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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Häusern verborgen. Seine Augen hatten im Feuerschein gefunkelt. Als er mich erkannt hatte, war er zurückgewichen und verschwunden.
    Ich war mir sicher: Er hatte die Genisa durchsucht. Und als er das Evangelium nicht fand, hatte er die Bücher und Schriftrollen in der vollgestopften Kammer angezündet.
    In diesem Augenblick fielen die glühenden Deckenbalken des Daches herab, durchschlugen den brennenden Holzboden des Gebetssaals und rissen den Tora-Schrein mit sich. Mit apokalyptischem Donnergetöse stürzte die Synagoge in sich zusammen.
    Caedmon hatte wie erstarrt neben mir gestanden und mit geballten Fäusten die panisch schreienden Menschen beobachtet, die sich vor dem Feuer in die Seitengassen geflüchtet hatten.
    »Es ist furchtbar, Rabbi«, hatte ich ihm zugerufen. »Kommt morgen in den Palazzo d'Ascoli. Ich werde mich an den Kosten für den Wiederaufbau der Synagoge beteiligen.«
    Dann war ich mit Caedmon, der seine Bestürzung über den Brand nicht vor mir verbergen konnte, nach Hause geeilt.

    »Bruder Leonidas hat den Palazzo beobachtet«, flüsterte Tayeb nun und nickte in Richtung des Campaniles, wo sich der ägyptische Mönch verborgen hielt. »Er hat uns gesehen und wird uns nach San Marco folgen. Wollen wir ihm entwischen? Wir könnten ...«
    »Nein, Tayeb. Ich bin das Versteckspiel leid. Es ist mir lieber, Philotheos' Assassino verfolgt mich, als dass er uns in einer finsteren Gasse auflauert. Wir werden an jeder Straßenecke stehen bleiben und uns nach ihm umdrehen. Er soll wissen, dass wir ihn bemerkt haben.«
    Tayeb und ich wandten uns nach Osten, umrundeten die Apsis der Kathedrale, überquerten die Piazza und verschwanden in der Via dei Servi, die am hell erleuchteten Palazzo Pucci vorbei zur Kirche Santissima Annunziata führte.
    »Hast du die Papyri vorbereitet?«, fragte ich Tayeb, der sich während der Nachmittagsstunden zu einer längeren Siesta in seine Räume zurückgezogen hatte.
    »Sie liegen im Tonkrug.«
    »Und der Staub?«
    »Erinnerst du dich an den Sand, der während unserer Flucht die Papyrusfragmente schützte? Ich habe ihn aufgehoben. Er riecht noch nach der Wüste.«
    Den Sand, den ich beim Herausnehmen der Fragmente achtlos auf den Schreibtisch rinnen ließ, hatte Tayeb aufbewahrt? Erstaunt sah ich ihn an, und er erwiderte meinen Blick ernst und traurig. Tayeb hatte Sehnsucht nach der Wüste. Nach Agadez und Timbuktu. Gerührt ergriff ich seine Hand und drückte sie. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    Am Ospedale degli Innocenti, dem Hospiz der unschuldigen Kinder gegenüber der Kirche der Serviten, hielten wir inne und schauten uns um. Wo war Bruder Leonidas? Dann gingen wir weiter zur Piazza San Marco und an den Mauern des Konvents entlang zur Rückseite des Bibliotheksgebäudes.
    Dort bogen wir um die Ecke und waren außer Sichtweite.
    Tayeb blieb stehen. »Wenn wir über diesen Baum da hinaufklettern ...« Er wies auf das Dach eines einstöckigen Nebengebäudes des Klosters. »... dann können wir von dort auf das Dach des Bibliothekssaals gelangen.«
    Mein Blick glitt am Mauerwerk empor. »So machen wir's!«
    Ich raffte meinen Dominikanerhabit und zog mich an den tief hängenden Ästen empor, bis ich das schräge Ziegeldach erreichte. Drei, vier, fünf Schritte, dann stand ich vor dem schwarzen Abgrund, der die Nebengebäude von dem Büchersaal in der Mitte des Konvents trennte. Er war nicht breit. Ich wich zurück, nahm Anlauf, rannte über die Ziegel und sprang. Krachend landete ich auf dem Dach der Bibliothek und ließ mich flach auf die Ziegel fallen, um nicht abzustürzen.
    Die Tauben, die unter dem Dachstuhl nisteten, flatterten erschrocken aus ihren Nestern und stoben davon. Dann sprang Tayeb zu mir herüber und legte sich neben mich.
    Wenn sich nach dem Nachtoffizium noch ein Mönch in der Bibliothek aufhielt, musste er uns gehört haben. Und die Zelle von Serafinos Nachfolger als Bibliothekar des Klosters war nur wenige Schritte entfernt unter dem offenen Dachstuhl.
    Wir horchten in die nächtliche Stille ...
    ... und schraken zusammen, als die Glocke von San Marco schlug - ein, zwei, drei Mal.
    Wir hielten den Atem an, doch dann verstummte sie. Viertel vor zwei.
    Tayeb richtete sich auf. »Komm!«
    Ich stieg über den First hinweg und folgte ihm auf Zehenspitzen über das Ziegeldach der Bibliothek bis zum Kreuzgang mit den Zellen der Mönche im oberen Stockwerk.
    In der Zelle direkt neben der Basilika brannte Licht! Der schwache Schimmer einer Kerze fiel

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