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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ami McKay
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Grund, es sich zu schnappen und mit seiner Seele umzugehen, als bedürfe sie der Rettung. Sobald diese widerlichen R s aus ihrem Mund kämen – Refugium, Reform, Religion –, wäre ich zur Tür hinaus. Die Frauen aus dem Heim konnten mir mit ihren Gebeten und ihrem Schweinefleisch samt Bohnen gestohlen bleiben.
    Für drei Penny bekam ich einen Schlafplatz auf dem Boden. Blech vor der Tür, dem Suchenden Quartier . Eine Tasse oder eine Büchse oder ein alter Kessel an einem Faden – diese Zeichen sagten dem Umherziehenden, dass er ein Haus mit einem freien Platz gefunden hatte, einen Ort, an dem er sein Haupt eine Nacht lang betten konnte. Auch Mama hatte Papas zerbeulten Becher an den Türgriff gehängt, wenn wir Pennys für die Miete brauchten.
    Einmal hatte gleich ein ganzes Dutzend Frauen bei uns Unterschlupf gesucht, einige sogar mit Kindern im Schlepptau. Als ich am Morgen wach wurde, hatten sie noch auf dem Boden geschlafen oder mit geschlossenen Augen an den Wänden des vorderen Zimmers gelehnt. Selbst im Schlaf stand ihnen der Kummer ins Gesicht geschrieben. Vielleicht hatten sie kein Heim, der Mann war wütend, oder jemand hatte, die Hand am Griff einer eisernen Pfanne, etwas gesagt, was er nicht hätte sagen sollen. Mama war nie zu neugierig. Sie hatte nur interessiert, dass diese Frauen drei Penny und keine Bleibe hatten.
    Mit dem Geld von Mrs. Birnbaum kaufte ich mir Essen, etwas Zeit weg von der Straße, ein Kopftuch für mein geschorenes Haupt, ein Messer und ein Paar Stiefel. Das Tuch war aus türkischroter Baumwolle, und das Messer, obwohl rostig und stumpf, gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Die Stiefel waren selbstverständlich gebraucht, sie stammten von einem Schuster auf dem Tompkins-Markt. Ich hatte sie an einer der langen Stangen entdeckt, die sich über die Rückseite seines Stands zogen. Der Schuhverkäufer musste vierzehn Paar von der Frauenstange gleiten lassen, bevor er zu meinen Wunschstiefeln kam. Sie waren schwarz, mit rotem Leder an den Zehen, und wenn ich sie auch nicht besonders schön fand, so passten sie mir doch viel besser als das Paar, das mir Caroline gegeben hatte. Ich tauschte sie gern bei dem Schuster ein, in dem sicheren Wissen, dass das neue Paar solide genug war, mich durch den Winter zu begleiten.
    Der Oktober kam, und mit ihm kamen leere Taschen und die Notwendigkeit, mir jeden Schritt zu überlegen. Der Oktober war Mamas Lieblingsmonat. »Ein Monat mit einem R am Ende, in dem man ohne Angst, sich den Magen zu verrenken, Austern essen kann.« Ich liebte den Herbst aus ganz anderen Gründen – weil jeden Abend der Sonnenuntergang und das Kerzenlicht ein wenig früher kamen und die Menschen all das Schreckliche vergaßen, was sie der Sommer hatte tun lassen –, dieses Jahr aber machten mir die Unwägbarkeiten des Oktobers, seine endlosen Regentage und die ersten Feuer in verstopften Kaminen, die so viele Häuser in Brand versetzten, ungeheure Angst.
    Die Maisverkäuferinnen sangen an den Straßenecken, ihre Körbe auf den Hüften.
    Heißer Mais! Heißer Mais!
Hier gibt’s blütenweißen Mais!
Die Ihr Geld in Euren Taschen wisst,
Ach, ich Arme, ich hab keins,
Kauft von mir den heißen Mais,
auf dass mein Tag vorüber ist.
    Es waren hübsche Mädchen in meinem Alter, und ich hoffte, eine von ihnen zu werden. Ich beneidete sie um ihre regelmäßigen Einnahmen und ihre Unbeirrbarkeit, wenn Lüstlinge und Grobiane sie bedrängten.
    Â»Mit mir ist dein Tag noch lange nicht vorbei!«
    Â»Ich hab auch was Heißes für dich, Mädel!«
    Â»Willst du mir nicht mal meinen Kolben buttern?«
    Die Männer zahlten gern drei Cent für den Mais, doch sie lockte nicht das Korn, das ausgedörrt geerntet und in heißem Wasser quellend zu neuem Leben kam. Sie wollten Wangen, die erröteten, brennend vor Verlegenheit.
    Ich ging zu Mr. Pauley, dem Mann, der die Maisverkäuferinnen anwarb, doch an mir hatte er überhaupt kein Interesse. Zwar hatte ich das abgesäbelte Haar unter meinem Kopftuch versteckt, doch die Blutergüsse in meinem Gesicht waren noch immer nicht verblasst. Er warf nur einen Blick auf mich und jagte mich dann fort. »Ich brauche Mädchen mit frischen Gesichtern, kein jämmerliches Lumpenkind.«
    Mr. Finnegan, der Herr über die Blumenmädchen, sagte dasselbe.
    In meiner ersten Nacht auf der Straße schlief ich auf

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