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Der verbotene Schlüssel

Titel: Der verbotene Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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dir später«, murmelte Sophia und klinkte sich erneut ins Internet ein. Die Seite des »Projektes zur Erforschung des Mechanismus von Antikythera« hatte sie noch geöffnet. Atemlos las sie eine Kurzbeschreibung über den Gegenstand der Unternehmung.
    Im Jahr 1900 fanden Schwammtaucher vor der griechischen Insel Antikythera ein antikes römisches Wrack. Ein Jahr später wurden aus 60 Metern Tiefe verschiedene Artefakte geborgen, darunter auch eines, das nicht viel mehr als ein Brocken korrodierten Materials zu sein schien. Am 17. Mai 1902 entdeckte der Archäologe Valerios Stais in dem Klumpen ein Zahnrad. Es vergingen weitere Jahre, bis man sich der Bedeutung des Fundes klar wurde. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen erstaunlich komplexen Apparat für astronomische Berechnungen. Über die Datierung werden verschiedene Vermutungen geäußert, die vom 1. bis zum 2. Jahrhundert vor Christus reichen.
    In den letzten Jahren haben Forscher den »Mechanismus von Antikythera« unter Verwendung hochauflösender Röntgenverfahren untersucht. Sie fanden heraus, dass er aus mindestens 30 bronzenen Zahnrädern bestand, welche ursprünglich in einem Holzgehäuse saßen. Mit dem Gerät konnte man die Position von Sonne und Mond exakt bestimmen und Mond- sowie Sonnenfinsternisse vorhersagen. Laut der Zeitschrift Nature ist der Mechanismus »technisch komplexer als jede andere bekannte Apparatur der folgenden mindestens 1000 Jahre«. Beim Antikythera Mechanism Research Project sieht man deshalb den Antikythera-Mechanismus als »Vorfahr des weiten Spektrums von mittelalterlichen Instrumenten und Uhren«. Tony Freeth, ein Mitarbeiter des internationalen Zusammenschlusses von Forschern, sagt: »Wäre er 1901 nicht entdeckt worden, hätte niemand es für möglich gehalten, dass er existieren könnte.«
    Theo – er hatte den Artikel ebenfalls gelesen – nickte. »Es wäre auch nicht möglich gewesen, ohne dass der Herrscher der Zeit Poseidonios und Oros den Weg gewiesen hätte. Oder vielleicht sollte ich besser sagen: wenn er sie nicht auf seine Fährte gelockt hätte.«
    »Mich interessiert noch etwas anderes«, murmelte Sophia und ließ ihren Mauszeiger über den Bildschirm huschen. Nach wenigen Klicks hatte sie gefunden, wonach sie suchte. »Hier steht, dass es derzeit nur Computersimulationen des Mechanismus gibt. Auf Betreiben von Schweizer Interessengruppen werde derzeit eine Rekonstruktionin Originalgröße …« Nur ihre Lippen bewegten sich weiter, während sie mit Augen und Zeigefinger den Text nach dem entscheidenden Hinweis durchforstete. Dann explodierte sie förmlich vor Aufregung. »Da steht’s! ›Der in Fachkreisen als Doctor Mechanicae bekannte Nico dei Rossi arbeitet derzeit in Luzern, wo er das Amt des Stadtuhrmachers bekleidet, am Nachbau des Antikythera-Mechanismus. Unter Uhrmachern gilt der aus dem italienischen Nettuno stammende, mittlerweile über neunzig Jahre alte Dei Rossi als lebende Legende.‹«
    Lange hatte sie sich nicht mehr so euphorisch gefühlt wie in diesem Moment. Zwar stand Dei Rossis Adresse nicht in dem Onlinebericht, aber in einer überschaubaren Stadt wie Luzern sollte eine lebende Legende nicht schwer zu finden sein. Sophia blickte vom Computer auf. »Ich weiß jetzt, wo wir suchen müssen, Theo. Der Antikythera-Mechanismus und der Prototyp von Geminos, mit dem Poseidonios und du zur Verkaufstour nach Rom aufgebrochen seid, müssen ein und derselbe Apparat sein. Wenn sich die Schwester von Opa Ole für den Nachbau starkgemacht hat, dann wird sie dafür einen Mann empfohlen haben, der ihr uneingeschränktes Vertrauen genießt.«
    »Du meinst diesen Nico dei Rossi.«
    Sie nickte. Ihr Gesicht war vor Aufregung ganz heiß. »Wir verlassen so schnell wie möglich diese Stadt und fahren nach Luzern. Auf dem Weg dorthin kannst du mir erzählen, wie deine Geschichte weiterging.« Sie musste plötzlich grinsen. »Die Schweiz wird dir gefallen, Theo. Die Leute sind höflich, korrekt und nett und das Land ist sehr übersichtlich und ordentlich.«

21
    D as fordernde Klopfen an der Tür entlockte Hans Gruber einen leisen Fluch. Es war, das muss ich vorausschicken, der Auftakt zu den bemerkenswerten Ereignissen, die zu meiner Befreiung aus dem Labyrinth der Zeit führen sollten. Das Wissen darüber verdanke ich den Berichten zweier außergewöhnlicher Menschen, von denen mir besagter Hans Gruber der liebste gewesen ist.
    Der Nürnberger Uhrmachermeister war ungeachtet seiner brachialen

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