Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
entscheide, wen ich empfange und wen nicht. Gehorche, oder ich lasse dich auspeitschen.«
    Agamemnon gab murrend nach. Mit finsterer Miene schob er die Riegel zurück und öffnete die Tür.
    Ich atmete erleichtert auf.
    Sobald der Spalt groß genug war, stürzte Hyrkan herein. Anstatt sämtliche Hausbewohner abzuschlachten, wie Agamemnon befürchtete, warf er sich vor dem Philosophen nieder. Während der Leibdiener rasch wieder die Tür verrammelte, küsste der ehemalige Pirat den Saum von Poseidonios’ Handtuch. In seiner Überschwänglichkeit riss er es ihm fast vom Körper.
    »Ich danke Euch, Herr. Ihr habt nicht nur mich gerettet, sondern vielleicht sogar die ganze Welt.«
    Ich sah meinem Herrn an, wie unbehaglich er sich mit dem schmutzigen, blutverschmierten Individuum zu seinen Füßen fühlte. Auf einen Wink des Philosophen hin half ich Hyrkan auf die Beine. Der Mann war groß und seinen Waden und Unterarmen nach zu urteilen ziemlich muskulös. Er trug ungeachtet der schon fast sommerlichen Wärme eine penula , einen weiten Umhang mit Kapuze und v-förmigem Halsausschnitt. Sein Blick schweifte durch die Eingangshalle. Um ihn herum prangten farbenprächtige Wandmalereien, Säulen mit korinthischen Kapitellen und marmorne Figuren spärlich bekleideter Männer und Frauen. Ihm war anzumerken, wie armselig er sich fühlte.
    Poseidonios rieb sich das Kinn und grübelte: »Warum sollte vom Geschick eines ehemaligen Piraten unser aller Wohl und Wehe abhängen?«
    »Ich habe …« Das Geklapper von Rüstungen und Waffen ließ Hyrkan verstummen. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Da sind sie schon! Sie werden die ganze Straße durchkämmen, bis sie mich gefunden haben.«
    Die Miene des Hausherrn wurde streng. »Was hast du angestellt, dass dich ein Trupp von Soldaten jagt?«
    »Ich habe etwas gestohlen.«
    »Das war ja wohl klar«, quengelte Agamemnon. »Jetzt sind wir seine Spießgesellen und werden alle unter dem Schwert des Henkers enden …«
    »Schweig!«, herrschte Poseidonios ihn an. Eigentlich war er ein Mann leiser Worte, weshalb der Zornausbruch beim Nörgler sofortige Wirkung zeigte. Der Philosoph wandte sich erneut dem Dieb zu. »Warum gibst du deine Beute nicht einfach zurück?«
    »Niemals!«, brach es aus Hyrkan hervor. Die Heftigkeit seines Widerspruchs ließ mich erschrocken zusammenfahren. »Seht Ihr nicht meine Wunden, Herr? Am Hafen hatten sie mich schon fast erwischt. Ich würde eher sterben, als sie ihnen zu überlassen.«
    »Glaubst du allen Ernstes, ich werde einem Gesetzesbrecher Schutz gewähren? Ich bin ein Mann des Rechts.«
    »Gerade deshalb bin ich nach Rhodos geflohen, zu Euch, mein Herr. Ich weiß, dass Ihr hier selbst viel Großmut erfahren habt. Eure Besonnenheit und Unbestechlichkeit sind weithin bekannt. Ihr seid ein weiser Erforscher der Natur und der menschlichen Seele, der sich so schnell nicht täuschen lässt.«
    »Du brauchst mir keinen Honig ums Maul zu schmieren, Hyrkan. Rom ist unser engster Verbündeter. Was veranlasst dich zu der Annahme, dass ich dich vor seinen Soldaten verstecken sollte?«
    »Der Umstand, dass meine Verfolger Verräter sind.«
    »Kannst du deine Anschuldigung beweisen?«
    »Es sind kilikische Legionäre, Herr. Ihr Zenturio und einige andere waren früher Piraten so wie ich. Sie sind Tigranes dem Jüngeren treu ergeben und haben ihn aus römischer Kriegsgefangenschaft befreit. Jetzt zettelt er mit ihrer Hilfe eine Verschwörung gegen seinen Bruder an. Er meint, Rom habe ihn nur mit Almosen abgespeist, nachdem er zu Gnaeus Pompeius übergelaufen war und ihm seinen Vater, Tigranes den Großen, ausgeliefert hatte.«
    »So ein Unsinn. Pompeius hat diesen undankbaren Querkopf zu Recht in Ketten nach Rom gebracht und in seinem Triumph dem Spott des römischen Volkes ausgesetzt.«
    »Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass der junge Tigranes das als allergrößte Demütigung empfindet. Jetzt ist er wieder frei und sinnt auf Rache. Uns Piraten verdankt er die mächtige Waffe, die ihn, wie er glaubt, unbesiegbar macht. Seine Männer da draußen sind bereit zu töten, um das hier zu bekommen.«
    Ich staunte nicht schlecht, als Hyrkan aus den Falten seines Gewandes eine goldene Scheibe zog, etwa anderthalb Handbreit im Durchmesser und auf beiden Seiten mit einer Spirale aus fremdartigen Zeichen bedeckt; hauptsächlich waren es Symbole aus dem Tier- und Pflanzenreich. Der Seemann reichte Poseidonios den schweren, zweifellos kostbaren Gegenstand.
    Sichtlich

Weitere Kostenlose Bücher