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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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der Lichtläufer . Unser Status war wohl irgendwo in der Mitte zwischen Gefangenen und Passagieren.
    Wir erhielten keine Unterkünfte. Chowdry schlief bei den Freiwächtern, die ihre Hängematten in der Nähe des Bugs hatten. Der Tanzmistress und mir wurde ein kleiner Platz bei einer Schar mürrischer Helfer unten in einer fensterlosen Kabine zugewiesen, in der es nach Schweiß und ungewaschenen Haaren stank.
    Copper Downs wurde erneut eine Station auf meinem Heimweg nach Kalimpura. Vielleicht verlief mein Leben in einem Kreis. Auf meine Bitte beschaffte mir Srini einige Dinge vom Segelmacher. Obgleich sie einen Dampfkessel besaß, setzte die Lichtläufer Segel, wenn der Wind günstig stand. Während der ruhigen Stunden nähte ich mir wieder eine neue, gröber ausgeführte Verkleidung, wie ich sie als Halsbrecher getragen hatte.
    Im Verlauf der Reise diskutierten die Tanzmistress und ich viel über die Politik der Stadt. Mir fiel dabei auf, dass sie gegen Federo irgendeinen Verdacht hegte. Sie vertraute ihm nicht mehr. Mir war jedoch auch nicht entgangen, wie wichtig es ihr zu sein schien, dass ich mein eigenes Urteil fällte. Chowdry gesellte sich oft zu uns, doch er war mürrisch und verschlossen. Offenbar bedauerte er seine spontane Entscheidung, uns auf die Leiter zu folgen.
    Alles in allem war es jedoch eine bessere Reise, als ich erwartet hatte.
    Ich ging in Lost Port nicht von Bord. Die Tanzmistress ebenfalls nicht. Kapitän Barks hatte es uns nicht verboten, aber ich wollte seinen Zorn erst gar nicht herausfordern. Stattdessen verbrachten wir die Zeit mit Gesprächen über Städte.
    »Mein Volk baut keine steinernen Hallen«, erklärte sie mir. »Das haben wir nie getan. Welcher Gott auch immer die Affen mit Feuer in ihren Händen und Ideen in ihren Köpfen in die Welt setzte, erschuf die Städtebauer. Die Menschen. Das ist der Grund, weshalb ihr zahlreicher seid als alle anderen Rassen auf der Welt zusammen.«
    »Denkst du, dass das auf der ganzen Weltplatte so ist?«
    Die Tanzmistress blickte mich von der Seite an. »Vielleicht nicht mehr hunderttausend Meilen im Osten oder Westen. Aber soweit könnte man in einem Leben nicht reisen.«
    Ich lächelte. »Mit einem schnellen Schiff und einer guten Mannschaft schon.« Weit fort von Choybalsan, dem Rohrdommelhof und all den anderen Geistern, die mich bereits verfolgten, obgleich ich noch nicht einmal sechzehn Sommer alt war.
    »Bis du eine Wüste oder eine Bergkette erreichst, die du nicht überqueren kannst. Du würdest die Sprache dort nicht verstehen und das Geld nicht kennen. Du würdest schließlich in einem fremdartigen Hafen unter Menschen betteln müssen, die mithilfe von Federn sprechen und einander mit Blumen verfluchen.«
    Ich konnte mir Schlimmeres vorstellen. Ich selbst hatte schon Schlimmeres verursacht. Auch jetzt noch gehen mir ihre Worte von damals zu Herzen, obgleich ich schon vor langer Zeit einen anderen Weg eingeschlagen habe. Damals sagte ich nur: »Ich werde ohnehin kein Reisender auf den Meeren des Schicksals sein. Die Göttin hat mich gesandt, du hast mich gerufen. Eines Tages werde ich nach Kalimpura zurückkehren. Ich kenne mein Leben.«
    »Niemand kennt sein Leben, Green. Nicht, bis es vorbei ist und ein Enkelkind ein paar Worte in den Grabstein meißelt.«
    Als Copper Downs am Horizont auftauchte, bat ich die Tanzmistress um einen Gefallen. »Sag Federo nicht, dass ich zurück bin, bitte.«
    »Ich bin nicht so sicher, welcher Schritt jetzt der richtige sein mag.«
    »Ich auch nicht. Fangen wir deshalb mit den einfachen Dingen an. Du kümmerst dich um das Geld für die Überfahrt. Chowdry kommt mit uns an Land. Du musst auch für ihn bezahlen.«
    Die Tanzmistress runzelte nachdenklich die Stirn. »Es ist für mich einfacher, dass ich ihn nicht verschweigen muss. Ich werde eine Nachricht schicken.«
    Mir kam eine Idee, die zugleich völlig idiotisch und brillant war. »Ich werde sie überbringen. Ich gehe als Halsbrecher. Ich spreche Petraeanisch so gut wie die Einheimischen.«
    Ein seltsames Lächeln huschte über das Gesicht der Tanzmistress. »Dann werden wir sehen, ob du unerkannt bleiben kannst.«
    Ich nickte und zog mich dann um. Ich vermisste noch immer meine Glöckchenseide, aber ich hatte sie so oft neu begonnen, dass sie für mich immer nur erfolglose Anstrengung bedeutete.
    Mit maskiertem Gesicht stieg ich wieder an Deck und stellte mich an die Reling. Copper Downs lag unter grauem, verregnetem Himmel vor uns.
    Selbst durch

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