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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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müssen so schnell wie möglich nach Rom.«

8
    S topp!«, platzte Sophia heraus. Sie hatte der fesselnden Erzählung schweigend gelauscht, während ihr Blick durch die Landschaft jenseits des Fensters gestreift war. Jetzt konnte sie nicht länger an sich halten und drehte sich zu Theo um. »Behauptest du tatsächlich, schon der Gedanke an das Buch der Zeit reiche aus, um es im Frühling schneien zu lassen?«
    Er nickte ernst. »Meister Poseidonios pflegte immer zu sagen: ›Wer nichtsdenkt, der ändert nichts.‹ Alle großen Dinge beginnen mit einem Gedanken: Kriege, Entdeckungen, Verrat, Bücher …«
    »Jaja, ist schon klar, aber Blitz und Donner?« Sie verzog den Mund und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht.«
    »Du hast mich unterbrochen. Wir sind erst am Anfang meiner Geschichte.«
    »Apropos Geschichte.« Sie musste mit einem Mal schmunzeln. »Ein Gesicht schön wie die Lilien, Lippen so rot wie das Schwarze Kohlröschen und Haar, das wie gelber Bernstein in der Sonne leuchtet – bist du ein verkappter Romantiker? Von wem hast du da geträumt?«
    Er wurde rot. »Erkennst du sie nicht?«
    »Wen? Etwa die schöne Helena?«
    Theos Aufmerksamkeit verlagerte sich auf seine Stiefelspitzen, und er brummte: »Nein, die schöne Sophia.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Sagt mir nichts.«
    Er blickte ihr offen ins Gesicht. »Hast du mir vorhin nicht zugehört? Ich sah dich, Sophia. Mehr als einmal habe ich von dir geträumt.«
    Sie schnappte nach Luft. »Du … du spinnst.«
    Er deutete kopfschüttelnd auf die Wand. »In den Zeitfenstern ist dein Gesicht immer wieder aufgetaucht. Ich ahnte schon damals, dass ich die Zukunft sehe.«
    In Sophias Nacken richteten sich sämtliche Härchen auf. Also war es doch keine dumme Anmache gewesen. Allmählich wurde ihr der Junge unheimlich. Und dieses Labyrinth der Zeit – alles, was sie bisher über die Welt zu wissen glaubte, hatte es auf den Kopf gestellt … Nein, Theo gebrauchte vorhin andere Worte. Sie musterte das Uhr-Ei voll Unbehagen. »Bist du dir sicher, dass die ganze Menschheit darin erstarrt ist?«
    Er nickte. »Weil das Räderwerk zum Stehen gekommen ist. Denke an den Tisch und das Tischtuch. Die mekanische Decke ist hervorgezogen und die irdische hineingestopft worden.«
    »Samt dem Stundenwächter?«
    »Ja. Wer den kosmischen Mechanismus in Gang setzt, wechselt in die andere Welt. Das gilt auch für alle, die er in diesem Moment berührt. Hatte dich der Herr der Zeit angefasst, als der Schlüssel herumgedreht wurde?«
    »Er war kilometerweit weg.«
    »Na also. Dann hast du ihn in seiner eigenen Maschine gefangen. Wenn du meinst, der Sieg über Oros ist den Preis wert, kannst du alles lassen, wie es ist. Sonne, Mond und Sterne sind ja noch die Alten. Sie rührt es nicht, ob die Außenwelt mechanisch oder lebendig ist.«
    »Sehr witzig.« Ein Schauder ließ Sophia erzittern. Rasch drückte sie das Nürnberger Ei mit beiden Händen an ihre Brust, damit es bloß nicht herunterfiel. »Verstehe ich das richtig? Ich muss die Uhr erneut aufziehen, um die Menschenwelt wieder in Schwung zu bringen und nach Hause zurückzukehren?«
    Er nickte gewichtig.
    »Und wenn sie dann stehen bleibt, erstarrt auch Mekanis?«
    »Mit allem und allen, die darin gefangen sind«, antwortete er düster.
    Ihr wurde übel. Sie fühlte sich so hilflos, kam sich wie eine Figur in einem kosmischen Schachspiel vor. Andere hatten sie gegen ihren Willen in diese Partie hineingezwungen und bestimmten nun die Züge. Stöhnend umfasste sie den Schlüssel …
    »Halt!«, sagte Theo. Seine Hand legte sich wie selbstverständlich auf die ihre.
    Sophia entzog sich ihm zwar nicht, bedachte seine Rechte aber mit einem strengen Blick. Sein Griff war nicht fordernd hart, sondern eher bittend und warm. Ihre Augen suchten sein Gesicht. Es wirkte besorgt. Sie seufzte. »Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht?«
    Er lächelte verlegen. »Sei mir bitte nicht böse. Ich kämpfe in diesem Krieg nur schon etwas länger ums Überleben. Es gibt in Mekanis zwei besondere Orte, die Oros wie seinenAugapfel hütet. Wo er sich auch befindet, bleibt sein Geist mit ihnen verbunden, und ich habe erlebt, dass er selbst in völliger Starre nicht machtlos ist. Einer dieser Orte ist das Labyrinth der Zeit. Wir sollten uns besser nicht in dessen Nähe aufhalten, wenn wir die alte Ordnung wiederherstellen.«
    Ihre Finger ließen den Schlüssel los und Theos Rechte ihre Hand. »Was schlägst du vor?«
    »Ich bringe uns hier

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