Der verborgene Stern
dass ich diese Verabredung nie getroffen habe. Meine Mutter hat es getan. Tja, und wenn ich schon die Suppe auslöffeln muss, dann kann ich dich auch als Ausrede hernehmen. Dafür bin ich dir überaus dankbar. So dankbar, dass ich dir einen vollen Tag von der Rechnung abziehe. Hier.“ Er griff in eine der Einkaufstüten und holte einen Schuhkarton heraus. „Cinderellas gläserne Schuhe. Wenn sie passen, dann darfst du auf den Ball.“
Sie gab es auf, setzte sich auf die unterste Treppenstufe und öffnete den Karton. Überrascht hob sie die Augenbrauen. „Rote Turnschuhe?“
„Mir gefallen sie. Sie sind sexy.“
„Sexy Turnschuhe.“ Während sie die Schnürsenkel öffnete, fragte sie sich, warum sie sich in solch einer Situation über ein dummes Paar Schuhe freuen konnte. Sie waren wie für sie gemacht, und aus irgendeinem Grund hätte sie am liebsten gleichzeitig gelacht und geweint. „Perfekt.“
„Ich sagte doch, ich habe ein gutes Auge.“ Er lächelte, als sie die Schnürsenkel akkurat zu hübschen kleinen Schleifen band. „Und ich hatte recht. Sehr sexy.“ Er hielt ihr die rechte Hand hin, um ihr auf die Beine zu helfen. „Du machst jetzt ganz schön was her.“
„Sicher, nachdem das Einzige, was mir wirklich passt, meine Schuhe sind.“ Spontan wollte sie sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihn auf die Wange zu küssen, überlegte es sich dann aber anders.
„Angsthase“, bemerkte er.
„Vielleicht.“ Stattdessen nahm sie seine Hand. „Ich würde wirklich gern einen Spaziergang machen.“ Gemeinsam traten sie aus der Tür. „Ist Pamela hübsch?“
Er dachte kurz nach und entschied dann, dass die Wahrheit vielleicht sogar zu seinem Vorteil war. „Umwerfend.“ Er schloss die Tür hinter sich und schlang einen Arm um Baileys Hüfte. „Und sie will mich.“
Ihr unterkühltes Brummen zauberte ein Lächeln auf seine Lippen.
4. KAPITEL
P uzzles faszinierten ihn. Die richtigen Teile zu finden, sie hin und her zu schieben, neue Winkel auszuprobieren, bis sie schließlich passten – diese Herausforderung hatte es ihm schon immer angetan und war einer der Gründe gewesen, weswegen Cade die Familientradition an den Nagel gehängt und seinen Beruf ergriffen hatte.
Er hätte so ziemlich jeden Beruf gewählt, der im Widerspruch zur Familientradition stand. Aber seine eigene Privatdetektei zu eröffnen, bedeutete gleichzeitig, dass er sein eigener Chef war, jederzeit Puzzles lösen konnte und gelegentlich sogar verhinderte, dass Unrecht geschah.
Er hatte eine sehr genaue Vorstellung von Recht und Unrecht. Es gab die Guten und die Bösen, es gab Gesetz und Verbrechen. Und doch war er nicht so schlicht gestrickt, dass er nicht auch die Graustufen erkannte und zu würdigen wusste. Doch es gab gewisse Grenzen, die er niemals überschritten hätte. Zudem besaß er einen scharfen Verstand, der höchstens hin und wieder kleine Abstecher in bunte Fantasiewelten machte.
Am Morgen hatte er ziemlich viel Zeit in der Bibliothek verbracht und auf der Suche nach einem Artikel über gestohlene Diamanten jede Menge Mikrofichefilme durchgesehen. Bisher konnte er es noch nicht über sich bringen, Bailey zu sagen, dass sie keine Ahnung hatten, wo sie herkam. Schließlich musste sie nicht notwendigerweise aus Washington, D.C. sein. Sie hätte von überallher kommen können.
Die Tatsache, dass sie, der Diamant und das Bargeld hier waren, hieß noch lange nicht, dass ihre Geschichte hier begonnen hatte. Und keiner von ihnen wusste, wie lange ihr Gedächtnisverlust schon anhielt.
Außerdem hatte er sich weitere Informationen über das Thema Amnesie besorgt, aber bislang war nichts Hilfreiches dabei gewesen. Soweit er wusste, konnte alles Mögliche Baileys Gedächtnis wieder auf die Sprünge helfen, doch es war ebenso denkbar, dass es für immer verloren blieb.
Zweifellos hatte sie etwas sehr Traumatisches erlebt. Und auch wenn man dies durchaus als einen Abstecher in Fantasiewelten bezeichnen konnte, war er sich fast hundertprozentig sicher, dass sie sich nichts zuschulden hatte kommen lassen.
Wie sollte eine Frau mit solchen Augen jemals in der Lage sein, ein Verbrechen zu begehen?
Egal was weiter passierte, eines stand für ihn todsicher fest: Er würde sie beschützen. Wer oder was Bailey auch immer sein mochte, sie war die Frau, auf die er sein Leben lang gewartet hatte.
Zum Teufel, er wollte sie nicht nur beschützen, er wollte sie bei sich behalten!
Seine erste Frau hatte er aus allen möglichen und
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