Der verborgene Stern
das einzugestehen.“
Sie trank einen Schluck. „Du meinst, ich bin ein Feigling?“
„Nein, Bailey, du bist kein Feigling. Aber du hast ständig Angst, dass du einer sein könntest. Du bist Weltmeisterin im Sorgenmachen. Und ich glaube, du bist eine Frau, die wenig Toleranz für ihre eigenen Schwächen hat. Du gehst viel zu kritisch mit dir selbst um.“
Das schrieb er auf, während sie ihm ungläubig zusah. „Ich schätze, jemand in meiner Situation muss kritisch mit sich selbst umgehen.“
„Nein. Er muss nur praktisch und logisch vorgehen.“ Er sah von der Liste auf. „Jetzt überlass es mal mir, dich zu beurteilen. Du bist mitfühlend, gut organisiert, verantwortungsbewusst. Ein Mensch der Gewohnheit. Ich vermute, du hast einen Beruf, bei dem man diese Eigenschaften braucht. Und eine Menge Intelligenz. Deine Arbeit verlangt Disziplin und Präzision. Und du hast ein feines ästhetisches Empfinden.“
„Wie kannst du dir da so sicher sein?“
„Bailey, zu vergessen, wer man ist, verändert einen doch nicht im Wesen. Das ist der große Fehler, den du bei deinen Überlegungen machst. Wenn du Rosenkohl vorher nicht mochtest, dann wirst du ihn auch jetzt nicht mögen. Wenn du eine Katzenhaarallergie hattest, dann hast du sie immer noch. Und wenn du ein starkes, ehrliches, mitfühlendes Herz hattest, dann wird sich auch daran nichts ändern. Und jetzt lass mich weitermachen.“
Sie versuchte, einen Blick auf seine Notizen zu erhaschen. „Was schreibst du da?“
„Du verträgst keinen Alkohol. Und ich denke, wir könnten nachher ein Glas Wein zusammen trinken, damit ich diese Tatsache ausnutzen kann.“ Er sah auf und grinste. „Und du errötest. Das ist eine niedliche, altmodische Reaktion. Du bist ordentlich. Du hängst deine Handtücher nach dem Duschen auf, du wäschst dein Geschirr ab, du machst jeden Morgen dein Bett.“
Es gab noch andere Details, die er sich eingeprägt hatte. Sie wackelte mit dem großen Zeh, wenn sie nervös war. Ihre Augen wurden golden, wenn sie erregt war, und ihre Stimme kühl, wenn man sie verunsicherte.
„Du hast eine gute Ausbildung genossen, deinem Akzent nach zu urteilen, im Norden“, fuhr er fort. „Ich denke, du hast dich als braves Mädchen ganz auf dein Studium konzentriert und bist nicht oft mit Jungs ausgegangen. Sonst wärst du nicht bis vor ein paar Stunden noch Jungfrau gewesen. Da, du wirst schon wieder rot! Ich finde das wunderschön.“
„Ich weiß wirklich nicht, was das soll.“
„Und dieser unterkühlte, abweisende Tonfall. Bitte sei nachsichtig mit mir, Bailey.“ Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier. „Du bist schlank und hast weiche Haut. Entweder kümmerst du dich sehr um deinen Körper, oder du hast einfach nur Glück gehabt. Da fällt mir ein, ich mag dein Einhorn.“
Sie räusperte sich. „Vielen Dank.“
„Nein, ich danke dir.“ Er lächelte. „Jedenfalls hast du oder verdienst du genügend Geld, um dir gute Kleidung zu leisten. Diese klassischen italienischen Pumps, die du getragen hast, kosten mindestens dreihundert Dollar. Und du hast Seidenunterwäsche getragen. Ich würde sagen, die Seidenunterwäsche und das Einhorn gehen in dieselbe Richtung. Du magst es ein wenig verrucht unter der konventionellen Fassade.“
Sie klappte den Mund wieder zu. „Du hast meine Kleider durchwühlt? Meine Unterwäsche?“
„Es geschah einzig und allein zu Recherchezwecken. Tolle Unterwäsche“, wiederholte er. „Sehr sexy, schlicht und edel. Ich bin sicher, pfirsichfarbene Seide sieht fantastisch an dir aus.“
Sie zog es vor, zu schweigen. Sie wusste wirklich nicht, was sie sagen sollte.
„Ich weiß nicht, wie viel eine Goldschmiedin oder Schmuckdesignerin im Jahr verdient – aber ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass du einen dieser beiden Berufe ausübst. Ich schätze, du bist Gemmologin, und das Herstellen von Schmuck ist dein Hobby.“
„Das ist eine ziemlich gewagte These, Cade.“
„Nein, ist es nicht. Denkst du denn nicht, dass ein Diamant von dieser Größe von einer Gemmologin begutachtet werden müsste? Die Echtheit müsste geprüft werden, der Wert geschätzt. Genau so, wie du es gestern getan hast.“
Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie sie vorsorglich im Schoß faltete. „Wenn das stimmt, dann erhöht das nur die Wahrscheinlichkeit, dass ich den Diamanten gestohlen habe.“
„Nein, eben nicht!“ Ungeduldig klopfte er mit dem Stift auf den Block. „Sieh dir die anderen Fakten an. Du
Weitere Kostenlose Bücher