Der verbannte Highlander
jagen. Die MacGregors waren die besten Bogenschützen in den Highlands, und Patrick wurde an Können nur von seinem Cousin übertroffen. Aber ein solches Können würde auffallen – und würde Bemerkungen nach sich ziehen. Er wollte nichts tun, was irgendwie Aufmerksamkeit auf ihn lenkte.
Eine plötzliche Stille senkte sich über die Männer, aber nicht aus dem Grund, den Patrick vermutete.
»Er wird nichts dergleichen tun!«
Beim Klang der vertrauten Stimme wirbelte er herum, überrascht, Lizzie zügig auf ihn zueilen zu sehen.
Fragend zog er eine Augenbraue hoch. Als wüsste sie, was er – und jeder andere Mann – dachte, beeilte sie sich, zu erklären, warum sie mitten in die Waffenübungen der Männer platzte. »Ich sah Euch hier drüben und«, ihre Wangen röteten sich bezaubernd, »fragte mich, warum Ihr nicht im Bett seid. Die Heilerin sagte, Eure Genesung würde noch ein paar Tage dauern.«
»Ich danke Euch für Eure Sorge, Mylady, aber Fionnghuala« – die alte Wachtel – »ist übervorsichtig. Ich habe mich schon gut genug erholt, um meinen Pflichten wieder nachzukommen.«
Sie biss sich auf die Lippe und sah aus, als wolle sie widersprechen, und wenn der Haufen aufmerksam zuhörender Männer nicht gewesen wäre, dann hätte sie das wahrscheinlich auch getan. Es amüsierte ihn, dass dieses winzige Ding von Mädchen sich etwas trauen würde, was nur wenige bisher getan hatten.
»Nun gut, wenn Ihr Euch sicher seid …«
»Das bin ich.«
Ihre Blicke trafen sich einen Moment lang, bis sie plötzlich die Augen niederschlug. Zum ersten Mal bemerkte er ihre Kleidung. Sie trug schlichte Gewänder – einen rauen Wollkirtle über einem einfachen Leinenhemd. Es stand ihr gut. Ohne den Reifrock konnte er ihre schmale Taille und den schlanken Schwung ihrer Hüften erkennen. Sie war ein winziges Ding, und steife Spitze und unzählige Schichten von Röcken erdrückten ihre natürliche, gertenschlanke Figur nur. Sie trug einen großen Korb über dem Arm und unter ihren Röcken sah er die Spitzen von festen Lederstiefeln hervorlugen.
»Geht Ihr irgendwohin, Mylady?«
»Ich dachte, ich pflücke ein paar der Wildblumen, die oben auf dem Hang wachsen.«
Mit einem Stirnrunzeln sah er in die Richtung des Hügels, zu dem sie deutete. »Ihr solltet Euch nicht ohne Begleitung außerhalb der Burgmauern aufhalten.« Ganz besonders nicht, wenn sein Bruder wahrscheinlich in der Nähe lauerte und darauf wartete, sich mit ihm zu treffen.
»Es ist nicht weiter als ein paar hundert Fuß …«
»Ich werde mit ihr gehen«, bot Finlay sich an.
»Das wird nicht nötig sein«, warf sie vielleicht ein bisschen vorschnell ein. »Ihr werdet hier bei den Männern gebraucht.
Aber wenn Ihr Patrick für eine kleine Weile entbehren könntet; da gibt es etwas, das ich gerne mit ihm besprechen würde.«
Patrick bemerkte das kurze Aufblitzen von Feindseligkeit ihm gegenüber, bevor Finlay es mit einem kriecherischen Lächeln überspielte. »Natürlich, Mylady. Obwohl ich aufgrund seiner Verletzung nicht sicher bin, ob er Euch viel von Nutzen sein wird. Vielleicht sollten wir Euch von einem anderen Mann begleiten lassen, nur um sicherzugehen.«
Patrick reagierte sofort. Er trat vor und seine Muskeln in Armen und Schultern strafften sich, als er eine Hand zur Faust ballte, so als hätte er sie um den dicken Hals des Mannes gekrampft. Finlay hatte keine Ahnung, wie kurz davor er war, sich flach auf dem Rücken wiederzufinden. Patrick besaß mehr Kraft in einem Arm als die meisten Männer in beiden. Ob geschwächt oder nicht, wenn Patrick die Beherrschung verlor, hätte der vierschrötige, stämmige Wachmann keine Chance gegen ihn.
Blut rauschte ihm heftig durch die Adern. Eine unterschwellige Herausforderung zu ignorieren war eine Sache; das offene Schmähen seiner Fähigkeiten als Krieger war etwas völlig anderes. Außerdem war er kein Mann, der einen Kampf scheute.
Als Elizabeth die gefährliche Spannung zwischen den beiden Männern spürte, trat sie dazwischen und legte Patrick beruhigend die Hand auf die Brust, was sich als überraschend wirkungsvoll erwies, denn ihre sanfte Berührung war mächtiger als die Klinge eines claidheamhmór.
»Ich bin sicher, das wird nicht nötig sein, Finlay. Jeder, der Patrick kämpfen sah, würde niemals an seinen Fähigkeiten zweifeln. Ihr vergesst, dass er uns alle trotz seiner Verletzung bewundernswert verteidigt hat. Falls es nötig sein sollte, dann wird er in der Lage sein, gut
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