Der verbannte Highlander
allein.
Eine Weile ritten sie schweigend dahin. Sie musterte ihn neugierig. Er verhielt sich jedenfalls nicht wie ein Mann, der gerade gewonnen hatte. Doch kaum etwas von seinem Verhalten heute ergab einen Sinn.
»Willst du es heute den ganzen Tag nicht mit mir reden?« Ironisch zog er eine Augenbraue hoch. »Ich war mir nicht sicher, ob du nach gestern Abend mit mir reden willst.«
Bei der kühnen Andeutung auf die Intimitäten, die sie miteinander geteilt hatten, stieg ihr rosige Röte in die Wangen. »Wenn das eine Entschuldigung sein soll …«
»Mir war nicht bewusst, dass ich mich für etwas entschuldigen müsste. Du schienst dich jedenfalls gestern nicht zu beklagen.«
Rosa wurde zu Tiefrot. Er versuchte absichtlich, sie zu beschämen und zu verwirren. Doch sie wehrte sich dagegen, sich so leicht ablenken zu lassen.
»Das war eine recht eindrucksvolle Vorstellung heute.« Er zeigte keine Anzeichen, dass er sie gehört hatte. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Dein Können ist bemerkenswert.« Sie spitzte die Lippen. Seine ausdruckslose Miene machte sie wütend. »Das war ein Kompliment, falls du es nicht bemerkt hast.«
Um seine Mundwinkel zuckte es. »Danke.«
»Es ist allerdings schon merkwürdig …«
Er wandte sich zu ihr um und sah sie an. »Und nun wartest du vermutlich darauf, dass ich frage, warum?«
Sie ignorierte seinen Sarkasmus. »Es ist merkwürdig, dass bei einem Können wie deinem noch niemand etwas von dir gehört hat. Nimmst du denn nicht an den Highland-Spielen teil?«
»Wie ich Campbell bereits sagte, lässt sich Können am besten auf dem Schlachtfeld beurteilen. Ich kann mit Wettkämpfen nichts anfangen.«
»Hmm.« Für einen Krieger war er ungewöhnlich bescheiden. Die meisten Männer waren nicht annähernd so umsichtig – vor allem in den Highlands, wo der Ruf eines Kriegers eine ebenso mächtige Waffe wie sein Schwert und sein Bogen war. Gab es noch eine andere Erklärung für seine Zurückhaltung? Sie straffte die Schultern und sah ihm geradewegs in die Augen. »Warum hast du bei deinem zweiten Schuss absichtlich danebengeschossen?«
Der dunkle Strich seiner Augenbraue zuckte hoch. »Was bringt dich zu der Ansicht, dass ich das getan hätte?«
»Ich habe die kleine Korrektur gesehen, die du unmittelbar vor dem Schuss vorgenommen hast.«
»So etwas nennt man zielen. Obwohl ich es zu schätzen weiß, welches Vertrauen du in meine Fähigkeiten hast, treffe auch ich gelegentlich einmal daneben.« Er begegnete ihrem Blick. »Welchen Grund könnte ich haben, so etwas zu tun?«
Sie reckte das Kinn. »Sag du es mir.«
»Es gibt keinen, aber ich könnte mir vorstellen – da du ja so gut darin zu sein scheinst, alles herauszufinden –, dass du vielleicht eine Theorie hättest.«
Seine ausweichende Art überzeugte sie nur noch mehr davon, dass er etwas zu verbergen hatte. »Warum solltest du dein Können verheimlichen wollen?«
Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Das kann man mir ja wohl schwerlich nachsagen.«
Sie ignorierte den Versuch, ihrer Frage auszuweichen. »Genau das ist es ja. Ich verstehe nicht, warum du deine Meinung wieder geändert hast, nachdem du dir so viel Mühe gegeben hast, zu verlieren.«
Er begegnete ihrem Blick und seine grünen Augen brannten vor Eindringlichkeit. »Vielleicht hatte ich mich entschieden, dass die Siegesprämie den Preis wert war.«
Ich. Ein Schauer jagte ihr über den Rücken. Der Ausdruck in seinen Augen ließ ihr Hitze durch die Adern strömen. Es war ein Blick voller Besitzanspruch. Voll reinem männlichem Verlangen. Er nahm sie so vollständig in Besitz, dass es einen Augenblick lang dauerte, bis sie die Stimme wiederfand. »Welchen Preis? Was hättest du denn zu verlieren, wenn du gewinnst?«
Er antwortete nicht sofort, sondern richtete den Blick wieder zurück auf den Weg, der sich durch den Wald schlängelte, und wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich hielt es unter den gegebenen Umständen für klug.«
Lizzie zog die Nase kraus. »Das verstehe ich nicht.«
Der Zug um sein Kinn verhärtete sich und mit Mühe stieß er die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Robert Campbell ist ein mächtiger Mann.«
Mit schräg geneigtem Kopf musterte Lizzie die harten Linien seines stolzen, gutaussehenden Gesichts. »Und du dachtest, er würde sich dafür rächen, wenn du ihn übertrumpfst?« Sie schüttelte den Kopf. »Da kennst du Robert nicht.«
Sein Blick hätte durch Stein schneiden
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