Der verbotene Turm - 11
Bosheit das Leben h ä tte verlieren k ö nnen. Endlich fragte Ellemir mit zitternder Stimme: Wo wohl Dezi war, als Domenic starb?
O nein, nein, Ellemir! Callista zog ihre Schwester an sich und schnitt ihr das Wort ab. Nein, nein, denk das nicht einmal! Unser Vater liebt Dezi, auch wenn er ihn nicht anerkennen wollte. Deshalb mach es nicht noch schlimmer, als es ist. Elli, ich bitte dich, ich bitte dich, setze Vater diesen Gedanken nicht in den Kopf!
Elfemir verstand, was Callista meinte: Sie musste es irgendwie fertig bringen, ihre Gedanken im Zaum zu halten, damit die unbedachte Anschuldigung ihren Vater nicht erreichte. Aber der Verdacht qu ä lte sie weiter, als sie den M ä gden Anweisungen gab, wie die Haushaltsangelegenheiten in ihrer Abwesenheit weiterzuf ü hren seien. Sie fand einen freien Augenblick, in die Kapelle hinabzusteigen, und legte eine kleine Girlande aus Winterblumen vor den Altar Cassildas. Sie hatte sich gew ü nscht, ihr Kind auf Armida zur Welt zu bringen, wo es von dem Erbe umgeben leben w ü rde, das einst ihm zufiel.
Alles, was sie sich je vom Leben gew ü nscht hatte, war, mit Damon verheiratet zu sein und ihrem und seinem Clan S ö hne und T ö chter zu geb ä ren. War das zu viel verlangt?, dachte sie hilflos. Sie hatte nicht wie Callista den Ehrgeiz, Laran-Arbeit zu tun, im Rat zu sitzen und Staatsgesch ä fte zu erledigen. Warum konnte sie keinen Frieden finden? Und doch wusste sie, in den kommenden Tagen konnte sie sich nicht wieder in dies Refugium der Weiblichkeit fl ü chten. Ob man von Damon verlangte, dass er an Stelle seines Schwiegervaters die Garde befehligte? Wie alle Alton-T ö chter war sie stolz auf das erbliche Amt des Kommandanten, das ihr Vater ausge ü bt hatte und das Domenic noch lange h ä tte innehaben sollen. Aber jetzt war Domenic tot, und Valdir war zu jung. Wer sollte den Posten ü bernehmen? Sie sah die Bilder der G ö tter an, die steif und stilisiert von den W ä nden der Kapelle herabblickten, auf die Darstellung Hasturs, Sohn Aldones, zu Hali mit Cassilda und Camilla. Sie waren die Vorfahren der Comyn; in ihrer Zeit war das Leben leichter gewesen. M ü de verließ Ellemir die Kapelle. Sie musste noch regeln, welche der M ä dchen mit ihnen kommen und welche w ä hrend ihrer Abwesenheit f ü r das Gut sorgen sollten.
Auch f ü r Andrew gab es vieles, was seine Gedanken besch ä ftigte. Er sprach mit dem alten Coridom – wie auch die anderen Diener hatte die Nachricht vom Tod des jungen Herrn ihn tief getroffen – ü ber Angelegenheiten des Gutes und des Viehbestands. Er dachte, eigentlich solle er daheim bleiben, denn in Thendara hatte er nichts verloren, und er ü berließ die Ranch nicht gern den Dienstboten. Aber im Grunde war ihm die Reise vor allem deswegen unangenehm, weil sich das Hauptquartier des Terranischen Imperiums in Thendara befand. Ihm war es nur recht gewesen, dass die Terraner ihn f ü r tot halten mussten. Verwandte, die um ihn trauern w ü rden, hatte er nicht, und es gab nichts, was ihn in seine eigene Welt zur ü ckzog. Und jetzt fand er sich unerwartet von neuem in einem Konflikt. Sein Verstand sagte ihm, dass die Terraner keinen Anspruch auf ihn hatten, dass sie nicht einmal erfahren w ü rden, er hielte sich in der Altstadt von Thendara auf, und dass sie ihn ganz gewiss nicht verfolgten. Trotzdem war ihm nicht wohl zu Mute. Und auch er fragte sich, wo Dezi gewesen sein mochte, als Domenic starb, und verbrannte den Gedanken als unw ü rdig.
Damon hatte ihm gesagt, Thendara sei von einem einzelnen Mann auf einem schnellen Pferd bei gutem Wetter in wenig mehr als einem Tagesritt zu erreichen. Aber f ü r eine große Gesellschaft mit Dienstboten, Gep ä ck, einer schwangeren Frau und einem ä ltlichen Kr ü ppel, der in einer S ä nfte getragen werden musste, mochte die Reise vier- oder f ü nfmal so lange dauern. Ein Großteil der Arbeit, Pferde und Gep ä ck f ü r die Reise fertig zu machen, fiel Andrew zu, und als die Gesellschaft endlich die großen Tore von Armida hinter sich ließ, f ü hlte er sich m ü de, aber zufrieden. Dom Estebans S ä nfte hing zwischen zwei Pferden. Eine andere erwartete Ellemir, sobald ihr das Reiten zu viel wurde. Aber im Augenblick ritt sie an Damons Seite, eingeh ü llt in einen gr ü nen Reitmantel, die Augen geschwollen vom Weinen. Andrew dachte daran, wie Domenic bei der Hochzeit Ellemir aufgezogen hatte, und f ü hlte sich tief traurig. Er hatte so wenig Zeit gehabt, diesen fr ö hlichen
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