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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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waren. Er fand sofort heraus, wo man das Gehäuse überall aufklappen konnte. Um das Innenleben genauer zu untersuchen, klemmte er sich nun eine Lupe – sie lag griffbereit auf dem Tisch – in die Augenhöhle. Man sah ihm an, wie er danach immer aufgeregter wurde. »Ich habe ja schon viel gesehen«, sagte er schließlich hörbar bewegt, »aber so was … Ganz erstaunlich!«
    Und dann tat der Alte etwas Absonderliches. Er klappte alle Deckel wieder zu, legte das Ei in seine hohle Hand, bedeckte es von oben mit der anderen und begann, leise zu summen.
    Sophia und Theo warfen sich betretene Blicke zu. Hatten sie einen Verrückten konsultiert?
    »Nimm sie!«, stieß Nico plötzlich hervor. Er wirkte wie ausgewechselt. Sein Gesicht hatte sich schlagartig kalkweiß verfärbt, und die braunen Augen waren geweitet, als sei er gerade des Leibhaftigen ansichtig geworden. Fahrig streckte er Sophia das Uhr-Ei hin, als könne er es nicht schnell genug loswerden.
    Sie nahm es ihm ab, ließ sich an die Couchlehne zurücksinken und heftete ihren Blick auf die Weltenmaschine. Sein merkwürdiges Verhalten hatte sie verlegen gemacht. Ehe sie die passenden Worte fand, ihn nach dem Grund für seine Erregtheit zu fragen, begann er wieder zu sprechen, vielmehr flüsterte er nur, als sei die Wohnung verwanzt.
    »Ich habe immer geglaubt, die Geschichte sei nur ein Ammenmärchen.«
    »Ihr kennt diesen Mechanismus?« Es war Theo, der sein Schweigen unvermittelt beendete.
    Nico sah ihn aus immer noch geweiteten Augen an und nickte. »Du bist Theo, nicht wahr?«
    »Ich glaube, das hatte ich schon gesagt, Meister Dei Rossi.«
    »Der Junge aus dem Ei.«
    »Ihr scheint einiges darüber zu wissen.«
    Der Uhrmacher fasste sich an die Stirn. »Lotta Kollin hat mir davon erzählt. Ich hielt es für ein Ammenmärchen, eine Familienlegende aus den abergläubischen Zeiten, als ihr Großvater noch für Erik Fabergé arbeitete.«
    »Woher kennen Sie meine Großtante?«, fragte Sophia.
    »Sie hat bei mir ihren Meister gemacht. Karla war die erste Frau, die ich ausgebildet habe. Dazumal war das eine Sensation.«
    »Karla?«
    Er nickte. »Karla Sprüngli. Sie ist mit falschen Papieren in die Schweiz eingereist. Sogar mir hat sie erst nach Jahren ihren richtigen Namen anvertraut. Abgesehen von Laura kennt den niemand in Luzern.«
    Sophia beugte sich abrupt vor. »Heißt das, sie wohnt hier?«
    »Ja. Sie hat ein Antiquitätengeschäft drüben auf der anderen Seite der Kapellbrücke, jenseits der Reuß in der Altstadt. Ihre Spezialität sind alte Uhren.«
    Laura dei Rossi betrat das Zimmer mit einem lackierten Holztablett, auf dem verschnörkeltes Porzellan mit apricotfarbenem Blümchenmuster stand. Sie stellte es auf den Tisch und schenkte den Gästen Tee ein. »Zucker, Zitrone oder Milch nehmt ihr euch bitte selbst.«
    Sophia und Theo nickten dankend und Nico dei Rossi konnte endlich die Neuigkeit loswerden.
    »Rate mal, wer die Kleine ist!«
    »Eine Verwandte deiner Schülerin?«, gab Laura zurück.
    » Potz Blitz! Woher weißt du …?«
    Sie schmunzelte. »Scha-atz, das habe ich dir doch schon vor einer Ewigkeit gebeichtet. Damals, als ich eifersüchtig auf deine Gesellin war, auf Lotta, da hatte ich euch belauscht. Sie erzählte dir von einem Nürnberger Ei, das sich seit Generationen in ihrem Familienbesitz befindet.« Laura dei Rossi deutete auf die Weltenmaschine in Sophias Händen. »Die Beschreibung passt genau auf diese Uhr.«
    »Ja. Weil es die von Erik Kollin ist. Unsere junge Besucherin hier ist seine Nachfahrin, die Großnichte von Lotta. Bringst du mir bitte das Telefon, Täubchen?«
    »Warum holst du es dir nicht selbst?«
    »Weil ich schon in den Neunzigern bin und du erst in den Achtzigern.«
    Sie richtete die Augen zur Decke, sagte etwas auf Italienisch und lief in den Flur. Nico wandte sich derweil Theo zu und zog mit dem Zeigefinger den rechten Tränensack nach unten, eine Geste, mit der er seine Gewitztheit anzeigen wollte. Theo wirkte irritiert.
    Laura kehrte mit dem schnurlosen Telefon zurück und reichte es ihrem Mann. Nico wählte aus dem Kopf eine Nummer.
    »Ich bin es«, sagte er. Der Klang seiner etwas heiseren Stimme war wohl Erkennungszeichen genug. »Du wirst nicht glauben, wer bei mir am Tisch sitzt, Lotta … Nein, nicht Karla. Ich sage ganz bewusst Lotta. Sophia, deine Großnichte will dich besuchen. Und sie hat so einiges mitgebracht … Was? …. Ja. Das Weltenei ist auch dabei. Aber viel wichtiger ist er  – der Junge,

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