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Der verbotene Kuss

Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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–«
    Die Königin trat zu ihr, und erneut zuckte Mab zusammen und kniff die Augen zu. Aber die Berührung, die sie auf ihrem Haar spürte, war sehr sanft. Fingerspitzen strichen über die Rundung ihres Schädels, und als die Königin weitersprach, klang ihre Stimme wie ein Schnurren: »Kind, Kind, steh auf. Ist doch alles gut. Darauf habe ich schon lange gewartet. Sieh mich an.«
    Sieh mich an. Das war ein Befehl, der Mab einen Schauer über den Rücken jagte; wann immer sie ihn hörte, wusste sie, was folgen würde – der Animus der Königin würde in sie hineinfluten wie schwarzes Wasser. Zitternd blickte sie in die bleichen Augen. Sie wartete auf die Kälte, doch die blieb aus. Die Königin drang nicht in sie ein, sondern starrte sie an, ihre Augen glitzerten sonderbar, und ihre Lippen verzogen sich zu einer Art erstauntem Lächeln. Wieder strich sie über Mabs Haar, und es fühlte sich schön an, wie früher, als Mab noch ein kleines Wesen auf ihrem Schoß gewesen war, lieb und liebkost.
    »Es ist das Vohunish, das lebenschöpfende Blut«, sagte sie. »Hab keine Angst. Lächel für mich. Na, siehst du.«
    Mabs Lächeln stellte nur eine Grimasse dar, aber die Königin machte sich wenig aus dem Unterschied zwischen echten Gefühlen und vorgetäuschten. Sie klatschte nach ihren Dienerinnen, und als diese sich versammelt hatten, verkündete sie: »Unsere Izha ist erwachsen geworden!«
    Erwachsen. Wie wenig dieses Wort damals für Mab bedeutete! Umgeben von den unveränderlichen Druj, was sollte es schon heißen? Kätzchen, die wuchsen und lang und schlank wurden? Hirsche, denen Geweihe aus dem Kopf sprossen, mit denen sie in der Brunft gegeneinander kämpften? Später würde sie zurückschauen und sich fragen, wie sie hatte übersehen können, was auf sie zukam. Das heraufziehende Verhängnis hätte doch alles andere ausblenden müssen, so wie Gewitterwolken die Sonne unsichtbar machten. Aber damals sah sie nichts von alledem und hegte nur die stille, armselige Hoffnung, die Königin würde sie vielleicht wieder lieben. Lieben! Als wäre ein Druj zu Liebe fähig! Sie kannte das Wort selbst noch nicht und auch das Gefühl kaum. Aber sie würde beides noch kennenlernen.
    Bei der Verkündung der Königin schienen die Dienerinnen die gleiche kühle Aufregung zu empfinden, die auch damals während des Vishaptatha über sie gekommen war, und Furcht machte sich in Mab breit. Irgendetwas würde jetzt passieren. Sie wusste es. Aber was immer es war, es geschah nicht und geschah wieder nicht, und ihre Furcht dehnte sich durch die Wochen des Herbstes. Ihre Blutung kam und ging noch zweimal, und sie wartete und wartete auf das neue Unglück, das weiterhin ausblieb.
    Eigentlich waren es sehr schöne Monate. Die Königin hatte sie anscheinend wieder lieb gewonnen, oder was immer es war, das die Druj empfanden, und ließ sie in ihrer Nähe sein, und die Dienerinnen umschwärmten sie wie Vögel und streichelten sie mit Händen so sanft wie Eulenfedern. Der Zehnte war gerade eingesammelt worden, und deshalb gab es frisches Essen in Hülle und Fülle, Käse und getrocknete Kirschen und Fleischstreifen, und zwar mehr als gewöhnlich und alles für sie. In diesem Herbst brauchte sie nicht zu hungern, und bald hatte sie ein wenig Fleisch auf den Rippen, die sich nun nicht mehr so deutlich unter der Haut abzeichneten. Auch ihre Knie waren nicht mehr so spitz wie die eines Rehs. Ihre Brüste wuchsen und ihre Hüften rundeten sich. Jeden Tag rieben die Dienerinnen ihre Haut mit Duftölen ein, bis sie rosa war und angenehm roch, und sie sangen ein Lied über reifende Früchte, das sie noch nie gehört hatte.
    »Trauben an der Rebe, Lippen süß wie Kirschen, Nektar, dunkel wie Wein, reife, süße Frucht, reife. Pflaumen will ich sammeln, sind so prall am Baume, reife, Obst, reife. Reife, Beere, reife.«
    Die Königin sang ebenfalls, und ihre Stimme klang süßer als die der anderen, und dennoch vermochten alle Liebkosungen und Lieder Mabs Furcht nicht zu vertreiben. Vielleicht lag es an der Art und Weise, wie Isvant der Jäger sie neuerdings anschaute, mit einem Blick in den Augen, bei dem sie sich am liebsten bedeckt hätte. Ihre Nacktheit hatte ihr früher nichts ausgemacht; vor den Druj war es nicht anders als vor einem Vogel oder einem Fisch. Ihre Haut verkörperte ihre Person und wurde nur vor der Kälte verborgen. Aber eines Tages kam Isvant als Krähe zu ihr, hockte sich in ihr Felsfenster und schaute den Dienerinnen zu, wie sie

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