Der verbotene Turm - 11
Realit ä t verlierst, und du musst dich irgendwie verankern, damit sich dein K ö rper nicht in den Schwingungen aufl ö st. Es ist, als wandere man mit verbundenen Augen durch einen Irrgarten. Alles in diesem Universum m ö chte ich lieber tun, als es noch einmal zu versuchen. Doch ich f ü rchte, nur durch Zeitforschung kannst du eine Antwort f ü r Callista finden. Damon, musst du das Risiko unbedingt eingehen?
Ich muss, Leonie. Ich habe Callista ein Versprechen gegeben. Er wollte Leonie nichts ü ber die extreme Situation mitteilen, in der er sein Versprechen gemacht, und auch nichts ü ber die Todespein, die sie ertragen hatte, obwohl es leichter gewesen w ä re, zu sterben, nur weil sie auf dies Versprechen vertraute. Ich bin kein Hastur, aber mein Wort breche auch ich nicht.
Leonie seufzte schwer. Ich bin eine Hastur und eine Bewahrerin, verantwortlich f ü r jeden, der mir einen Eid geleistet hat, Mann oder Frau. Wenn es nach mir ginge, w ü rde keine Frau zur Bewahrerin ausgebildet werden, bevor sie ihre Zustimmung zur Neutrierung gegeben hat, wie es in den alten Zeiten geschah. Aber die Welt wird gehen, wie sie will, und nicht, wie ich es gern h ä tte. Ich bin bereit, Verantwortung zu ü bernehmen, Damon, aber nicht die gesamte Verantwortung. Ich bin die einzige ü berlebende Bewahrerin in Arilinn. Neskaya ist oft aus den Relais, weil Theolinda auch jetzt noch nicht stark genug ist, und Dalereuth arbeitet mit einem Mechanikerkreis ohne Bewahrerin, so dass ich ein schlechtes Gewissen habe, weil ich Janine bei mir in Arilinn behalte. Wir k ö nnen nicht genug Bewahrerinnen ausbilden, Damon, und wie oft verlieren sie in noch jungen Jahren ihre Kraft! Siehst du ein, dass wir Callista dringend brauchen, Damon?
Es war ein Problem, f ü r das es keine L ö sung gab, aber Damon wollte nicht, dass Callista zu einer Schachfigur gemacht wurde, und das wusste Leonie. Verwundert meinte sie: Wie du sie lieben musst, Damon! Vielleicht w ä rst du der richtige Mann gewesen, dem ich sie h ä tte geben sollen.
Damon erwiderte: Sie lieben? Nicht in diesem Sinn, Leonie. Doch sie ist mir teuer, und ich, der ich so wenig Mut habe, bewundere bei anderen vor allem diese Eigenschaft.
Du h ä ttest wenig Mut, Damon? Leonie schwieg lange Zeit, und er sah ihr Bild zittern und schwanken wie Hitzewellen in der W ü ste jenseits der Trockenst ä dte. Damon, oh, Damon, habe ich jeden zerst ö rt, den ich liebe? Erst jetzt erkenne ich, dass ich dich zerbrochen habe, ebenso wie Callista .
Habe ich jeden zerst ö rt, den ich liebe? Jeden, den ich liebe, jeden, den ich – jeden, den ich liebe?
Du sagtest, es sei zu meinem eigenen Besten, dass du mich aus Arilinn fortschicktest, Leonie. Ich sei zu empfindsam, die Arbeit werde mich zerst ö ren. Er hatte mit diesen Worten jahrelang gelebt, er hatte an ihnen gew ü rgt, hatte sie voll Bitterkeit hinuntergeschluckt, er hatte sich daf ü r gehasst, dass er sie hatte h ö ren m ü ssen und nicht vergessen konnte. Niemals hatte er daran gedacht, sie in Zweifel zu ziehen, nicht f ü r einen Augenblick . das Wort einer Bewahrerin, einer Hastur.
Leonie hatte sich selbst verraten. Sie rief aus: Was h ä tte ich denn zu dir sagen k ö nnen? Und dann brach es mit einem qualvollen Aufschrei aus ihr heraus: Es ist etwas falsch, v ö llig falsch an unserm ganzen System der Ausbildung von Psi-Arbeitern! Wie kann es denn richtig sein, dabei ein Leben nach dem anderen zu opfern? Callistas, Hilarys, deins! Mit unbeschreiblicher Bitterkeit setzte sie hinzu:
Und meins auch.
Wenn sie den Mut oder die Ehrlichkeit gehabt h ä tte, dachte Damon traurig, ihm die Wahrheit zu sagen: Einer von uns muss gehen, und ich bin die Bewahrerin, ich bin unentbehrlich , dann h ä tte er wohl Arilinn verloren, ja, aber er w ä re nicht f ü r sich selbst verloren gewesen.
Doch nun hatte er etwas wiedergewonnen, das man ihm genommen hatte, als man ihn aus dem Turm fortschickte. Er war wieder ganz, nicht mehr zerbrochen wie damals, als Leonie ihn hinauswarf und er sich als Schw ä chling vorkam, als nutzlos, als nicht stark genug f ü r die Arbeit, die er sich erw ä hlt hatte.
Ja, es war etwas falsch an dem System der Ausbildung von PsiArbeitern. Jetzt hatte es auch Leonie erkannt.
Die Tragik in Leonies Augen zerriss Damon das Herz. Sie hauchte: Was willst du von mir, Damon? Beinahe h ä tte ich in meiner Schw ä che dein Leben zerst ö rt. Verlangt jetzt die Ehre einer Hastur, dass ich es mir klaglos gefallen lasse,
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