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Der verbotene Kuss

Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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schnell durch den Schnee. Isvant blieb zurück und beobachtete Mihai fortwährend, und Mihai seinerseits ließ ihn auch nicht aus den Augen. Er wusste, der Körper konnte sich genauso gut an Hass erinnern wie an das Gewicht eines Kindes oder die Berührung eines Kusses, und Isvant hatte ihn stets gehasst, selbst wenn der Jäger den Grund dafür nicht mehr wusste. Mihai erinnerte sich daran – Isvant hatte Mahzarin ebenfalls geliebt –, und deshalb nahm er ihm den Hass nicht übel.
    Allerdings nahm er ihm diese brutale Scharade von Intimität übel, die er mit der Königin vorführte, als sie in Tajbel eintrafen.
    Er musste zwischen den anderen Druj stehen und zuschauen, wie der rothaarige Knabe und die Izha der Königin aufeinander zugestoßen wurden, beide bemalt mit bizarren blauen Spiralen. Ihre Angst hing wie starker Moschusduft in der Luft, und das, so dachte Mihai, war vermutlich ein Teil der Aufregung für die Druj. Aber nur ein Teil. Die Gefühls-Erinnerungen bedeuteten für die Druj eine unausweichliche Pein, wie eine juckende Stelle, an der man niemals kratzen kann. So war es eine schreckliche Ironie, dass sie ausgerechnet die letzten Überreste ihrer Menschlichkeit, die Phantom-Erinnerungen in ihrer Haut, zu dieser grausamen Schändung veranlassten.
    Doch er verstand es. War es nicht die gleiche Pein, die ihn dazu getrieben hatte, sich eines Menschen nach dem anderen zu bemächtigen und sogar letztlich die Tabus zu brechen?
    Zuerst verhinderten die Qualen alle zusammenhängenden Gedanken, und er verwendete seine Kraft darauf, den Schmerz zu verbergen, als die Menschen miteinander wie Tiere gepaart wurden. Es gelang ihm nicht gut, aber glücklicherweise beachtete ihn niemand, da alle anderen von ihrer kranken Begeisterung in Bann gehalten wurden. Nur das Mädchen selbst schien ihm ins Gesicht zu blicken, und zwar in dem Moment, ehe die Königin ihr Kinn hob und in sie eindrang.
    Und Isvant übernahm den Jungen und packte das Mädchen an den Handgelenken.
    Bei dem, was nun folgte, stand der Körper der Königin, Mahzarins Körper, leer wie eine Statue da und erinnerte Mihai daran, wie vergeblich es war, dass er sich einen Weg aus diesem Fluch erkämpft, sich eine Seele aus Einzelstücken zusammengeflickt und mit mattem Erstaunen herausgefunden hatte, dass er lieben konnte. Denn die Frau, die er liebte, war ein Ungeheuer. Und sie konnte seine Liebe niemals erwidern.
    »Naecish«, sagte sie später zu ihm. »Du bleibst im Naxturu-Turm bei den Jägern, wo du hingehörst.«
    Sie wollte ihm eine Ehre erweisen, dachte er. Er wurde nicht als Gefangener betrachtet, sondern behielt den Status seiner Kaste. Das war unerwartet, und den Naxturu würde es nicht gefallen. Ihm ebenfalls nicht. Mihai wusste, wohin er gehörte, und zwar nicht zu den Naxturu. Eigentlich gar nicht zu den Druj. »Königin«, sagte er leise, »ich habe dir erklärt, dass ich jetzt eine andere Art Jäger bin.«
    »Ach ja«, sagte sie und ließ Geringschätzung durchklingen. »Ein Jäger der Nebel . Nun ja, für die Nebel-Jäger haben wir keine Kaste, oder? Vielleicht wäre der Astronomenturm passender.«
    Das bedeutete einen Abstieg für ihn. Die Kasten standen fest: Naxturu waren Naxturu, und Wölfe waren Wölfe. Würde ein Wolf plötzlich in einem Schlangennest oder Falkenhorst wohnen wollen? Nein, das widersprach jeglicher Natur. Trotzdem sagte Mihai: »Das wäre mir sehr recht, Mazishta. Ich danke dir.«
    Sie ließ sich keinerlei Überraschung anmerken, starrte ihn nur einen Moment zu lange an. »Also gut«, sagte sie. »Vanghav«, rief sie und winkte einen Druj zu sich. »Der Naecish wird dein Gast sein.«
    Vanghav stellte die Entscheidung nicht infrage, dafür jedoch Isvant. »Sraeshta«, knurrte er und kam hinter ihr hervor. »Der Verbannte gehört in einen Käfig.«
    » Tajbel ist ein Käfig«, sagte sie abschätzig, und Mihai stimmte innerlich zu. Wenn es auch nicht so trostlos war wie in Herezayen, hatte die Zitadelle der Königin mit ihren Felszinnen, der schwarzen Schlucht und den Bestien, die dort unten lauerten, doch etwas Abstoßendes an sich. Bislang hatte er nur die Arme der Bestien gesehen, die unter den Brücken hervorschnellten, aber ihr Gestank hing überall in der Luft und erschien ihm fremd. Er wusste nicht, um was für Wesen es sich handelte, aber bestimmt existierten sie an keinem anderen Ort der Welt. Da er über die große Macht der Königin Bescheid wusste, glaubte er, dass sie selbst die Bestien erschaffen hatte.

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