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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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hochzueilen und in Lucas Schlafgemach zu stürmen. Er weiß, dass du hier schläfst.«
    »Du lieber Himmel!«, stöhnte Alessandra, sprang aus dem Bett und griff nach ihrem Nachthemd, das sie sich hastig überwarf. Dann kniete sie sich vor eine Truhe und durchwühlte sie, bis sie fand, wonach sie suchte: eine schwarze Robe aus schimmerndem Samt, die ein wenig an mein zerrissenes Metropolitengewand erinnerte, mit einem Besatz aus Goldbrokat an den Ärmeln und einem weißen Hermelinkragen.
    Tayeb half mir aufzustehen und trat einen Schritt zurück, als Alessandra mir das Gewand ihres Vaters überzog und an den weiten Ärmeln herumzupfte, bis alles zu ihrer Zufriedenheit war. Sie lächelte still, als sie mich zum ersten Mal nicht im Mönchshabit oder im Priestergewand sah, sondern in einer Robe, die ihr Vater getragen hatte. Einen Fiorino für ihre Gedanken!
    »Tayeb, bringst du bitte Niketas in die Bibliothek? Ich werde mir rasch etwas anziehen, dann komme ich nach.«
    Tayeb legte seinen Arm um mich und stützte mich, als wir das Schlafzimmer verließen und die Treppe hinunterstiegen. Dann öffnete er mir die Tür zur Bibliothek.
    Unruhig lief Cosimo in dem von Kerzen erleuchteten Saal auf und ab und tuschelte leise mit Piero, der mit lässig verschränkten Armen an einem der Bücherregale lehnte.
    Als ich den Raum betrat, eilte Cosimo mir entgegen. »Euer Seligkeit! Ich habe von dem Attentat erfahren. Wie geht es Euch?«
    »Ich bin wohlauf«, versicherte ich ihm.
    »Vergebt mir, dass ich nicht früher gekommen bin! Aber Tito berichtete, Ihr hättet Opium genommen. Da hielt ich es für besser, Euch schlafen zu lassen.«
    »Ich danke Euch.«
    »Ihr seid blass! Wollt Ihr Euch nicht setzen?« Er wies auf die Bank eines der Lesepulte.
    Was hatte er denn? Erst holte er mich aus dem Bett, und nun ...
    »Ist etwas geschehen?«, fragte ich beunruhigt und tastete nach der Sitzbank, um mich darauf niederzulassen. Eine schreckliche Ahnung stieg in mir auf. Wo war Natanael?
    »Euer Seligkeit, es tut mir sehr leid, aber ich muss Euch ...«, begann Cosimo, als Alessandra den Raum betrat.
    »Guten Morgen, Cosimo«, begrüßte sie ihn und warf seinem Sohn am Bücherregal einen Blick zu. »Piero.«
    Cosimos Mienenspiel war nicht zu deuten, als er sie umarmte und auf beide Wangen küsste. »Entschuldige den Besuch zu dieser frühen Stunde. Ich muss dringend mit Seiner Seligkeit sprechen!«
    Aus dem Augenwinkel nahm ich Pieros irritierte Blicke wahr, die zwischen Cosimo, Alessandra und mir umherirrten. Wusste er von Alessandras Affäre mit seinem Vater? Ahnte er, dass sie die letzte Nacht in meinem Bett verbracht hatte? Sein Stirnrunzeln ließ mich das vermuten.
    Cosimo wirkte sehr ernst, als er sich mir zuwandte. »Nach dem Attentat habe ich meinen Gefolgsleuten befohlen, die Straßen der Stadt abzusuchen. Und sie haben ...« Er stockte. »Es tut mir aufrichtig leid.«
    Alessandra beobachtete mich mit der Hand vor den bebenden Lippen. Fürchtete sie einen Anfall? »Was?«, flüsterte ich atemlos.
    »Vergebt mir, Euer Seligkeit, aber ich weiß nicht, wie ich Euch diese furchtbare Nachricht schonend überbringen soll. Es tut mir so unendlich leid! Sie haben Rabbi Natanael vor der Synagoge am Mercato Vecchio gefunden. Euer Sekretär ist ermordet worden. Rabbi Natanael ist tot.«

Kapitel 19

    Mit geschlossenen Augen ruhte Niketas in den Kissen. Ich saß neben ihm auf dem Bettrand und strich ihm zärtlich über das Gesicht, doch er erwachte nicht. Nach seinen schweren Anfällen am frühen Morgen schlief er seit sechs Stunden wie ein Toter.
    Die Nachricht vom Tod seines Bruders hatte ihn in einem furchtbaren Status epilepticus zu Boden geworfen. Ich hatte ihn aufgefangen, als er stürzte, und im Arm gehalten, als er sich unter Qualen auf dem Boden wand. Ich hatte panische Angst, ich würde ihn schon heute Nacht verlieren!
    Dann war er endlich zur Ruhe gekommen, und ich hatte ihn auf meinen Knien gehalten, bis er eingeschlafen war.
    Cosimos traurigen Blick werde ich nie vergessen! Er ahnte, was zwischen uns geschehen war, und es verletzte ihn.
    Besorgt musterte ich das Silberfläschchen mit Natanaels Wundermittel auf dem Nachttisch, das Niketas nach dem Attentat und seinem Sturz letzte Nacht geleert hatte. Vor einer Stunde hatte Caedmon Natanaels Reisetruhe durchwühlt, aber keine weitere Phiole dieses Medikaments gefunden. Wusste Niketas, wie man es herstellte? Wohl kaum.
    Ich beugte mich über ihn, fuhr mit dem Finger die Konturen seines

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