.
Nach allem, was sie an diesem Tag durchgemacht hatte, sollte sie eigentlich erleichtert darüber sein, die Sicherheit der beeindruckenden Burg zu erreichen. Das vertraute, stechende Aroma von Bärlauch zu riechen, das die steilen Schluchten erfüllte; das Rauschen des Burn of Sorrow und des Burn of Care zu hören, die weiter unten westlich und östlich des Felsvorsprungs flossen, auf dem die Burg stand. Doch aus irgendeinem Grund wollte sie nicht, dass dieser Teil der Reise zu Ende ging. Sie vermutete, dass es etwas mit dem Mann zu tun hatte, der neben ihr ritt.
Einem Mann, den sie kaum kannte, aber dem sie sich an den Hals geworfen hatte wie … wie … Sie errötete. Wie eine gewöhnliche Dirne.
Der arme Mann trauerte noch um den Verlust seiner Frau und seines ungeborenen Kindes, um Gottes willen!
War sie so verzweifelt auf eine romantische Liebesbeziehung aus, dass sie dem ersten gutaussehenden Mann verfiel, der liebenswürdig zu ihr war? Offensichtlich ja.
Trotz seiner Ritterlichkeit war sie entsetzlich beschämt darüber, was sie getan hatte. Mit diesem Gesicht war er es wahrscheinlich gewohnt, dass ihm Frauen in die Arme sanken, aber Lizzie hatte noch nie auch nur ansatzweise etwas so Ungehöriges getan. Sie hatte noch nie so vollständig jede Schicklichkeit fahren lassen, um Trost in den Armen eines Fremden zu suchen.
Doch es hatte sich unglaublich angefühlt. Warm. Sicher. Beschützt. Und so viel mehr. Sie hatte eine Verbindung zwischen ihnen gespürt. Eine sinnliche Empfindsamkeit, die über einfache Anziehungskraft hinausging und jeden Teil ihres Körpers zu erfassen schien. In seinen Armen hatte sie sich lebendig gefühlt. Als wäre ihr Körper aus einem langen Schlaf erwacht und prickle vor Wonne über dieses Erwachen.
Etwas war über sie gekommen und sie hatte das eindringliche Bedürfnis verspürt, ihn zu berühren. Die Hände über seine Arme gleiten zu lassen und die kräftigen Muskeln unter den Fingerspitzen zu spüren, die harten Konturen an Brust und Rücken nachzuzeichnen. Seine Stärke in sich aufzunehmen.
Ihr Körper war von einer starken Hitze erfüllt worden. Einer trägen Schwere. Und dann war ihr einen Augenblick lang das Herz stehengeblieben, als sie glaubte, dass er sie tatsächlich küssen würde. Sein Mund war nur wenige Zoll entfernt. Die breiten, sinnlichen Lippen, die dunklen Stoppeln entlang der harten Kontur seines Kinns, der würzig warme Atem auf ihrem Gesicht.
Aber er hatte es nicht getan. Ob sie es sich nur eingebildet hatte oder ob er es sich schlicht anders überlegt hatte, wusste sie nicht. Sie hatte ohnehin kein Recht gehabt, ihn überhaupt zu ermutigen, doch den Anflug von Enttäuschung konnte sie dennoch nicht leugnen.
Es war am besten so, sagte sie sich. Nun, da er sie sicher nach Hause gebracht hatte, würde er fortgehen
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