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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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mit dem Drang, aufzuspringen und zum Fenster zu laufen, wenn eine Wolke urplötzlich die Sonne verdunkelte? Mit einem lustigen Zwischenruf oder unruhigem Fußgetrappel unter der Bank, als könnte sie es nicht abwarten, den Mantel überzuwerfen und in den Garten zu stürmen? Lauter Dinge, die Charlotte von anderen Kindern dieses Alters kannte.
    Emilys Vater darauf anzusprechen verbot sich; er würde nicht verstehen, dass sie sich über eine allzu brave Schülerin beklagte. Vielleicht war es die Trauer um die Mutter. Manche Kinder trauerten leise und ohne Tränen und ließen nur durch ihre stille Art erkennen, dass etwas sie quälte.
    »Lies noch einmal durch, was du geschrieben hast, und gib mir dann das Heft.«
    Emily tat wie geheißen, stand dann auf und trat vor ihren Tisch. Während sie Charlotte das Heft hinhielt, sagte sie zögernd: »Fräulein Pauly, ich habe eine Idee.«
    »Und die wäre?«
    »Wir könnten Wilkins fragen, ob er uns bald mal ein bisschen herumfährt. Dann würde ich Ihnen die Umgebung zeigen.«
    Charlotte begrüßte den Vorschlag. Sie hatten in diesen ersten Tagen viel Zeit im Haus verbracht und fleißig gearbeitet, etwas frischer Wind täte also sicher gut. Dennoch war Charlotte nicht ganz wohl dabei, denn Wilkins’ sonderbares Verhalten hatte sich nicht geändert. Sie argwöhnte, dass Sir Andrew ihn zurechtgewiesen hatte, nachdem er sie vom Bahnhof abgeholt hatte. Aber warum?
    »Ich werde es mir überlegen, Emily.«
    Nach dem Unterricht begab sich Charlotte in die große Küche mit dem schwarz-weißen Fliesenboden und den glänzenden Kochutensilien an den Wänden und erkundigte sich nach Mrs. Evans. Diese trat mit einer Lesebrille in der Hand aus einem angrenzenden Raum und schaute überrascht, als sie die Gouvernante im Dienstbotentrakt bemerkte.
    »Mrs. Evans, ich würde mich freuen, wenn Wilkins in den nächsten Tagen eine kleine Ausfahrt mit Miss Emily und mir unternehmen könnte, damit sie mir die Gegend zeigen kann.«
    Sie bemerkte, wie die Köchin, die Hände bis zu den Ellbogen im Brotteig, der Haushälterin einen flüchtigen Blick zuwarf, den Charlotte nicht zu deuten vermochte.
    »Fragen Sie ihn«, erwiderte Mrs. Evans und schaute aus dem Fenster. »Ich sehe ihn gerade auf dem Hof.« Sie öffnete die Hintertür und rief den Kutscher herbei.
    Wilkins kam mit schweren Schritten angestiefelt und blieb in der offenen Tür stehen, ohne Charlotte anzusehen.
    »Miss Pauly hat eine Frage, Wilkins.«
    »Ja, bitte?« Noch immer war sein Blick auf seine Füße gerichtet, als zögen sie seine Augen magnetisch an.
    Sie trug ihr Ansinnen vor, worauf er langsam die Mütze in den Händen drehte.
    Charlotte meinte, auf Mrs. Evans’ Lippen ein winziges Lächeln zu entdecken.
    »Nun, was ist?«, fragte sie in forderndem Ton.
    »Natürlich, Miss. Wäre es Ihnen morgen recht? Gegen zwei?«
    »Einverstanden, Wilkins. Morgen also.«
    Er nickte und machte ohne ein weiteres Wort auf dem Absatz kehrt.
    »Was war das denn?«, rutschte es der Köchin heraus, die sich mit dem Arm eine Haarsträhne aus dem glänzenden Gesicht schob.
    Mrs. Evans bedachte sie mit einem strengen Blick. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.« Dann wandte sie sich an Charlotte: »Sie sollten Sir Andrew über Ihr Vorhaben in Kenntnis setzen. Er weiß immer gern, wo sich Emily tagsüber aufhält.«
    »Gewiss. Ich hatte nicht die Absicht, ohne seine Erlaubnis zu handeln«, erwiderte Charlotte knapp und verließ die Küche.
    Die Spannung im Raum war greifbar gewesen, doch konnte sie sich beim besten Willen nicht erklären, was hinter dem sonderbaren Verhalten des Kutschers steckte. Mehr noch, weshalb Mrs. Evans sein unhöfliches Verhalten zu ignorieren schien. Nun, sie würde sich davon nicht abschrecken lassen.
    Der Abend verlief harmonisch. Sir Andrew gab ohne Weiteres seine Zustimmung zu der Kutschfahrt und kam dann auf die Gesellschaft am kommenden Samstag zu sprechen.
    »Ich habe einige Bekannte eingeladen, Persönlichkeiten aus meinem Wahlkreis, etwa zwanzig Gäste. Sie werden mit uns zu Abend essen, während Emily mit Nora oben bleibt. Dann wird meine Tochter kurz die Gäste begrüßen, bevor Sie uns auf dem Klavier vorspielen. Die Auswahl der Stücke überlasse ich Ihnen.«
    Charlotte nickte. »Gewiss, Sir Andrew.«
    Er räusperte sich, als wollte er noch etwas sagen, schwieg aber. Schließlich schaute er sie über sein Weinglas hinweg an. »Was können Sie mir über Emily sagen?«
    »Ich bin sehr zufrieden mit ihr«, erwiderte

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