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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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dringend ölen.«
    »War früher nie nötig«, knurrte Lykos düster. »Mit deinem Kommen scheint sich hier einiges zu ändern. Erst der Regen, dann der Rost und jetzt das Quietschen und Schaben. Irgendwann werden wir noch alle korrodieren.«
    »Besser korrodieren als korrumpieren«, quietschte Nullus unbeeindruckt. »Im Gegensatz zu dir bin ich rostfrei, du alte Graubürste.«
    »Man sagt, wer rastet, der rostet, du kopfloser Blecheimer. Ich ruhe nie.«
    »Würdet ihr bitte aufhören, euch zu streiten?«, ging ich dazwischen.
    »Dafür dass er Nullus heißt, nimmt er sich viel zu wichtig«, beklagte sich der Wolf.
    »Ich habe eher den Eindruck, dass du dich zurückgesetzt fühlst, Lykos, weil du nicht mehr mein einziger Gefährte bist. Aber deine Schmollerei ist so unnötig wie ein Kropf. Ich bin froh, euch beide zu haben. Es gibt keinen Grund zur Eifersucht.«
    »Eifersucht ist ein Gefühl und unsere Gefühle haben wir dir zu verdanken.«
    »Jetzt bin ich also an allem schuld.«
    »Lasst uns um die Blume herumlaufen. Wer in sie hineingerät, der wird unweigerlich zerquetscht«, schlug Nullus vor, wohl um die Stimmung zu heben.
    Mir kam eine Idee. »Könnten wir der Gliederpuppe den Weg abschneiden, wenn wir die Rutenblume durchqueren?«
    »Du kannst dir Flügel wachsen lassen und drüber hinwegfliegen«, knurrte Lykos.
    Nullus nickte mit dem Oberkörper. »Da muss ich ihm zustimmen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«
    Der Wolf hob ruckartig den Kopf und blickte den Grasstreifen hinab. »Da kommt jemand!«
    »Ja«, sagte der Maschinenmann nach kurzem Lauschen. »Ich habe mich von unserer Zankerei ablenken lassen. Jetzt fühle ich sie auch. Es sind Dreifach Gehörnte Automanten … Insgesamt zweiunddreißig, wenn ich mich nicht irre.«
    Lykos und ich tauschten einen Blick. Wir dachten wohl beide das Gleiche: Der geräuschempfindliche Tastsinn des Ohnekopfes war phänomenal.
    »Ich will nicht schon wieder angerempelt werden«, jammerte Nullus. »Ziehen wir uns in den Wald zurück.«
    Rasch liefen wir zwischen die silbrigen Bäume. Jeder versteckte sich hinter einem Stamm. Der Ohnekopf brauchte etwas länger, um eine Zinne auszuwählen, die breiter als sein Körper war. Kaum hatte er Deckung gefunden, donnerten bereits die Automanten heran. Der Verband galoppierte in einer exakten Formation: vorne vier mal vier Fabelwesen und in kurzem Abstand dahinter eine zweite, genauso große Gruppe. Augenscheinlich hatte Nullus ihre Zahl genau geschätzt.
    Im Gegensatz zu der durchgegangenen Herde vom Vortag waren die Oberkörper dieser geschuppten Nashorn-Stier-Mensch-Wesen mit Kettenhemden und jeder Menge Blech gerüstet. Manche hatten an ihren Waffengehängen Speere und Schilde. Andere trugen Schwerter, Dolche, Äxte oder Keulen.
    »Oros’ Leibgarde!«, raunte Lykos vom Nachbarbaum, während der Verband vorbeizog.
    Ich spürte ein Kribbeln an der linken Wade. Als ich nach unten sah, bemerkte ich einen silbernen Hirschkäfer, der an meinem Bein hochkrabbelte. Anstelle eines Geweihs reckte er mir zwei kleine Zangen entgegen. Ich streifte ihn mit dem rechten Fuß ab.
    Just als der Käfer auf dem Boden landete, hallte ein Knacken durch den Zinnenforst. Das laute Geräusch stand in keinem Verhältnis zur Größe des Insekts.
    »Wir sind entdeckt worden!«, quietschte Nullus plötzlich.
    Ich folgte dem Beispiel des Wolfes, der sich zum Wald umwandte. »O nein! Nicht schon wieder!«
    Zwischen den Bäumen bewegten sich – ganz ungeordnet, wie es schien – Automanten auf uns zu. Sie bildeten eine dichte Kette.
    »Das ist nun weniger gut«, stellte Lykos fest.
    »Jetzt wird’s mir aber zu bunt«, zischte ich. Es hing mir allmählich zum Hals heraus, ständig angegriffen zu werden. Mein Verstand suchte fieberhaft nach einem Ausweg. Den Kordon zu durchbrechen, hielt ich für ausgeschlossen. Und in der Schneise wären wir Freiwild für den anderen Automantenverband. Mein Blick wanderte weiter zur Blume der Ehernen Ruten. Wer in sie hineingerät, der wird unweigerlich zerquetscht …
    »Mir nach!«, rief ich und verließ die Deckung.
    »Ist er jetzt durchgedreht?«, hörte ich hinter mir den Ohnekopf quietschen.
    »Jetzt?«, kam die Antwort des Wolfes zurück.
    Ich drehte mich um. Meine Gefährten folgten mir, wenn auch erkennbar lustlos. »Wir fliehen in die Klick-Klack-Blume, Freunde!«
    »Er ist verrückt geworden«, knurrte Lykos.
    »Das ist Selbstverschrottung!«, jammerte Nullus.
    »Nur für Maschinen. Kommt schon!

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