Der verbotene Ort
helfen. Ich habe gestern von Ihrem Fall in Garches gehört. Eine rasche Aufklärung wäre möglich, wenn die Blödmänner« – Letzteres sagte er auf Deutsch – »von der Presse ihren Mund gehalten hätten. Ihr Mann ist entwischt?«
»Was heißt ›Blödmänner‹, Danglard?«, fragte Adamsberg leise.
»Connards«, übersetzte der Commandant.
»Genau, er ist entwischt«, bestätigte Adamsberg.
»Das bedaure ich für Sie, Kommissar, aber ich hoffe, die Ermittlung bleibt in Ihrer Hand?«
»Für den Augenblick bleibt sie es, ja.«
»Dann kann ich Ihnen vielleicht helfen, und Sie mir auch.«
»Wissen Sie etwas über Louvois?«
»Ich weiß etwas über das Verbrechen. Das heißt, ich bin fast sicher, dass ich mit demselben Täter zu tun habe, denn es ist kein gewöhnliches Verbrechen, nicht wahr? Ich sende Ihnen ein paar Bilder, dann können Sie sich eine genauere Vorstellung machen.«
Das blondgerahmte Gesicht verschwand, und es erschien ein Landhaus mit holzverkleideter Fassade und Spitzdach.
»Das ist der Tatort«, fuhr die angenehme Stimme von Thalberg fort. »In Pressbaum, ganz in der Nähe von Wien, vor fünf Monaten und zwanzig Tagen, in einer Nacht. War ebenfalls ein Mann, Conrad Plögener, jünger als Ihr Opfer, neunundvierzig Jahre, verheiratet und drei Kinder. Die Frau und die Kinder waren über das Wochenende nach Graz gefahren, als Plögener getötet wurde. Er handelte mit Möbeln. Getötet auf diese Weise«, und es erschien eine zweite Ansicht, ein blutbesudeltes Zimmer, in dem kein Körper zu erkennen war. »Ich weiß nicht genau, wie es in Ihrem Fall aussah, aber in Pressbaum wurde der Körper so zerstückelt, dass nichts mehr davon zu erkennen war. In kleine Teile zerschnitten, unter einem Stein Stück für Stück zermalmt, dann im Raum verteilt, in alle Richtungen. Ist der Mörder bei Ihnen nach einem ähnlichen Modus vorgegangen?«
»Auf den ersten Blick, ja.«
»Ich zeige Ihnen jetzt – wie sagt man – angenähertere Bilder.«
Es folgten ein Dutzend Aufnahmen, die ziemlich genau an das Schlachthaus von Garches erinnerten. Conrad Plögener lebte bescheidener als Pierre Vaudel, er besaß weder einen Flügel noch Gobelins.
»Ich hatte nicht so viel Glück wie Sie, Kommissar, bei uns gab es keine Spur von dem ›Zerquetscher‹.«
»Écrabouilleur«, übersetzte Danglard, indem er beide Handflächen aneinanderdrückte, um die Aktion zu verdeutlichen. Écraseur. «
»Ja«, bestätigte Thalberg. »Die Leute hier haben ihn den ›Zerquetscher‹ genannt, Sie wissen ja, sie wollen immer einen Beinamen geben. Ich habe lediglich Abdrücke von Bergschuhen gefunden. Es ist aber sehr gut möglich, dass wir denselben Zerquetscher suchen, auch wenn es selten vorkommt, dass ein Mörder außerhalb der eigenen Landesgrenzen agiert.«
»In der Tat. War das Opfer reiner Österreicher? Keinerlei französische Wurzeln?«
»Ich habe es gerade eben überprüft. Plögener war durch und durch Österreicher, er ist in Mautern in der Steiermark geboren. Auch wenn niemand wirklich durch und durch irgendetwas ist, meine Großmutter, zum Beispiel, stammt aus Rumänien, und so geht es fast jedem hier. War Vaudel ein waschechter Franzose? Gibt es bei Ihnen nicht so etwas wie ›Pfaudel‹ oder ›Waudel‹ oder eine ähnliche Abwandlung seines Namens?«
»Nein«, sagte Adamsberg, er hatte das Kinn in die Hand gestützt und schien niedergeschmettert angesichts dieses neuerlichen Haufens Hackfleisch namens Conrad Plögener. »Wir haben sein persönliches Archiv zu drei Vierteln gesichtet, eine Verbindung zu Österreich gibt es nicht. Doch, warten Sie, Thalberg, einen Hinweis Richtung Deutschland haben wir. Eine Frau Abster in Köln, er scheint sie lange Zeit geliebt zu haben.«
»Ich notiere. Abster. Ich werde in seinen persönlichen Papieren danach suchen.«
»Vaudel hat ihr auf Deutsch einen Brief geschrieben, der nach seinem Tod abgeschickt werden sollte. Einen Augenblick, ich hole das Schriftstück.«
»Ich erinnere mich an den Wortlaut«, sagte Froissy. »Bewahre unser Reich, widerstehe, auf dass es unantastbar bleibe.«
»Dann folgt ein kyrillisch geschriebenes Wort, das so was wie ›Kiss Love‹ bedeutet.«
»Ich schreibe. Ein wenig pathetisch, finde ich, aber was die Liebe angeht, sind die Franzosen ja häufig ewigkeitsgläubig, ganz im Gegensatz zu dem, was man landläufig annimmt. Wir haben also eine Frau Abster, die ihre ehemaligen Liebhaber zerstückelt. Das war natürlich ein Scherz.«
Adamsberg
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