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Der verbotene Ort

Titel: Der verbotene Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Kätzchen gerettet, und sie beide hatten im Schuppen miteinander angestoßen. Er entdeckte das an die Wand geschraubte Schild – Dr. Paul de Josselin Cressent, Osteopathie und psychosomatische Medizin –, und die Verachtung, mit der dieser Mann seine beiden Lieutenants gestraft hatte, als sie ihm schlicht mit ihren Armen den Zutritt zur Villa versperrt hatten, wurde ihm erklärlich.
    Der Hausmeister sah fern, er saß, in Decken gewickelt, in einem Rollstuhl, das Haar lang und grau, der Schnurrbart verklebt. Er wandte nicht einmal den Blick zu ihm, nicht, dass er unhöflich gewesen wäre, doch wie Adamsberg schien er nicht in der Lage zu sein, gleichzeitig seinen Film zu sehen und einem Besucher zuzuhören.
    »Der Doktor ist zu einem Ischias weg«, sagte er schließlich. »Wird in einer Viertelstunde wieder da sein.«
    »Behandelt er Sie auch?«
    »Ja. Er hat goldene Finger.«
    »Hat er sich in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag um Sie gekümmert?«
    »Ist das wichtig?«
    »Ich bitte darum.«
    Der Hausmeister bat um ein paar Minuten, denn der Film ging gerade zu Ende, dann wandte er die Augen vom Bildschirm, ohne das Gerät auszuschalten.
    »Ich bin beim Zubettgehen gefallen«, sagte er und zeigte auf sein Bein, »ich konnte mich gerade noch zum Telefon schleppen.«
    »Aber haben Sie ihn zwei Stunden später noch mal angerufen?«
    »Ich habe mich dafür schon entschuldigt. Mein Bein schwoll an wie eine Melone. Ich habe mich dafür schon entschuldigt.«
    »Der Doktor sagt, Sie heißen Francisco.«
    »Francisco, genau.«
    »Ich brauche Ihren vollständigen Namen.«
    »Nicht, dass mich das stört, aber wieso interessiert Sie das?«
    »Einer von Dr. Josselins Patienten ist ermordet worden. Wir notieren alles, das müssen wir.«
    »Sie machen also Ihre Arbeit.«
    »So ist es. Ich werde lediglich Ihren Namen notieren«, sagte Adamsberg und zog sein Notizheft heraus.
    »Francisco Delfino Vinicius Villalonga Franco da Silva.«
    »Gut«, sagte Adamsberg, der so schnell gar nicht hatte schreiben können. »Es tut mir leid, aber ich kann kein Spanisch. Wo hört Ihr Vorname auf, und wo beginnt Ihr Nachname?«
    »Das ist kein Spanisch, das ist Portugiesisch«, sagte der Mann und mahlte lautstark mit dem Kiefer. »Ich bin Brasilianer, meine Eltern wurden deportiert unter der Diktatur dieser Hurensöhne, Gott verdamm’ sie, man hat sie nie gefunden.«
    »Das tut mir sehr leid.«
    »Ist ja nicht Ihre Schuld. Falls Sie nicht auch ein Hurensohn sind. Der Nachname ist Villalonga Franco da Silva. Und der Doktor wohnt im zweiten Stock. Auf der Etage gibt es einen Warteraum mit allem, was man so braucht zum Warten. Wenn ich könnte, würde ich da wohnen.«
    Der Treppenabsatz der zweiten Etage war weiträumig wie ein Foyer. Der Doktor hatte ihn mit einem Couchtisch und Sesseln möbliert, einer antiken Stehlampe und einem Wasserspender, auf dem Tisch lagen Zeitschriften und Bücher. Ein kultivierter Mensch mit einem leichten Hang zur Selbstdarstellung. Adamsberg setzte sich, um auf den Mann mit den goldenen Fingern zu warten, und rief nacheinander – mit den schlimmsten Befürchtungen das Krankenhaus von Châteaudun – ohne alle Hoffnung die Mannschaft von Retancourt und die von Voisenet an – während er zugleich die miesen Gedanken von Commandant Danglard aus seinem Bewusstsein zu verdrängen suchte.
     
    Dr. Lavoisier war schon eine Spur optimistischer – »Er gibt nicht auf« –, die Temperatur war um einen Strich gesunken, der Magen hatte die Spülung überstanden, der Patient hatte gefragt, ob der Kommissar die Postkarte gefunden habe.
    »Das scheint ihm ungeheuer wichtig zu sein, mein Lieber.«
    »Sagen Sie ihm, dass wir die Karte suchen«, erwiderte Adamsberg, »dass mit dem Hund alles seinen Gang geht, dass wir Pferdemist entnommen haben, dass alles läuft wie gewünscht.«
    Codierte Nachricht, schätzte Lavoisier und schrieb alles Wort für Wort auf, er würde es weitergeben, es ging ihn nichts an, die Bullen hatten ihre Methoden. Hauptsache, der perforierte Magen hielt bei dieser Entzündung durch, und das war noch längst nicht sicher.
     
    Retancourt war entspannt, ja nahezu heiter, obgleich alles darauf hindeutete, dass Armel Louvois keinen Fuß mehr in seine Wohnung setzen würde und vermutlich schon um sechs Uhr morgens abgehauen war. Die Concierge hatte ihn mit einem Rucksack das Haus verlassen sehen. Im Gegensatz zu anderen Tagen, wo er immer noch ein paar nette Worte mit ihr gewechselt hatte, war der junge Mann

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