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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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ab. Ein Dreckskerl hat ihm irgendwas, mit Wein vermischt, zu trinken gegeben. Ein Weißkittel mit Mundschutz, nicht sonderlich schwer. Sofortige Magenspülung, benachrichtigen Sie den Anästhesisten und Dr. Venieux, entweder klappt es, oder er geht drauf.«

18
     
    Danglard hatte darum gebeten, dass man ihn mit Adamsberg im Café allein ließe, und er sammelte die über den Tisch verstreuten Zeitungen ein. Eins der Blätter, das sich am weitesten vorwagte, veröffentlichte auf der ersten Seite ein Foto des Mörders: ein dunkelhaariger Mann mit kantigem Gesicht, buschigen Augenbrauen, die, in der Mitte zusammengewachsen, einen Balken über das Gesicht zogen, scharf gezeichneter Nasenrücken, fliehendes Kinn, große, glanzlose Augen. Das Ungeheuer zerstückelt den Körper seines Opfers.
    »Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt, als ich kam?«, fragte Adamsberg. »Die DNA? Und dass es an die Presse durchgesickert ist?«
    »Wir haben bis zum letzten Augenblick gewartet«, sagte Danglard mit einer Grimasse. »Wir hofften ihn noch zu kriegen, statt Ihnen dieses Fiasko eingestehen zu müssen.«
    »Und warum haben Sie die anderen gebeten, das Café zu verlassen?«
    »Die undichte Stelle liegt in der Brigade, nicht im Labor und auch nicht in der Kriminalakte. Lesen Sie den Artikel, da stehen Einzelheiten, die nur wir allein kannten. Das Einzige, was sie nicht schreiben, ist die Adresse des Mörders, aber viel fehlt nicht.«
    »Wo wohnt er?«
    »In Paris, Rue Ordener 182, im 18. Arrondissement. Wir haben ihn erst um elf Uhr lokalisieren können, und die Mannschaft ist auf der Stelle los. Natürlich niemand mehr in der Wohnung.«
    Adamsberg zog die Brauen hoch.
    »Da wohnt Weill, in der 182.«
    »Unser Weill? Der Divisionnaire?«
    »Genau der.«
    »Woran denken Sie? Dass der Mörder das absichtlich gemacht hat? Dass es ihn amüsiert, zwei Schritt neben einem Bullen zu wohnen?«
    »Und die Gefahr sogar herauszufordern, nämlich bei Weill zu verkehren. Was nicht schwer ist, er hält mittwochs immer offenes Haus, eine vorzügliche Tafel übrigens, die stark frequentiert wird.«
    Weill war, wenn auch kein Freund, so doch einer der wenigen hochrangigen Beschützer Adamsbergs am Quai des Orfèvres. Er hatte, unter dem Vorwand seines durch Übergewicht verschärften Rückenleidens, den Dienst quittiert, in Wirklichkeit aber, um sich mit größerer Muße der Plakatkunst des 20. Jahrhunderts widmen zu können, für die er zum weltweit anerkannten Experten geworden war. Adamsberg ging zwei, drei Mal im Jahr zum Abendessen zu ihm, sei es, um Berufliches mit ihm zu klären, sei es, um ihn genüsslich plaudern zu hören, während er auf einem abgewetzten Kanapee ausgestreckt lag, das einst Lampe, dem Kammerdiener von Immanuel Kant, gehört hatte. Weill hatte ihm erzählt, dass, als der Diener sich zu vermählen wünschte, Kant ihn entlassen hatte, ihn und sein Kanapee, und sich diesen Satz an die Wand gepinnt hatte: »Denk daran, Lampe zu vergessen.« Das hatte Adamsberg frappiert, denn er selbst hätte wohl eher geschrieben: »Denk daran, Lampe nicht zu vergessen.«
    Er legte die gespreizten Finger seiner Hand auf das Foto des jungen Mannes, wie um ihn festzuhalten.
    »Nichts in seiner Wohnung?«
    »Natürlich nicht. Er hatte genügend Zeit, sich aus dem Staub zu machen.«
    »Gleich nach den ersten Morgennachrichten.«
    »Vielleicht sogar noch vorher. Jemand kann ihn angerufen und ihm gesagt haben, er soll verschwinden. Die Veröffentlichung in der Presse hat dann nur noch Alibifunktion.«
    »Was vermuten Sie, Commandant? Dass der Typ bei uns einen Bruder, einen Cousin, eine Freundin hat? Das ist absurd. Oder gar einen Onkel? Schon wieder mal ein Onkel?«
    »So weit brauchen wir gar nicht zu gehen. Einer von uns hat mit jemandem gesprochen, der wiederum auch mit jemandem gesprochen hat. Garches ist eine beklemmende Geschichte, die muss man sich von der Seele reden.«
    »Angenommen, so wäre es, wozu muss man dann den Namen von dem Typen mitteilen?«
    »Weil er Louvois heißt. Armel Guillaume François Louvois. Das ist schon amüsant.«
    »Was ist daran amüsant, Danglard?«
    »Nun, der Name, François Louvois, wie der Marquis de Louvois.«
    »Wo ist der Zusammenhang, Danglard? War das ein Mörder?«
    »Zwangsläufig, er war der große Reorganisator der Armeen Ludwigs XIV.«
    Danglard hatte die Zeitung hingelegt, seine weichen Hände tanzten im Raum und erhoben sich in die Sphären des Wissens.
    »Und überdies ein unheilvoller und

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