Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
und byzantinischen Würdenträger durch die beiden äußeren Tore die Kathedrale betraten und ihre Plätze einnahmen.
Schweigend blieb Basilios an meiner Seite, bis ich mich auf einem Sessel neben dem Patriarchen niedergelassen hatte, der eilig für mich herbeigetragen worden war. Dann begab er sich an seinen Platz hinter dem Purpurthron des Basileus, der mich aufmerksam beobachtete.
Immer noch strömten die Würdenträger beider Kirchen aus aller Welt in die Kathedrale. Andere standen in kleinen Gruppen beisammen und diskutierten angeregt in Lateinisch, Griechisch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Deutsch. Ein babylonisches Sprachengewirr!
Cosimo und Piero suchten ihre Plätze in der ersten Reihe. Und dort war Alessandra! Tito und Caedmon begleiteten sie. Und jener Mann dort - war das nicht Tayeb?
Während die Bischöfe die Stufen der Tribünen emporstiegen, um zu ihren Sitzen zu gelangen, glitt mein Blick hinauf zum Oculus in der gewaltigen Kuppel. Dort oben hatte Alessandra mit dem Mönch gerungen und den Todessprung gewagt. Aus welch unglaublicher Höhe hatte sie sich am Seil hinabgestürzt!
Mir gegenüber, auf der anderen Seite des Altars, hatte Papst Eugenius auf einem mit weißgoldenem Damast bezogenen Thron Platz genommen, zu dem mehrere Stufen hinaufführten. Über dem Papst schwebte ein hoher Baldachin aus purpurnem Samt, ähnlich dem über dem Thron des Kaisers. Wenige Schritte entfernt hatten die Kardinäle Aufstellung genommen - Giuliano Cesarini, Ambrogio Traversari und Niccolò Albergati, der Vorsitzende des Konzils. Und dort drüben stand Fra Antonino, der Prior von San Marco.
Ludovico Scarampo war offenbar noch nicht aus Rom zurückgekehrt. Und auch der Prunksessel von Giovanni Vitelleschi blieb leer. Die beiden engsten Vertrauten von Papst Eugenius waren abwesend.
Der Pontifex nickte mir zu, und ich erwiderte seinen Gruß.
Die Portale wurden geschlossen. Endlich verstummte das aufgeregte Gemurmel der Delegierten in abwartendem Schweigen. Es wurde still in der Kathedrale, als der Papst sich von seinem Thron erhob und zum Altar hinüberschritt.
Während des langen Pontifikalamtes blickte ich mich immer wieder um. Markos starrte zur Domkuppel hinauf, murmelte ein Gebet und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen - er sprach kein Wort Latein und empfand den Gottesdienst als pure Häresie. Seine Hoffnung, die römischen Schismatiker während des Konzils zum orthodoxen Glauben zurückzuführen, hatte er wohl endgültig aufgegeben.
Basilios, der wie ich wegen seiner versöhnlichen Haltung gegenüber den römischen Häretikern des Verrats an der Orthodoxie bezichtigt wurde, folgte aufmerksam der Liturgie.
Der Patriarch barg sein Gesicht in den Händen und lauschte konzentriert den lateinischen Gebeten, deren Sinn er nicht verstehen konnte.
Ich legte ihm die Hand auf den Arm, und er blickte auf. »Wenn Ihr gestattet, Allheiligkeit, werde ich Euch die Gebete und Choräle ins Griechische übersetzen!«
»Evcharistó, Niketas. Ich würde wirklich gern verstehen, was der Papst sagt und was er dort am Altar tut!«
»Er feiert die Eucharistie«, erklärte ich ihm. »Eben hat er in der Epiklesis Gott angerufen. Nun wird er das Gebet des Herrn sprechen. Dann folgt die Kommunion für die Gläubigen.«
Der Patriarch runzelte die Stirn. »Niketas, mein lieber Junge, werdet Ihr aus den Händen des römischen Papstes die Kommunion empfangen?«
Ich schüttelte langsam den Kopf. Er lächelte erleichtert, ergriff meine Hand auf der Lehne meines Sessels und drückte sie ermutigend. »Ich bewundere Euch, Niketas. Ich kenne Euer inneres Ringen.«
»Es zerreißt mich«, gestand ich leise. »Mein Herz und meinen Verstand. Mein Gewissen.«
»Ich weiß, wie sehr Ihr leidet und welches Opfer Ihr bringt, mein Sohn! Ich habe die allergrößte Hochachtung vor Euch.«
»Vor einem verachtenswerten Häretiker, der seinen orthodoxen Glauben verrät?«, fragte ich - zugegeben, es klang verbittert.
»Diejenigen, die Euch einen Verräter nennen, haben nicht den Mut, dasselbe zu tun, was Ihr getan habt«, antwortete er ruhig. »Unser Herr sprach: »Selig, die Frieden stiften, denn sie werden ein reines Herz haben. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig ihr, die ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt werdet. Freut euch, denn euer Lohn im Himmelreich wird groß sein.«
»Evcharistó!«, erwiderte ich dankbar.
Ich blickte zum Altar
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