Der Verehrer
daß sie sich von Robert getrennt hatte. Beide waren sehr bekümmert.
»Nun bist du ganz allein, Kind«, sagte Julius traurig, »das ist nicht gut. Allein sein ist nicht gut.«
Leona unterdrückte den Drang nach einer aggressiven Erwiderung. Was du nicht sagst, Vater! Von allein wäre ich nie darauf gekommen. Interessiert es dich zu erfahren, daß ich mir den Single-Zustand keineswegs ausgesucht habe? Sie sagte es nicht. Er hatte es nicht böse gemeint, wäre bestürzt gewesen über ihren Ärger.
»Ach, Vater«, sagte sie nur, »vielleicht werden die Zeiten ja auch wieder besser.«
»Ich hoffe, deine Entscheidung , dich zu trennen, hat nichts mit Wolfgang zu tun«, sagte Elisabeth.
Zum erstenmal fand Leona, daß ihre Mutter anfing, alt und erschöpft auszusehen.
»Er konnte Robert nicht leiden und wollte dich in Ascona anrufen, um dir etwas Wichtiges über ihn zu sagen.«
»Ach ja? Nun, er hat nicht angerufen. Und meine Entscheidung hängt bestimmt nicht mit ihm zusammen. Er wäre der letzte, von dem ich mich in dieser Frage beeinflussen ließe.«
Von Carolin erhielt sie natürlich uneingeschränkte Zustimmung.
»Ich wußte, du würdest irgendwann Vernunft annehmen. Gott sei Dank, daß du jetzt auch gemerkt hast, daß der Typ ein Rad ab hat!«
»Also, am Anfang fandest du ihn zumindest ziemlich attraktiv …«
»Attraktiv ist er, keine Frage. Trotzdem tickt er nicht richtig. Sei froh, daß du ihn los bist.«
Leona sammelte ihre Katzen ein, stellte den Tragekorb mit den zwei schnurrenden Pelzkugeln darin auf den Rücksitz ihres Autos und machte sich auf den Heimweg.
Sie war fest entschlossen, ihr Alleinleben so gut wie möglich zu organisieren.
2
Wolfgang fühlte sich zutiefst erleichtert, als er Leona durch die Glastür des Restaurants hereinkommen sah. Draußen herrschten heute zum erstenmal in diesem Jahr
milde Frühlingstemperaturen. Leona trug einen leichten Mantel, um den Hals einen bunten Seidenschal. Als einer der Kellner ihr den Mantel abnahm, stellte Wolfgang fest, daß sie sich in Schale geworfen hatte. Für gewöhnlich zog sie immer nur Hosen an. Heute aber trug sie einen schmalen, ziemlich kurzen schwarzen Rock, darüber einen leichten Pullover aus blaßgrüner Seide. Falls nicht im Verlag irgendein besonderes Ereignis stattgefunden hatte, dann war er, Wolfgang, der Grund für kurzen Rock und hochhackige Schuhe. Er wertete dies als gutes Zeichen. Dies – und die Tatsache, daß sie überhaupt gekommen war, sich auf eine Verabredung mit ihm eingelassen hatte. Noch dazu in diesem Restaurant! Früher war es ihr Stammlokal gewesen.
Er stand auf und ging ihr entgegen.
»Leona! Wie schön, daß du da bist!«
Sie erwiderte seinen freundschaftlichen Kuß.
»Tut mir leid, daß ich zu spät bin. Ich bin einfach nicht eher weggekommen. Der Chef wird fünfzig heute und hat im Palmengarten einen kleinen Empfang gegeben.«
Aha. Deshalb die feinen Klamotten. Wolfgang war ein wenig enttäuscht, überspielte diese Regung jedoch.
»Das macht nichts. Daß du zu spät bist, meine ich. Ich fürchtete nur schon, er ließe dich nicht weg …«
Sie setzten sich an ihren Tisch. Ein Kellner bot einen Aperitif an. Leona winkte ab.
»Danke. Ich hatte gerade schon zwei Gläser Sekt.« Sie wartete einen Moment, dann sagte sie: » Ihn gibt es nicht mehr. Jedenfalls nicht in meinem Leben.«
»Was?«
»Schockiert?«
»Überrascht«, sagte Wolfgang, »sehr überrascht.«
In der Tat, er war mehr als überrascht, er war aus dem
Konzept geworfen. Er hatte geglaubt, es mit einer heftig verliebten Frau zu tun zu haben, die blind war für alle Fehler des neuen Partners. Sie war doch so versessen gewesen auf ihn. Wolfgang überlegte, was vorgefallen sein mochte. Da es zum Ende der Beziehung geführt hatte, konnte es nicht ganz harmlos gewesen sein.
»Das … tut mir leid«, sagte er und hatte selten so gelogen. »Ich hoffe, du bist trotzdem okay?«
»Eigentlich schon, danke.«
Er lächelte ihr über den Tisch hinweg zu. »Es ist schön, wieder einmal einen Abend mit dir zu verbringen.«
Sie schlug die Speisekarte auf, sagte sehr sachlich: »Komm, laß uns etwas aussuchen. Du wirst ja auch nicht allzuviel Zeit haben.«
Wolfgang schwieg einen Moment.
»Ich habe alle Zeit der Welt«, sagte er dann, »mich zieht heute abend nicht viel in mein Hotelzimmer zurück.«
Leona hob ruckartig den Kopf. »Hotelzimmer?«
»Ich habe mich von Nicole getrennt.«
»Warum?«
Er zuckte mit den Schultern. »Es hatte keine
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