Der verbannte Highlander
Stimme. Seine Augen waren eisig, so hart und schwarz wie Kohle. Etwas Schmerzhaftes schnürte ihr die Brust eng und sie musste den Blick abwenden. »Das ist Patrick Murray«, erklärte sie Colin, »der Mann, der uns bei dem Überfall gerettet hat. Er und seine Männer haben eingewilligt, eine Weile zu bleiben.«
»Ach ja?« Colin kratzte sich am Kinn. »Wie es scheint, schulden wir Euch Dank, Murray.«
»Ihr schuldet mir nichts, Mylaird. Ich fühle mich geehrt, der Lady meine Hilfe anbieten zu können.« Patricks Stimme war höflich, aber leer. Als er sie ansah, war sein Blick der eines Fremden und ließ nichts davon erahnen, was noch vor wenigen Augenblicken zwischen ihnen geschehen war. »Wenn Ihr mich nun entschuldigt, mich ruft die Pflicht .«
Ihr war nicht entgangen, wie er das letzte Wort betonte. Ein Fehdehandschuh, in der Tat.
Kapitel 10
P atricks Ansicht nach gab es keinen Grund zu feiern, doch der Saal war erfüllt vom Klang der Dudelsackpfeifen und der Lustbarkeit, während das Fest seinen Lauf nahm. Highlandern war jeder Vorwand recht, ein ceilidh zu feiern, und die Campbells – Highlander, wenn es sich als zweckdienlich erwies – bildeten da keine Ausnahme.
Er hielt den Blick auf den dampfenden Teller voll Fleisch und Gemüse vor ihm geheftet und nicht auf das lachende Paar, das auf der Estrade saß, doch jeder Zoll seines Körpers bebte vor kaum verhaltenem Zorn. Nach einer endlosen Woche, in der er gezwungen gewesen war, im Schatten zu stehen und seinem Feind dabei zuzusehen, wie er die Frau umwarb, die Patrick wollte – ohne verdammt noch mal das Geringste dagegen tun zu können –, war er gefährlich nahe daran, die Beherrschung zu verlieren.
Alles in ihm schrie danach, hinüberzustürmen und die Faust in dieses verdammt noch mal allzu charmante Lächeln seines ehemaligen Cousins Robert Campbell zu donnern, obwohl das eine Katastrophe von tödlichem Ausmaß bewirken konnte. Patrick wagte es nicht, noch mehr Aufmerksamkeit auf sich und seine Männer zu lenken. Sie bewegten sich ohnehin schon auf sehr gefährlichem Terrain.
Der Schock darüber, in den Saal zu spazieren und den Laird of Auchinbreck und Robert Campbell zu sehen, war noch nicht wieder abgeklungen. Patrick wusste, dass er verdammtes Glück hatte, dass keiner der Männer ihn erkannte. Er war Elizabeths Bruder ein paar Mal begegnet und Robert Campbell ein- oder zweimal, aber nie nahe genug, als dass sie ihn sich genauer hätten ansehen können. Nichtsdestoweniger vermochte
nicht einmal die Erkenntnis darüber, wie kurz er bereits zum zweiten Mal davor gewesen war, entdeckt zu werden, die gefährliche Mischung von Gefühlen zu lindern, die in ihm schwelten – Wut, Verbitterung, und etwas, das man nur als Eifersucht bezeichnen konnte. Er war bereit, bei der kleinsten Provokation zuzuschlagen.
Gleichgültig? Wohl kaum. Das konnte er nicht länger von sich behaupten, wenn er das überhaupt jemals gekonnt hatte. Entdeckung war nicht die einzige Gefahr, der er sich gegenübersah. Er lief ebenfalls Gefahr, zu viel Zuneigung zu entwickeln. Etwas, das er stets sorgsam vermieden hatte.
Bis jetzt.
Erneut warf er einen Blick zu ihr hinüber, doch das Bild hatte sich nicht geändert.
So majestätisch wie eine Prinzessin auf dem Thron hatte sie noch nie schöner – oder unerreichbarer für ihn – ausgesehen. Sie strahlte wie ein Diamant in der Sonne, ihre himmelblauen Augen funkelten und die blasse Haut glühte rosig im Kerzenschimmer. Sie trug ein bezauberndes Ensemble aus blauem Satin und einem weißen, hauchdünnen Material, das sie umwehte wie Engelsflügel. Das Haar war im griechischen Stil hoch auf dem Kopf festgesteckt und wurde von einem Kranz aus Perlen und Diamanten gehalten. Lange, seidige, weißblonde Locken fielen ihr auf die sahnig helle Haut an Hals und Schultern herab.
Sie sah genau aus wie das, was sie war: eine Burgherrin par excellence. Eine Frau, die man von weitem bewunderte.
Wieder einmal hatte sie ihre Wunder gewirkt und den düsteren alten Saal in ein funkelndes Panorama aus Licht und Farben verwandelt, das vor Leben zu sprühen schien – obwohl er vermutete, dass sie selbst aus der ärmlichsten Hütte ein warmes, gemütliches Heim zaubern konnte. Noch nie hatte er so viele Kerzen gesehen – oder so viel Silber dafür. Die Beweise für den Reichtum der Campbells waren überall – von
den farbenprächtigen Satintüchern, die die Tische bedeckten, über die kostbaren Edelmetalle und Juwelen, die das
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