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Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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gehabt.« Er klang müde.
    Die Tanzmistress seufzte. »Wir hätten es wissen sollen.«
    »Was denn?«, fragte ich.
    Federo starrte mich an. »Hör auf, wie eine Barbarin zu reden«, schnappte er. »Wir sind in Copper Downs.«
    »Barbarin?« Ich unterdrückte meine Stimme, die aufschreien wollte. »Ihr seid die … die …« Ich hatte in meiner Sprache kein Wort für Barbaren. Für ein Wort wie dieses war ich wohl noch zu klein gewesen. »Tiere. Ihr seid Tiere.«
    »Das hätten wir ändern können«, sagte er. »Mit deiner Hilfe.«
    Die Tanzmistress bedachte mich mit einem eindringlichen Blick. »Bitte, sprich so, dass ich dich verstehen kann. Sonst kommen wir nicht weiter.«
    Ich nickte widerwillig, denn ich wusste, dass Petraeanisch für sie auch eine fremde Sprache war. »Also gut«, murmelte ich.
    »Smaragd«, begann Federo.
    »Green!« Ich hieb mit der Faust auf die Bretter unseres Tisches. »Mein Name ist nicht Smaragd, sondern Green.«
    Die Tanzmistress winkte Federo beschwichtigend zu. »Nun, Green«, sagte sie, »Federo war immer der Meinung, du hättest genug Feuer im Herzen, um dich von der Erziehung durch den Faktor nicht unterkriegen zu lassen. Du …«
    »Und das hattest du«, unterbrach Federo. Stolz klang aus seiner Stimme, selbst jetzt. Dafür hasste ich ihn. Es klang, als ob er mich zu dem gemacht hätte, was ich war, nur weil er klug genug gewesen war, mich zu kaufen.
    »Zu viel Herz vermutlich«, fuhr die Tanzmistress fort.
    »Na und?«, entgegnete ich. »Ich sollte doch nur euer Geschöpf werden. Aber ich bin eine eigene Person, nicht irgendein Ding, das der Faktor oder irgendjemand sonst nach seinem Willen formt.«
    Die Klauen der Tanzmistress trommelten auf das rohe Holz des Tisches. Späne flogen. »Wir werden alle vom Leben geformt.«
    »Das ist wahr«, pflichtete Federo ihr bei. »Und es gibt so vieles, das du nicht weißt. Gehe ich recht in der Annahme, dass du nichts gelesen hast, was nach Lacodemus’ Kommentaren veröffentlicht wurde?«
    »Ja.« Was wollte er mit dieser Frage sagen? Lacodemus war fasziniert gewesen von Menschen, die aus dem Grab herausstiegen, und von Leuten, die mit dem Kopf nach unten lebten und durch die Bewegung ihrer Beine sprachen. Ich hatte ihn nicht ernst genommen. Die Welt gehorchte einer bestimmten Ordnung. Nur weil eine Geschichte von weit her kam, hieß das nicht, dass man sie nicht mit gesundem Menschenverstand beurteilen sollte.
    »Dann will ich dir etwas aus der jüngsten Geschichte Copper Downs erzählen.« Er lehnte sich vor und presste die Handflächen fest auf das raue Holz. »Es hat seit vierhundert Jahren keinen Nachfolger mehr auf dem Thron gegeben.«
    »Mistress Tirelle sprach davon, wenn auch nicht so klar.« Ich dachte an die toten Augen des Faktors, die mich an jene des Meeresungeheuers erinnerten, dem ich vor so langer Zeit fast zum Opfer gefallen wäre. In gewissem Sinne hatte Lacodemus recht gehabt. »Diese Stadt wird von Unsterblichen regiert.«
    Die Tanzmistress lachte leise und bitter. »Unsterblich? Nein. Vom Tod verschont? Allerdings … Bisher.«
    »Ihr wollt von mir, dass ich den Herzog töte«, hauchte ich fast tonlos. Der Tod des Herzogs würde auch das Ende der Macht des Faktors bedeuten. Frauen … Mädchen … würden sicherer sein. Selbst ein neuer Tyrann würde lange brauchen, wieder eine Macht wie diese aufzubauen.
    »Das war eine unserer Hoffnungen, ja«, gestand Federo ein. »Wir hatten auch noch andere Pläne. Wir hatten viele Jahre Zeit zu planen.«
    Ich sprach aus, was er dachte: »Bis ich zu weit ging und wider alle Regeln handelte.«
    »Nun, ja.« Ich sah den Hauch eines widerwilligen Lächelns in seinem Gesicht. »Das Feuer im Herzen war wohl zu stark, nehme ich an.«
    Ich fuhr mit den Fingern über die juckende, verkrustete Wunde auf meiner Wange. »Was immer es mir gebracht hat. Was wird nun aus euren Plänen?«
    Sie starrten mich beide an. Schließlich kehrte die Enttäuschung wieder in seine Miene zurück. »Wenn du den Patrouillen aus dem Weg gehen kannst, die jetzt in der Stadt unterwegs sind, und den Jägern entkommst, die auf das beträchtliche Kopfgeld aus sind, dann kannst du Copper Downs verlassen und irgendwo ein neues Leben beginnen.«
    Die Tanzmistress strich mit einem klauenbewehrten Finger über ihr bepelztes Kinn. »Aber du hast dich selbst zu unübersehbar gezeichnet, um noch irgendwo sicher zu sein, fürchte ich. Jeder erkennt dich sofort, überall.«
    Ich dachte an Ausdauers braune Augen und an

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