Der verborgene Stern
Wirklichkeit – nicht einmal, ob es sich um ihren eigenen Traum oder die Realität einer anderen handelte. Aber alles kam ihr vertraut vor, so merkwürdig vertraut …
Der dunkle Raum, der helle Lichtstrahl der Tischlampe. Der Elefant. Wie seltsam – der Elefant schien sie anzugrinsen, den Rüssel erhoben zum Zeichen, dass er Glück brachte, die glänzend blauen Augen funkelnd vor heimlicher Belustigung.
Weibliches Gelächter – bekannt und so tröstlich. Freundliches, vertrautes Gelächter.
Diesmal wird es Paris sein, Bailey. Wir werden nicht schon wieder zwei Wochen lang zusehen, wie du im Dreck herumwühlst. Was du brauchst, ist Romantik, Leidenschaft, Sex. Es wird Paris sein.
Ein Dreieck, golden und glänzend. Und ein Raum voller Licht, grelles, blendendes Licht. Ein Mann, der kein Mann ist, mit einem so freundlichen Gesicht, so weise und großzügig, dass die Seele erschauern will. Und das goldene Dreieck, das er in den geöffneten Händen hält, die Kraft der blauen Steine, die sich in die Winkel des Dreiecks schmiegen. Die Steine schimmern und pulsieren, schießen Blitze in den Lichtstrahl.
Die Schönheit brennt in den Augen.
Sie hält sie in ihren Händen, die Hände zittern. Wut, eine unbändige Wut kreist in ihr. Und Angst. Die Steine schießen aus ihren Händen, erst einer, dann zwei fliegen davon wie juwelenbesetzte Vögel. Den dritten Stein presst sie an ihr Herz.
Silberblitze, jede Menge Silberblitze. Der Raum erfüllt von gleißendem Licht. Blut. Überall Blut. Es strömt über den Boden wie ein abscheulicher Fluss.
Mein Gott, es ist nass, so rot und nass und teuflisch dunkel.
Rennen. Stolpern. Herzrasen. Es ist wieder dunkel. Das Licht ist gelöscht, die Sterne sind verschwunden. Da ist ein Korridor, ihre Absätze hallen wie die Donnerschläge, die den Blitzen folgen. Es verfolgt sie, jagt sie in der Dunkelheit, während die Wände auf sie zukommen, näher und näher.
Sie kann den Elefanten trompeten hören. Sie krabbelt in die Höhle und versteckt sich wie ein Tier, bebend und winselnd wie ein Tier, als der Blitz sie trifft …
„Kommen Sie, Bailey. Kommen Sie. Es ist nur ein böser Traum.“
Verzweifelt versuchte sie, aus der Dunkelheit aufzutauchen, um zu der beruhigenden Stimme zu gelangen. Stöhnend vergrub sie ihr schweißnasses Gesicht an der breiten, starken Schulter.
„Blut. So viel Blut. Der Blitz. Es kommt näher … Es ist schon so nah!“
„Nein, jetzt ist es weg.“ Cade hauchte einen kaum spürbaren Kuss auf ihr Haar, zog sie auf seinen Schoß und schaukelte sie wie ein Kind. Als er ins Zimmer gekommen war, um ihr einen Bademantel bereitzulegen, hatte er bemerkt, wie sie im Schlaf weinte. Jetzt klammerte sie sich zitternd an ihn. „Sie sind in Sicherheit, Bailey. Versprochen.“
„Die Sterne. Drei Sterne.“ Noch immer gefangen zwischen Wachen und Schlafen, wand sie sich unruhig in seinen Armen. „Ich muss nach Paris.“
„Sie sind schon da. Ich bin hier.“ Er legte ihren Kopf zurück, berührte sanft ihre Wange. „Genau hier.“ Er wartete, bis ihr Blick klar wurde. „Beruhigen Sie sich. Ich bin doch da.“
„Gehen Sie nicht weg.“ Mit einem Schaudern ließ sie den Kopf wieder an seine Schulter sinken, genau so, wie er es sich vorgestellt hatte. Das Ziehen in seiner Brust kam schlagartig und heftig.
Er vermutete, dass es Liebe auf den ersten Blick war.
„Ich gehe nicht weg. Ich kümmere mich um Sie.“
Das reichte, um sie etwas zu beruhigen. Sie hörte auf zu zittern, entspannte sich und schloss die Augen. „Ich habe geträumt. Aber es war so verwirrend, so beängstigend. Und ich verstehe es nicht.“
„Erzählen Sie mir von dem Traum.“
Er lauschte aufmerksam, während sie versuchte, sich so gut wie möglich zu erinnern und die Details in die richtige Reihenfolge zu bringen. „Da waren so viele Gefühle, die mich überschwemmt haben. Angst. Und Wut. Die Vorstellung, hintergangen worden zu sein. Und dann das Grauen. Pures, sinnloses Grauen.“
„Das könnte Ihren Gedächtnisverlust erklären. Sie sind noch nicht so weit, sich mit dem auseinanderzusetzen, was Sie erlebt haben. Sie blenden es aus. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Art Hysterie.“
„Hysterie?“ Sie hob den Kopf. „Ich soll hysterisch sein?“
„Nun ja, gewissermaßen.“ Gedankenverloren zeichnete er mit einem Finger die Konturen ihres Gesichts nach. „Steht Ihnen aber nicht schlecht.“
Mit einer sehr bestimmten Bewegung schob sie seine Hand fort. „Ich mag den
Weitere Kostenlose Bücher