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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Residenz in den Palazzo d'Ascoli ... ähm ... Was ich sagen will, ist ...«
    «... dass unser Freund Basilios Bessarion sich weigert, sich neben Euch in die Prozession einzureihen«, vollendete Markos Eugenikos seinen Satz. Der Metropolit von Ephesos, wie ich in ein funkelndes, königsblaues Brokatgewand gekleidet, hatte sein Pferd neben meines gelenkt.
    Markos von Ephesos, die ›marmorne Säule der Orthodoxie‹, wie ihn der Basileus respektvoll nannte, war eine Ehrfurcht gebietende Erscheinung. Das schulterlange Haar und der bis zum goldenen Brustkreuz wallende Bart des achtundvierzigjährigen Kirchenfürsten, der in Ephesos wie ein Heiliger verehrt wurde, waren weiß wie Schnee.
    Wir küssten einander die Hand.
    Nach seinem Studium hatte Markos einige Jahre als Lehrer gearbeitet, bevor er seinen gesamten Besitz verschenkte und die Mönchsgelübde ablegte. Als ich im Alter von acht Jahren in die kaiserliche Familie aufgenommen wurde, war Markos einer meiner Erzieher gewesen. Auf Befehl des Basileus hatte er aus mir, dem getauften Judenkind, mit Sanftmut und unerschöpflicher Geduld einen Christen gemacht.
    »Mein lieber Niketas, wollt Ihr mir die Ehre erweisen, mir an Bruder Basilios' Stelle den Platz an Eurer Seite zu gewähren?« Sein Lächeln war herzlich.
    »Sehr gern«, nickte ich.
    »Ich würde mich freuen, wenn Ihr in den nächsten Tagen zum Abendessen kämt, geschätzter Bruder. Ein Treffen in Eurer Residenz, dem Haus der ehrenwerten Kyria Alessandra, ist ... nun ja, wie soll ich sagen? ... nicht angemessen. Ich würde gern mit aller gebotenen Besonnenheit und Vertraulichkeit mit Euch über die bevorstehenden Konzilssitzungen sprechen. Ich bitte Euch, Bruder Niketas, lasst uns offen und ehrlich miteinander reden - so wie Ihr vor einigen Tagen mit dem Papst gesprochen habt.«
    »Ich werde kommen.«
    »Heute Abend?«
    »Wie Ihr wünscht, ehrwürdiger Markos.« Er lächelte. »Ich freue mich darauf.«
    In diesem Augenblick verließ der Basileus im purpurnen Staatsgewand den Palazzo Peruzzi, begab sich zu einem weißen Hengst und schwang sich in den Sattel. Kurz darauf setzte sich die endlose Prozession unter Trommelwirbel und Posaunenklang in Bewegung, den Borgo entlang, dann nach rechts in die mit Lorbeer und Myrte geschmückte Straße, die zum Domplatz führte.
    Auf beiden Seiten der Via del Proconsolo drängten sich fröhlich winkende Menschen mit bunten Fähnchen und Seidenbändern, die Arme dem Kaiser entgegengereckt, der die Florentiner segnete wie sonst die Byzantiner. Kleine Kinder wurden über die Köpfe ihrer Eltern gehoben oder auf Schultern gesetzt. Sie sollten sich später an dieses weltgeschichtliche Ereignis der Aufhebung des Schismas erinnern.
    »Seht Euch den Basileus an, Bruder Niketas!«, murmelte Markos von Ephesos neben mir und wies auf Ioannis. »Wie ein siegreicher Triumphator reitet er durch Florenz. Doch ist es wirklich ein glorreicher Sieg, den er zu erringen hofft, oder nur die glanzvollste und zugleich ruhmloseste Niederlage, die Byzanz je erlitten hat ... der demütigende Kniefall vor dem römischen Schismatiker ... die Preisgabe von allem, was wir als wahr und heilig verehren ... der Verrat am eigenen Volk ...«
    Verachtung und Zorn lagen in seinen Worten. Markos war ein entschiedener Gegner der Kirchenunion. In Ferrara hatte er mehrere erbitterte Dispute mit römischen Kardinälen geführt, die zumeist mit den Worten endeten: »Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass das Schisma nur beendet werden kann, wenn der Primat des römischen Papstes, der sich in seiner Selbstherrlichkeit mit Gott auf eine Stufe stellt, für nichtig erklärt wird.«
    »Verehrter Markos, ich will in der Hagia Sophia lieber christliche Messen nach lateinischem Ritus feiern als fünf Mal am Tag das ›Allahu akbar‹ des Muezzins von den Kuppeln hören.«
    »Verhandelt mit dem Sultan, so wie Ihr mit dem Papst geredet habt!«, forderte er mich auf. »Handelt, wie es Euch Euer Ziehvater, der Basileus - Gott hab ihn selig! -, gelehrt hat! Manuel war ein aufrechter, wahrhaftiger Mensch, ein Beschützer des orthodoxen Glaubens. Niketas, ich flehe Euch an: Besinnt Euch auf diese Tugenden. Besinnt Euch auf das, was Ihr im Grunde Eures Herzens seid.«
    Als ich wortlos die Hand hob, nickte er und drang nicht weiter in mich. Wir würden heute Abend reden.
    Ich wandte mich ab und blickte nach vorn zum Kaiser.
    Jungen, die acht oder neun Jahre alt waren, rannten ausgelassen lachend neben der Prozession her. Unter ihnen

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