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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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von Ihnen …«
    »Aber ich tue es nicht. Wir sind keine Auskunft, sondern ein Juweliergeschäft. Da könnte ja jeder kommen.«
    »Nur bin ich nicht jeder«, erwiderte Sophia gereizt. »Meine Großtante ist eine Freundin von Herrn Dei Rossi …«
    »In diesem Fall wäre es vielleicht angebracht, sie nach der Adresse des Meisters zu fragen«, fuhr ihr der pomadige Juwelier in die Parade.
    Sophia stand kurz vor dem Explodieren. »Darf ich dann wenigstens Ihren Namen erfahren?«, fragte sie in schneidendem Ton.
    »Natürlich. Ich bin Anton Heini, der Inhaber dieses Geschäfts.«
    »Das ist schön für Sie, Herr Heini. Mit Ihrer Branchenkenntnis kann es ja nicht weit her sein, wenn der Namen Kollin bei Ihnen kein Warnlämpchen angehen lässt. Ich bin nämlich Sophia Kollin, Tochter und Alleinerbin von Rasmus Kollin, dem Gründer der Marke R. K. Sollten Sie jemals pleitegehen und in meiner Firma nach einem Job fragen, dann wird man Ihnen sagen: ›Wir sind keine Auskunft, sondern eine internationale Juwelierladenkette mit Geschäften in ganz Europa und sogar in Übersee. Da könnte ja jeder kommen.‹ Guten Tag.«
    Sophia fuhr herum und rauschte aus dem Laden.
    Als Theo sich einige Sekunden später an ihrer Seite auf dem Gehsteig einfand, blickte er scheinbar teilnahmslos auf den Straßenverkehr und sagte: »Dem hast du’s aber gegeben.«
    »Ich fand, das war nötig«, erwiderte sie knapp. Sie hatte das Gefühl, ihr Hals sei immer noch doppelt so dick wie normal.
    »Soso, die Leute in der Schweiz sind also höflich, korrekt und nett.«
    Sie musste unwillkürlich schmunzeln, wurde jedoch gleich wieder ernst. »Na ja, manche übertreiben’s mit der Korrektheit etwas.«
    »Hoffentlich war es kein Fehler, ihm deinen richtigen Namen zu nennen. Das solltest du in Zukunft besser lassen.«
    Ihr sträubten sich die Haare im Nacken. »Jetzt mach aber mal halblang, Theo. Er war ein arroganter A… äh, ich wollte sagen, ein eingebildeter Affe. Deshalb muss er noch lange keiner von Oros’ Spionen sein.«
    »Deshalb nicht. Aber ist dir nicht aufgefallen, wie steif er sich benahm? Fast wie ein Automat.«
    Sophias Frösteln nahm zu. Um sich nicht in Schwarzseherei zu verlieren, ergriff sie Theos Arm und zog ihn mit sich. »Gehen wir. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass die Schweiz das Land der Uhren ist? Uhrengeschäfte gibt es hier wie Sand am Meer.«
    Es war schon seltsam, dass ihre Suche sie ausgerechnet in die Mythenstraße führte. Das Haus Nummer 9 passte bestimmt zu dem Mann, der darin wohnte. Es war auch schon hochbetagt. Die nette alte Dame, deren Leidenschaft es war, Leuten mit kleinem Geldbeutel ihren gebrauchten Schmuck zu verkaufen und auch gerne einmal Zahngold in Zahlung zu nehmen, hatte den Weg dorthin auf einen Zettel aufgemalt.
    Das Eckgebäude mit den stuckverzierten Erkern lag in einer Seitenstraße nur einen Steinwurf vom Bundesplatz und wenige Gehminuten von der Pilatusstraße entfernt. Im Parterre beherbergte es einen Frisörladen sowie ein Stoff- und Dekorationsgeschäft.
    Theo deutete auf die altmodische braune Eingangstür. Sie hatte zwei Rundbogenfenster mit verschnörkelten schmiedeeisernen Gittern davor, die je zwei goldene Rosetten schmückten. »Über das Haus wachen vier Sterne. Ob das ein Zeichen ist?«
    »Nein, das sind Sonnenblumen«, stellte Sophia klar.
    »Ist die Sonne etwa kein Stern? Ich bin sicher, hier finden wir den Mann, der die Weltenuhr reparieren kann.«
    Unvermittelt öffnete sich die Tür und ein Bote von UPS eilte an ihnen vorbei die drei Stufen zum Gehsteig hinab – eine Begegnung, die bei Sophia ungute Erinnerungen weckte. Trotzdem nutzte sie die Chance und betrat, ehe die Haustür wieder zufallen konnte, mit Theo das Gebäude.
    Ein mit verschiedenfarbigen Fliesen ausgelegter Flur führte ins eigentliche Treppenhaus. Über steinerne Stufen gelangten sie in den ersten Stock. Das goldene Namensschild auf der linken Seite war an Bescheidenheit kaum zu übertreffen:
    N. R.
    »Jetzt kommt’s drauf an«, flüsterte Sophia und drückte wie eine alte Bekannte gleich zweimal den weißen Klingelknopf rechts neben der Tür.
    Danach tat sich zunächst einmal gar nichts.
    Sophia und Theo wechselten einen ratlosen Blick. Es war dämmrig auf dem Podest, von dem nur zwei Wohnungen abgingen. Der Geruch von Bohnerwachs lag in der Luft.
    Nach fast einer Minute war der Klang schlurfender Schritte zu hören. Im Spion an der Tür erschien ein Licht, dann ein Auge mit einer braunen Iris.
    »Wer

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