Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden

Titel: Der verborgene Garten - Der verborgene Garten - The Forgotten Garden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Morton
Vom Netzwerk:
rede.«
    Nell lächelte düster vor sich hin. Zwölf Tage waren vergangen, seit sie aus Australien aufgebrochen war; sie fragte sich, ob Lesley überhaupt schon bemerkt hatte, dass sie fort war. Wahrscheinlich nicht. Trotzdem nahm sie sich vor, ihr eine Postkarte zu schicken. Die kleine Cassandra würde sich freuen. Kinder konnten sich für solche Dinge begeistern.
    »Kommen Sie, Mädel«, rief William aus dem Wohnzimmer. »Leisten Sie einem alten Mann ein bisschen Gesellschaft.«
    Nell, ein Gewohnheitstier, wählte denselben Sessel, in dem sie beim letzten Mal gesessen hatte. Sie nickte William zu.
    Er erwiderte ihr Nicken.
    Eine Weile saßen sie in freundschaftlichem Schweigen da. Der Wind war stärker geworden und rüttelte an den Fenstern, wie um die Stille im Raum zu unterstreichen. Nell zeigte auf das Gemälde über dem offenen Kamin, ein Bild von einem Fischerboot mit einem rot-weiß gestreiften Rumpf und dem Namen in schwarzen Lettern auf der Seite. »Ist das Ihr Boot? Die Piskie Queen ?«
    »Allerdings«, sagte William. »Die Liebe meines Lebens, denke ich manchmal. Wir beide haben einige schlimme Stürme gemeinsam durchgestanden.«
    »Haben Sie das Boot immer noch?«
    »Nein, seit ein paar Jahren nicht mehr.«

    Wieder legte sich Schweigen über sie. William tätschelte seine Brusttasche, dann zog er einen Beutel mit Tabak heraus und begann, seine Pfeife zu stopfen.
    »Mein Vater war Hafenmeister«, sagte Nell. »Ich bin mit Schiffen aufgewachsen.« Plötzlich sah sie Haim vor sich, wie er kurz nach dem Krieg in Brisbane am Kai stand, die Sonne im Rücken, sodass seine Gestalt vor dem hellen Hintergrund wie ein Schattenriss erschien mit seinen langen, irischen Beinen, den großen, kräftigen Händen. »Das hat man irgendwann im Blut, nicht wahr?«
    »Ja, da haben Sie recht.«
    Die Fensterscheiben klapperten, und Nell seufzte. Genug ist genug, jetzt oder nie und ähnliche Redewendungen kamen ihr in den Sinn: Sie mussten reinen Tisch machen, und diese Aufgabe würde Nell zufallen, denn sie konnte sich nicht weiter mit solch belanglosem Geplauder begnügen. »William«, sagte sie und beugte sich vor. »Was ich neulich abends gesagt habe. Ich wollte Ihnen nicht …«
    Er hob eine schwielige Hand, die leicht zitterte. »Kein Problem.«
    »Aber ich hätte nicht …«
    »Nichts passiert.« Er klemmte sich die Pfeife zwischen die Zähne, und damit war das Thema erledigt. Dann zündete er ein Streichholz an.
    Nell lehnte sich wieder in ihrem Sessel zurück: Wenn er es so wollte, bitte sehr, aber sie war fest entschlossen, diesmal nicht zu gehen, ohne ein weiteres Stück des Puzzles ergattert zu haben. »Robyn meinte, Sie wollten mir etwas sagen.«
    Der süße Duft des Pfeifentabaks breitete sich aus, als William seine Pfeife anzündete. Er nickte. »Ich hätte es Ihnen schon letztes Mal sagen sollen.« Sein Blick ruhte auf einem Punkt hinter Nell, und sie musste sich beherrschen, um sich nicht umzudrehen und nachzuschauen, was es war. »Aber Sie haben mich so überrumpelt.
Es ist schon lange her, dass jemand ihren Namen ausgesprochen hat.«
    Eliza Makepeace. Die unausgesprochenen Laute schwebten wie auf silbernen Flügeln zwischen ihnen.
    »Es ist mehr als sechzig Jahre her, aber ich sehe sie heute noch von dem Haus da oben herunterkommen und mit entschlossenen Schritten ins Dorf gehen, das offene Haar im Wind.« Er hatte die Lider beim Sprechen geschlossen, doch jetzt öffnete er die Augen wieder und schaute Nell an. »Ich nehme an, das sagt Ihnen nicht viel, aber damals - na ja, es kam nicht oft vor, dass jemand aus dem Herrenhaus sich in die Niederungen des Dorfs begab. Aber Eliza«, er räusperte sich. »Eliza benahm sich, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Die war nicht wie die anderen da oben.«
    »Sie haben sie also gekannt?«
    »Ich habe sie gut gekannt, zumindest so gut, wie man ihresgleichen kennen konnte. Ich habe sie kennengelernt, als sie gerade siebzehn war. Meine kleine Schwester Mary arbeitete damals oben im Herrenhaus und hat Eliza einmal, als sie ihren freien Nachmittag hatte, mitgebracht.«
    Nell musste sich sehr beherrschen, um sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. Endlich mit jemandem zu sprechen, der Eliza persönlich gekannt hatte. Der ihr sogar eine Beschreibung von ihr geben konnte, die das heimliche Gefühl bestätigte, das nur verschwommen in ihrer Erinnerung existierte. »Wie war sie denn so, William?«
    Er kratzte sich am Kinn, und das Geräusch, als er sich durch

Weitere Kostenlose Bücher