Der vergessene Mond Bd II - Zeit des Erwachens (German Edition)
von jahrelanger harter Arbeit und die Präzision, mit der sie ihn abtastete zeigte deutlich, das sie etwas von Verletzungen verstand.
„Du hättest Borresch nicht den Rücken zuwenden dürfen, er ist weit geschickter im Kampf wie Malem oderich je sein werden.“ Das immer noch breite Grinsen Dorms war für Herm Anzeichen genug, das der bullige Wachmann ihm die Faustschläge an sein Kinn offensichtlich nicht übel nahm. „Merke ich mir für das nächste Mal.“ Mit dem Versuch eines Grinsens richtete sich Herm vorsichtig auf und griff nach der Suppe und dem Brot, nachdem Martha ihre Inspektion offensichtlich zu ihrer Zufriedenheit abgeschlossen hatte. „Bleibt liegen und ruht Euch aus, der Herr wird euch zum Abendessen rufen.“ Mit dem einfachen Satz, der mehr wie ein Befehl denn ein Ratschlag klang, verschwand die wohlbeleibte Magd ebenso schnell aus dem kleinen Raum, wie sie hereingerauscht war.
„Sag mir, was ist passiert, Dorm? Wieso bin ich hier und liege nicht auf der Straße oder im Gefängnis?“ Die Frage wirbelte nun schon durch seinen Kopf, seit er aufgewacht war, doch hatte er erst jetzt die Gelegenheit gehabt, sie endlich zu stellen. „Nun, Malem und ich wollten Euch eigentlich rauswerfen und nach der Stadtgarde rufen, aber als wir euch hochhoben, fiel Euch eine Lederhülle aus der Tasche. Ich weiß nicht, was drin war, aber Borresch erkannte irgendetwas daran und war plötzlich ganz aufgeregt. Dann hat er befohlen, Euch hier unterzubringen und mehr weiß ich auch nicht. Seid Ihr etwa mit ihm verwandt?“ Die Frage des bulligen Wachmannes schien logisch und war tatsächlich nicht zu weit entfernt von der Wahrheit. Herm überlegte kurz, wie viel er preisgeben wollte und beließ es bei einer knappen Antwort. „Ich kannte seinen Bruder.“
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Mit langsam kauenden Bewegungen aß Herm die viel zu harten Kartoffeln, an denen lediglich das Nichtvorhandenseinjeglicher Gewürze bemerkenswert war. Offensichtlich hatte der Koch die gesammelten Salzvorräte des Hauses an die Suppe gegeben, wodurch diese nahezu ungenießbar geworden war, während nichts mehr für die steinharten zu kurz gekochten Kartoffeln übrig geblieben war. „Iss nur Junge, du musst doch hungrig sein nach so langer Reise.“ Die Stimme Borreschs ähnelte der seines alten Lehrers stark genug, um schmerzliche Erinnerungen an seine Heimat zu wecken. Borresch hatte ihn zum Abendessen gerufen, so wie Martha gesagt hatte und nun saß er zusammen mit dem alten Hausherrn, dem benarbten Wachmann Dorm und der Magd Martha an einem großen Tisch im Speisesaal des prunkvollen Anwesens, das sich hinter dem Waffenladen in der Straße der Waffen verbarg.
Nur mühsam hatte Herm es geschafft, die versalzene Suppe hinunter zu würgen, ohne dabei allzu auffällig das Gesicht zu verziehen und nun stellten die als Kartoffeln getarnten Granitsteine die nächste Herausforderung für ihn dar. Er war mehr als froh, das Borresch das Wappen seiner Familie auf dem Leder erkannt hatte, welches Martek ihm mitgegeben hatte, und froh um die Gastfreundschaft, daher wollte er das schlechte Essen nicht unhöflich ablehnen.
„Bah, der Junge hat schon recht, da habe ich in einem Gefängnisturm schon besser gegessen.“ Mit einer abwertenden Bewegung warf Dorm die Kartoffeln zurück in die große Schale auf der Mitte des Tisches. „Und genau da wirst du auch wieder landen, wenn du weiter so unhöflich vor unserem Gast bist.“ Der scharfe Tonfall in Borreschs Stimme zeugte deutlich von der Autorität des alten Mannes, der es offensichtlich gewohnt war, das man sich in seiner Gegenwart benahm. Eine leise Entschuldigung murmelnd nahm auch Dorm wieder das Essen auf, während Martha die letzten Reste der Suppe schlürfte, als ob sie nie etwas Besseresgegessen hatte. „Ich habe einfach keine Zeit dafür, ich habe es euch gesagt. Ich kann nicht das ganze Anwesen sauber halten, Wäsche für drei Männer machen und dann auch noch einkaufen und kochen. Seit mein kleiner Wolfie seine Lehre bei Meister Starnit angefangen hat, fehlt uns einfach ein Paar Hände.“ Mit erhobenen Händen unterbrach Borresch den Redeschwall der Magd, die offensichtlich sehr darum bemüht war, sich zu verteidigen. „Schon gut, Martha, keiner macht dir einen Vorwurf. Ich werde sehen, ob ich nicht eine Hilfe für dich finde.“
Sofort spürte Herm die Gelegenheit, die sich ihm bot. Er war als Gast willkommen, aber ein Gast konnte nicht ewig bleiben, schon gar nicht, wenn er so pleite war wie Herm.
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