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Der Verehrer

Der Verehrer

Titel: Der Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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inzwischen viel überschaubarer geworden. Einige Partygäste waren gegangen, viele hatten sich abgeseilt und waren paarweise im Wald verschwunden.
    »Er hat doch mit diesen beiden Mädchen vorhin gespielt«, sagte Leona.
    Sie entdeckte die Mädchen bei den Getränkekisten. Sie füllten sich gerade ihre leeren Gläser wieder auf.
    »Da drüben sind sie ja!«
    »Ja, aber wo ist Felix? Ich sehe Felix gar nicht mehr!« Erste Sorge malte sich auf Carolins Gesicht. »Er muß doch hier irgendwo sein!«

    »Natürlich ist er hier«, beruhigte Tim. »Er taucht bestimmt gleich auf.«
    »Felix!« rief Carolin, und dann noch einmal lauter: »Felix!«
    Einige Paare hörten auf zu tanzen und schauten herüber. Carolin war mit drei Schritten bei dem Kasettenrekorder und den Verstärkern. Sie schaltete das Gerät aus. Die plötzliche Stille hatte etwas Erschreckendes.
    »Felix!« rief sie erneut, aber es kam keine Antwort, und nun begann sie zu schreien.
    »Felix! Wo bist du? Wo ist Felix? Wer hat mein Kind gesehen? «
    4
    Bis um halb vier Uhr am Morgen hatten sie jeden Winkel im Wald abgesucht und, wie Jens sagte, »jeden Stein umgedreht und hinter jedes Grasbüschel geschaut«. Tim hatte jeden mobil gemacht, der noch halbwegs gerade gehen konnte. Die Nachricht, daß der kleine blonde Junge, der den ganzen Abend zwischen ihnen allen gespielt hatte, plötzlich verschwunden war, ernüchterte die meisten sofort.
    »Er kann ja nicht weit sein«, hatte Tim getröstet, »wahrscheinlich ist er auf Entdeckungstour gegangen und findet jetzt den Rückweg nicht mehr oder ist irgendwo eingeschlafen. Wir werden ihn bald finden.«
    Carolin war weiß wie eine Wand.
    »Es ist meine Schuld! Ich habe nicht auf ihn aufgepaßt! Ich habe mich nur amüsiert, ich habe ihn zeitweise sogar völlig vergessen! Was mache ich denn jetzt?« Dann war sie plötzlich ganz starr geworden. »Er ist ins Wasser gefallen!
Er ist ertrunken! Mein Kind ist ertrunken!« Sie wollte zum Weiher stürzen, aber Tim hielt sie am Arm fest.
    »Verlier jetzt nicht die Nerven«, sagte er beruhigend. »Wir müssen vernünftig bleiben. Wie soll er denn hier ertrinken, in diesem überschaubaren Tümpel, vor den Augen Dutzender Leute? Es saßen immer Gruppen direkt am Wasser, die hätten gesehen, wie er hineingeht.«
    »Wir waren die ganze Zeit im Schlauchboot«, sagte eines der Mädchen in den geblümten Kleidern. »Wir hätten es ganz bestimmt gemerkt.«
    »Aber wo ist er dann? Wo ist er?«
    »Wir durchsuchen jetzt paarweise den Wald«, bestimmte Tim, »und du kommst mit mir, Carolin.«
    »Sollten wir nicht lieber die Polizei verständigen?« fragte Leona.
    Auch ihr schlug das Herz bis zum Hals. Sie glaubte nicht an Carolins Theorie vom Ertrinken, denn sie hatte Felix zuletzt vor einer Stunde noch gesehen, und seither hatte sie nur dagesessen und über das Wasser geblickt. Es erschien ihr ausgeschlossen, daß sie übersehen hätte, wie das Kind dort hineinwatete.
    »Jetzt laßt uns doch erst einmal selber suchen«, sagte Jens. »Wir sind genug Leute, um hier alles abgrasen zu können. Bis die Polizei überhaupt hier ist, haben wir ihn längst gefunden.«
    Leona zog mit Jens los. Einige der Partyteilnehmer waren mit ihren Autos gekommen und hatten Taschenlampen dabei, die sie nun hervorholten. Die anderen bewaffneten sich mit den Fackeln, die das Partygelände beleuchteten.
    »Hat er so etwas schon mal gemacht?« fragte Jens, während er neben Leona durch das Dickicht stolperte. »Ich meine, sich versteckt oder so?«

    »Soviel ich weiß, nein«, erwiderte Leona.
    Zweige schlugen ihr ins Gesicht, Dornenranken zerkratzten ihre nackten Beine. Ein paarmal stolperte sie über knorrige Wurzeln, konnte den Sturz aber immer noch abfangen. Die kleine Taschenlampe, die ihnen irgend jemand in die Hand gedrückt hatte, spendete nur ein klägliches Licht.
    »Hoffentlich finden wir ihn bald. Carolin dreht durch, wenn dem Kind etwas zustößt. Und ich auch«, fügte sie hinzu und merkte dabei, daß die Tränen schon locker saßen.
    »Ihm wird nichts zustoßen«, beruhigte Jens.
    »Ich habe die ganze Zeit auf den Weiher geblickt«, sagte Leona beschwörend und inzwischen zum vierten Mal, »er kann nicht hineingegangen sein, ohne daß ich etwas bemerkt hätte!«
    »Massenhaft Leute hatten den Teich ständig im Auge. Er kann dort wirklich nicht drin sein!«
    Sie fanden keine Spur von Felix, stöberten nur ein Liebespaar auf, das sich auf einer Lichtung im Mondschein vergnügte und zu Tode erschrocken

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