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Der Verehrer

Der Verehrer

Titel: Der Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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glücklich wird?«
    Er wurde ungeduldig. »Natürlich möchte ich das!«
    »Im tiefsten Innern«, sagte Nicole, »möchtest du es nicht.«
    »O Gott, Nicole, bitte hör auf mit dieser Amateurpsychologie! Leona ist Vergangenheit für mich. Sie kann tun und lassen, was sie will. Wenn sie dabei ihr Glück findet – um so besser! Aber der, den sie da heute bei sich hatte, bringt ihr kein Glück. Eher das Gegenteil!«
    Nicole lachte. Sie nahm zwei Gläser und eine Cognacflasche vom Regal, schenkte ein, reichte Wolfgang ein Glas.
    »Trink das erst mal. Es ist gut für die Nerven. Und dann entspanne dich. Du kannst im Moment sowieso nichts tun.«
    Dankbar trank Wolfgang den Cognac, dankbar registrierte er auch Nicoles unvermindert anhaltende Freundlichkeit. Ihre Gelassenheit war die Eigenschaft gewesen, die ihn von Anfang an zu ihr hingezogen hatte. Er wußte, daß sie auch gereizt hätte reagieren können, nachdem er sie zuerst angeblafft und dann ständig wegen Leona lamentiert hatte. Sie hatte eine großzügige Art, mit derlei Situationen umzugehen, was nicht zuletzt mit ihrem ausgeprägten Selbstbewußtsein zusammenhing.
    »Lydia«, murmelte er, »wenn ich nur wüßte, wer das ist!«
    Nicole sah ihn fragend an.
    »Leona sagte, sie hat diesen Mann über eine gewisse Lydia kennengelernt«, erläuterte er, »und ich überlege nun
dauernd … ich habe den Namen schon bei ihr gehört, aber ich kann ihn einfach nicht einordnen.«
    »Es wird dir schon noch einfallen«, sagte Nicole etwas kühl. »Ich bin jedenfalls überzeugt, du wirst so lange darüber nachdenken, bis du es weißt.«
    Da hast du vermutlich recht, dachte er.
    9
    Nach dem frühzeitig abgebrochenen Sonntagnachmittag rief Robert einige Male bei Leona an, und diese stellte fest, daß sie sich auf die Gespräche mit ihm freute. Sie erzählte ihm von ihrer Arbeit, und an den Fragen, die er ihr stellte, merkte sie, daß er sich für ihre Berichte interessierte. Seine Kommentare waren klug, witzig oder verständnisvoll, je nach ihrer Stimmungslage. Er traf immer den richtigen Ton, hatte sensible Antennen für ihr Befinden und ihre jeweilige seelische Situation. Leona ging es nicht allzu gut, die Adventszeit begann, machte sie empfindsam und traurig. Nur noch wenige Wochen bis Weihnachten, das wie immer gemeinsam im Haus ihrer Eltern gefeiert werden sollte. Diesmal würde sie nichts von Wolfgangs Arbeitsüberlastung erzählen können, um sein Fernbleiben zu erklären, nicht an Weihnachten. Diesmal mußte sie Farbe bekennen.
    Am Abend des zweiten Dezember lud Robert sie ins Kino ein, danach bummelten sie durch die verschneite Stadt, und Robert sagte, daß er nach Ascona zurück müsse, er sei fertig mit der Übersetzung des Buches, das er mit nach Frankfurt gebracht habe. Auf einmal spürte Leona ein überwältigendes Gefühl von Einsamkeit und Verlust und dachte, daß sie ihn nicht fortgehen lassen
konnte, nicht jetzt, in dieser furchtbaren, sentimentalen Weihnachtszeit, in der alle Wunden noch mehr schmerzten als sonst. Sie nahm ihn mit nach Hause auf einen Drink, und irgendwann nach Mitternacht war klar, daß sie miteinander schlafen würden.
    »Willst du das wirklich?« fragte er zweifelnd, so als fürchte er, sie könne einfach nur vom Alkohol benebelt sein oder einen raschen Ersatz für den Mann suchen, den sie nicht mehr haben konnte. Sie nickte, und selbst wenn ihr Nicken in diesem Moment nicht ganz aufrichtig war, weil es zumindest teilweise ihr Katzenjammer war, was sie in seine Arme trieb, so wußte sie doch wenigstens hinterher, daß es nichts zu bereuen gab und daß von nun an jedes Gefühl, das sie für ihn hegte, aufrichtig sein würde.
     
    Er hielt sie im Arm und atmete so gleichmäßig, daß sie schon meinte, er sei eingeschlafen, aber als sie leise seinen Namen sagte, antwortete er sofort und mit klarer Stimme.
    »Ja?«
    »Mußt du wirklich nach Ascona zurück?«
    Er spielte an ihren kurzen Nackenhaaren. »Eigentlich schon. Ich habe ja nichts zum Arbeiten dabei. Und es hat sich bestimmt viel Post angesammelt, vielleicht auch wichtige Sachen.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. »Du könntest hinfahren, nach dem Rechten sehen, dir einen Packen Arbeit holen und wieder hierherkommen.«
    »Hier ist es aber so kalt im Dezember!«
    »Wirklich?« Sie berührte ihn sacht mit den Fingerspitzen. »Findest du es wirklich so kalt?«
    »Nein, nicht wirklich«, sagte er leise, und sie fingen wieder da an, wo sie aufgehört hatten.

    Später standen sie auf,

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