Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
Kaiser ... ermordet! Dass er ... in Byzanz ... herrscht.«
Er redete so leise, dass ich ihn kaum noch verstand.
»Wer, Selim? Wer will den Basileus ermorden? Um Gottes willen, was ...«
»Versprich es mir!«, stieß er mit letzter Kraft hervor.
»Ich verspreche es. Weißt du, wer das Attentat befohlen hat? Murad? Oder Demetrios?«
Mit einem letzten röchelnden Atemzug hauchte der Prinz sein Leben aus. Ein schmales Rinnsal aus Blut rann über die Wange in seinen Bart.
Selim war tot.
Sanft schloss ich ihm die Augen. »Allah sei dir gnädig, mein Freund. Mögest du endlich Frieden finden!«
Basilios trat neben mich und reichte mir die Hand, damit ich aufstehen konnte. Wortlos half er mir aus der blutgetränkten Robe, die er an Leandros weiterreichte.
Dann umarmte er mich.
Bei Sonnenuntergang ließ ich mich von meinen Leibwächtern in den Borgo Pinti eskortieren. Die Residenz des Metropoliten von Ephesos lag in unmittelbarer Nähe des Palazzo Ferrantini, wo Patriarch Joseph mit seiner Gefolgschaft wohnte.
Markos' Sekretär empfing mich mit einem entschuldigenden Lächeln. Seine Seligkeit habe noch eine Unterredung mit einem Abgesandten des Patriarchen Philotheos von Alexandria. Wie ich ja wisse, vertrete Markos von Ephesos während des Konzils die Interessen des alexandrinischen Papstes.
In diesem Augenblick wurde die Tür zum Arbeitszimmer geöffnet, und ein Ägypter im schwarzen Mönchshabit erschien. Als er mich im Metropolitengewand erblickte, wandte er sich jählings ab und zog die Kapuze über den Kopf, um sein Gesicht zu verhüllen. Stirnrunzelnd sah ich ihm nach, als er mit wehendem Habit die Treppe zum Hof hinuntereilte.
Mit einem strahlenden Lächeln kam mir mein ehemaliger Lehrer entgegen und ergriff meine Hand, um sie mit den Lippen zu berühren. »Verehrter Niketas! Wie schön, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid!«
Mit einer weiten, einladenden Geste bat Markos mich herein.
»Setzen wir uns an den Kamin! Wenn es Euch genehm ist, lasse ich unser Mahl, eine einfache Fastenspeise, in einer Stunde auftragen.« Markos wandte sich an seinen Sekretär, der an der Tür wartete. »Lasst das Mahl in mein Arbeitszimmer bringen! Kyrios Niketas und ich werden hier speisen. Wir wollen nicht gestört werden!«
»Ja, Kyrie!« Der Mönch wollte sich schon zurückziehen, als Markos ihn aufhielt: »Stellt fest, in welchem Kloster oder Hospiz Bruder Leonidas unterkommt. Falls er Schwierigkeiten hat, wegen des Konzils ein Bett zu finden, und Euch um Gastfreundschaft bittet, dann schickt ihn fort. Ich will nicht, dass er in meinem Palast schläft.«
»Wie Ihr wünscht, Euer Seligkeit!«
Der Sekretär schloss die Tür hinter sich.
Nachdem ich in einem Sessel vor dem Kaminfeuer Platz genommen hatte, bot mir Markos einen Becher mit stark verdünntem Wein an, den ich dankend annahm. Dann ließ er sich neben mir nieder.
»Wer war der Mönch, den Ihr eben empfangen habt?«, fragte ich und nippte an meinem Becher.
Markos kniff die Augen zusammen, als er mich ansah - er war ein wenig kurzsichtig. »Bruder Leonidas ist ein Abgesandter von Patriarch Philotheos. Er lebt als Mönch im Katharinenkloster im Sinai.«
»Das Kloster ist berühmt für seine antike Handschriftensammlung«, bemerkte ich. »Die großartige Bibliothek soll über mehr als dreitausend Papyri, Pergamente und Codices verfügen.«
»Das ist wahr«, nickte Markos, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und fuhr sich durch den langen weißen Bart. »Bruder Leonidas ist der Bibliothekar des Katharinenklosters. Ein Kenner antiker griechischer Papyri.«
»Und warum schickt Philotheos ihn nach Italien?«, fragte ich verwundert. »Gibt es denn in Florenz derartige Handschriften?«
Markos zögerte einen Augenblick, doch dann nickte er. Seine um das Panagia-Medaillon gefalteten Hände verkrampften sich. Er schien sich zu fragen, was er mir anvertrauen durfte, und was nicht. Schließlich traf er eine Entscheidung. »Bruder Leonidas hat mir mitgeteilt, dass der Patriarch von Alexandria mich um meine Unterstützung bittet. In einer eingestürzten Synagogenruine außerhalb von Alexandria ist offenbar ein bislang unbekanntes Evangelium gefunden worden.«
Meine Hände umklammerten die Armlehnen des Sessels.
»Ein fünftes Evangelium?«, fragte ich atemlos. Meine Bestürzung musste ich nicht heucheln.
Markos nickte bedächtig. »Ich war so fassungslos wie Ihr, als Bruder Leonidas mir eben davon berichtete. Ehrlich gesagt: Ich bin es immer noch!« Er atmete
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