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Der verbotene Fluss

Der verbotene Fluss

Titel: Der verbotene Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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zu kalt und nass für sie ist.«
    »Das klingt interessant. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob es ihm recht wäre, wenn wir einfach hineingehen, während er außer Haus ist.«
    »Solange wir nichts anfassen oder kaputt machen, hat Papa sicher nichts dagegen. Bitte, Fräulein Pauly.«
    »Na schön.«
    Am nächsten Morgen beim Frühstück kam Emily sofort wieder auf den Garten zu sprechen.
    »Natürlich machen wir es, aber erst, wenn du deine Aufgaben erledigt hast.«
    Emily nickte. »Heute Morgen bin ich besonders fleißig, Miss Pauly. Versprochen. Und wenn Papa heute Abend kommt, kann ich ihm erzählen, dass ich Sie herumgeführt habe.«
    Charlotte freute sich über Emilys Lebhaftigkeit und wollte ihr den Spaß nicht verderben.
    »Na schön, aber du musst bis zwölf Uhr eine Menge geschafft haben.«
    Emily nickte begeistert. »Ich gehe schon mal ins Schulzimmer, Miss Pauly.«
    Charlotte sah ihr lächelnd nach. Es verblüffte sie immer wieder aufs Neue, die unterschiedlichen Seiten des Mädchens zu erleben. Wie war es möglich, dass sie die Ängste der Nacht abstreifte und am Tag konzentriert arbeiten konnte? Vielleicht besaß sie einen besonders starken Charakter, der durch die Jahre der Krankheit vorzeitig gereift war. Doch Charlotte wusste, dass sie auf der Hut sein musste. Das Erlebnis in der Teestube war ihr in allzu guter Erinnerung, so etwas konnte jederzeit wieder geschehen.
    Emily war tatsächlich besonders fleißig, sodass sie nach dem Mittagessen gestärkt und angetan mit warmen Mützen und Schals in den Garten gehen konnten.
    »Das hier ist die Remise«, erklärte Emily. »Für den Wagen. Wilkins repariert da drinnen auch Sachen, die kaputt gegangen sind.«
    Charlotte trat durch die offene Tür und hielt Ausschau nach Wilkins. Der Kutscher kramte in der hintersten Ecke in einer Werkzeugkiste und drehte sich abrupt um, als er die Schritte hörte.
    Er richtete sich auf, wischte sich die Hände an der Hose ab und legte grüßend die Hand an die Mütze.
    »Guten Tag, Miss. Machen Sie einen Spaziergang?«
    »Ich zeige Fräulein Pauly den Garten«, erklärte Emily und schaute ihre Lehrerin ungeduldig an.
    »Wilkins, ich möchte Sie bitten, uns morgen um halb vier nach Mickleham zu Reverend Morton zu fahren.«
    »Natürlich, Miss.«
    Emily zupfte an ihrem Ärmel. »Können wir jetzt gehen?«
    Charlotte nickte Wilkins noch einmal zu und verließ mit Emily die Remise. Sie gingen an der Seite des Hauses entlang, bis das Mädchen auf ein mit alten Backsteinen eingefasstes Beet zeigte.
    »Das ist der Küchengarten, hier wachsen Kräuter und Gemüse«, erklärte sie. »Jetzt ist natürlich nicht viel zu sehen, aber die Köchin hat viele Kräuter getrocknet. Die kommen dann im Winter ins Essen.«
    Das Grundstück war noch weitläufiger, als Charlotte gedacht hatte. In der Mitte des Rasens war ein Rondell mit Rosensträuchern angelegt worden, die ihre kahlen, dornigen Äste in die Luft reckten.
    »Im Frühjahr schneidet Wilkins sie zurück«, erzählte Emily. »Nicht im Herbst, weil die alten Triebe ein Schutz vor der Kälte sind.«
    »Wilkins ist auch euer Gärtner? Das wusste ich gar nicht.«
    »Ja, er macht die grobe Arbeit, sagt Papa. Um die Blumen küm mert sich Mrs. Evans. Sehen Sie, dort steht das Gewächshaus.«
    Es war wie ein kleiner Pavillon gebaut, achteckig mit einem Türmchen auf dem Dach. Die Metallstreben waren weiß gestrichen und peinlich sauber gehalten, ebenso die Glasscheiben, sodass man ins Innere schauen konnte. Schon von außen erkannte Charlotte, wie liebevoll dieses Gewächshaus gepflegt wurde.
    »Das ist wirklich schön«, sagte sie und ging einmal um das Gebäude herum.
    »Papa ist sehr stolz auf seine Pflanzen. An manchen wachsen exotische Früchte, die man sogar essen kann. Aber nur im Sommer.«
    Wieder spürte Charlotte das tiefe Interesse des Mädchens, die Sehnsucht, etwas mit dem Vater zu teilen, und sie fragte sich, weshalb er so selten darauf einging.
    Beim Eintreten staunte sie, wie warm die Luft noch war, so als zöge das Glas die letzten wärmenden Sonnenstrahlen an sich und bewahrte sie für den Winter auf. Es gab Kübel mit Palmen, eine Holzbank mit Kakteen und andere Pflanzen, die sie noch nie gesehen hatte.
    Emily blieb vor einer unscheinbaren Kletterpflanze stehen, deren Blüten traurig und vertrocknet herabhingen. »Das ist eine Passionsblume, sie hat wunderschöne Blüten. Weiß und violett. Die Staubgefäße sehen aus wie die …«, sie überlegte kurz, bis ihr das

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