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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Boden.
    »Euer Gnaden, kennt Ihr Caedmon von Canterbury?«, begann ich.
    »Ja, ich kenne ihn«, nickte Fra Piero, ohne den Blick zu heben. »Bruder Caedmon war einige Wochen in unserer Abtei. Das war ...« Er überlegte kurz. »... vor einem Jahr. Im Winter. Einige Wochen vor meiner Abreise zum Konzil nach Ferrara.«
    »Woher kam er?«
    »Aus Rom, soweit ich weiß. Er erzählte mir, dass er von Canterbury nach Rom gepilgert sei, um eine schwere Schuld zu sühnen und Vergebung zu erlangen.«
    »Warum ist er nach dem Ende seiner Pilgerreise nicht von Rom zurück nach England gesegelt, sondern weiter nach Süden gewandert, nach Montecassino?«
    »Er offenbarte mir, dass es ihm unmöglich sei, jemals wieder nach England zurückzukehren. Wie Ihr wisst, hat der heilige Benedikt unser Kloster gegründet und liegt auch dort begraben. Montecassino ist das Mutterhaus unseres Ordens. Und von Canterbury Abbey, woher Bruder Caedmon stammt.«
    »Wisst Ihr, was in England geschehen ist?«
    »Nein, das hat er mir nicht anvertraut.«
    »Auch nicht während der Beichte?« Fra Pieros Blick huschte zum Papst.
    »Antwortet nach bestem Wissen und Gewissen!«, entband Eugenius den Abt von seiner Schweigepflicht.
    »Nein, et hat sein Vergehen nicht gebeichtet. Doch ich glaube, dass es ihn trotz seiner Buße in Rom noch immer reut.«
    »Was wisst Ihr sonst noch über Caedmon of Canterbury?«
    »Er ist fünfundzwanzig. Ein energischer junger Mann, der weiß, was er will. Hochgebildet. Spricht fließend Englisch, Französisch, Lateinisch, Griechisch und inzwischen auch recht gut Italienisch. Soweit ich weiß, lebte er eine Zeit lang am englischen Hof. Er ist sehr fromm. Und papsttreu. Ansonsten weiß ich nicht viel über ihn. Er ist der jüngste Sohn eines Earls aus dem Freundeskreis des Duke of Gloucester. Er war Mönch in Canterbury Abbey, hat aber auch dem Herzog als Sekretär gedient. Er hat ihm ein Empfehlungsschreiben ausgestellt.«
    »Humphrey of Gloucester?«, fragte ich verblüfft. »Der Lordprotector des jungen Königs hat Caedmon of Canterbury eine Referenz gegeben?«
    »Bruder Caedmon hat sie mir bei seinem Eintritt in Montecassino gezeigt.«
    »Und obwohl der Regent von England diesen Mann so sehr schätzt, dass er ihn weiterempfiehlt, kann Bruder Caedmon nicht in seine Heimat zurückkehren?«
    »So sagte er mir.«
    »Und was haltet Ihr von diesem Frater, Euer Gnaden?«
    »Ich bezweifle, dass er bis zu seinem Lebensende Mönch bleiben wird.«
    »Weil er die Gelübde nicht halten kann? Et ist ein attraktiver junger Mann.«
    »Nein, das ist es nicht. In Montecassino gab es einen jungen Mönch, der sich ... nun ja ...« Der Abt verstummte und blickte beschämt zu Boden.
    »... der sich ihm mit gewissen Absichten genähert hat?«
    »Bruder Caedmon führt ein gottgefälliges Leben«, beteuerte der Abt, wobei er meinem Blick auswich. »Caedmon of Canterbury ist hochgebildet und sehr ehrgeizig. Doch das ruhige, besinnliche Leben im Kloster ist nichts für ihn. Er nimmt den Grundsatz der Benediktiner, ›Ora et labora - Bete und arbeitet‹, sehr ernst. Sein unruhiger Geist sucht immer neue Herausforderungen. Deshalb wird er sich über kurz oder lang entschließen, wieder eine Stellung außerhalb des Konvents anzutreten.«
    »Er will mich in den nächsten Tagen aufsuchen. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass er sich bei mir als Sekretär bewerben will?«
    »Ja, ich glaube, das würde ihm gefallen.«
    »Ungeachtet der Tatsache, dass der Herzog von Gloucester offenbar große Stücke auf ihn hält - würdet Ihr als sein ehemaliger Abt ihn mir empfehlen?«
    »Ja«, nickte er. »Wenn Ihr ... bitte verzeiht! ... wenn Ihr ihn mit harter Hand führt. Er ist manchmal ein wenig eigensinnig. Er gleicht ... wie soll ich es ausdrücken? ... einem Esel, der zuverlässig schwerste Lasten schleppt, bergauf, bergab und selbst an hohen Steilklippen schwindelfrei und sicher. Aber manchmal bleibt der Esel stehen und weigert sich weiterzugehen. So wie Bruder Caedmon. Wenn er stehen bleibt, um über etwas nachzusinnen, geht er keinen Schritt weiter, als bis er die Entscheidung dazu getroffen hat.«
    »Würdet Ihr ihn gehen lassen?«
    »Wenn es sein Wunsch ist.«
    »Eine letzte Frage: Habt Ihr eine Erklärung dafür, dass Bruder Caedmon dem Metropoliten von Athen durch die Straßen von Florenz gefolgt ist?«
    Der Abt sah mich zuerst verblüfft an, doch dann nickte er. »Bruder Caedmon verehrt Niketas. Soweit ich weiß, stammt Seine Seligkeit aus dem Armenviertel

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