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Der verbotene Kuss

Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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letzte Mal in Gesellschaft seiner eigenen Artgenossen befunden hatte, war viel Zeit vergangen. Er fragte sich, ob sie die Veränderung in ihm irgendwie sehen oder vielleicht riechen könnten. Er saß auf einem Felsen am Fluss und konnte es plötzlich nicht mehr ertragen, von Isvant gemustert zu werden. Daher stand er auf, zog sich aus und tauchte mit einem Kopfsprung ins Wasser. Es war kalt wie Schneeschmelze und riss ihn mit einem Schock aus der Unbehaglichkeit. Er tauchte auf. Die Strömung trug ihn davon; er schwamm mit kräftigen Zügen dagegen an. Isvant stand auf und beobachtete ihn, um sich zu vergewissern, dass er keinen Fluchtversuch unternahm. Mihai schwamm zum Ufer zurück, schüttelte sich und setzte sich nackt neben seine Kleidung.
    Sein Haar tropfte noch, als sich die Königin zu ihm gesellte. Sie setzte sich neben ihn auf den Fels. »Erzähl mir von dem Nebel«, sagte sie, halb geflüstert und halb geschnurrt.
    Also hatte die Neugier doch die Oberhand gewonnen, dachte Mihai. Er starrte ins Wasser, auf dem schnelle Eisschollen vorbeitrieben. »Ich habe gedacht, der Nebel sei eine Grenze, das Ende, hinter dem sich nichts mehr befindet. Aber was wäre, wenn das nicht stimmt? Wenn der Nebel nur der Rand der Karte ist, bis zu dem der Kartograph alles gezeichnet hat, was er weiß, weil die Schiffe der Entdecker noch nicht ins Unbekannte vorgestoßen sind? Wenn es noch mehr gibt?«
    »Mehr?«
    »Bestimmt hast du es schon einmal gespürt. Wenn du in einen Menschen eindringst, nehmen die Beinahe-Erinnerungen an Schärfe zu. Jedes Mal glaubst du, du würdest dich erinnern.«
    Sie antwortete nicht sofort, und er blickte sie nicht an. Nach einer langen Pause sagte sie sehr leise: »Ja.«
    »Und es wird zum wahnsinnigen Verlangen, und doch kannst du dich nie erinnern.«
    Wieder: »Ja.«
    »Du bist sicher, es muss noch etwas anderes geben. Dein Körper erinnert sich daran.«
    »Ja«, sagte sie jetzt mit rauer Stimme.
    »Die Sache, an die sich dein Körper am besten erin nert …«, setzte Mihai an und wandte ihr den Blick zu. Zum zweiten Mal fiel ihm diese sanfte Bewegung ihrer Arme und Hände auf. Es war unverkennbar die Geste einer Frau, die weiß, wie es sich anfühlt, hochschwanger zu sein. Tief in ihm regte sich eine Erinnerung. Der Nebel teilte sich. Etwas kam ins Licht. Seine Augen begannen zu leuchten, als er sah, was es war, und die Königin sah den Schock, ehe er ihn verbergen konnte. Misstrauisch kniff sie die Augen zusammen, aber nicht nur deswegen. Sie glänzten vor Gier.
    »An was?«, wollte sie wissen. »An was erinnert sich mein Körper am besten?«
    Mihais Gedanken loderten auf und wirbelten umher, und er versuchte mühsam, seine Verwirrung zu verbergen, denn er war sicher, jeden Augenblick sein Anderssein zu enthüllen und ihr damit einen Grund zu liefern, sein Leben zu beenden. »Für mich«, sagte er bemüht ruhig, »ist diese Sache, die die Erinnerungen am nächsten kommen lässt … ein Kuss.«
    »Ein Kuss!«, antwortete sie überrascht.
    Das war nicht gelogen. In der Zeit, als er Menschen getragen hatte, war es stets durch einen Kuss geschehen, dass eine Windböe durch den Nebel gestrichen war und den Dunstschleier zurückgetrieben und ausgedünnt hatte. Dadurch hatte er die Schemen dessen, was dahinter wartete, erkennen können. Er wagte einen Blick zur Königin. Die perfekten Lippen zeigten ein zaghaft fragendes Lächeln, und er versuchte ebenfalls zu lächeln, obwohl sein Herz so schnell schlug wie das eines Menschen und sich die Erinnerungen um ihn herum versammelten wie Geister. Mit vollkommener Klarheit wusste er plötzlich etwas, das er nie auch nur vermutet hatte. Seit sein Animus aus Yazads Seele gezerrt worden war, hatte er einen solch erschütternden Schock nicht mehr erlebt. Damals hatte er entdeckt, dass er kein Mensch war. Diesmal erinnerte er sich daran, einer gewesen zu sein.
    »Mazishta«, flüsterte er. »Früher gab es noch etwas, noch mehr. Ich habe es gesehen.«
    Ihr Lächeln schwand, und ihm entging nicht ihr sehnlicher Wunsch, ihm zu glauben. »Was hast du gesehen?«, flüsterte sie heiser.
    Dich, wollte er antworten. Ich habe dich gesehen. Stattdessen sagte er: »Eine Frau mit einem Verstand, scharf wie eine Obsidianscherbe, und so strahlend wie der Mond. Geheimnisse eröffneten sich ihr und enthüllten ihre stillen Mittelpunkte. Sie wollte alles wissen. Sie wollte ewig leben.«
    »Und?«
    »Und so ist es tatsächlich gekommen«, flüsterte Mihai. Einen Moment lang

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