Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
Eugenius, noch in dieser Nacht mit Cosimo zu reden, und verabschiedete mich. »Buona notte, Bruder Gabriel.«
»Kali nichta, Bruder Niketas«, murmelte er mit immer noch zornglühendem Gesicht. »Ich stehe tief in Eurer Schuld.«
Ich nickte ihm zu. Dann wandte ich mich um und verließ das Arbeitszimmer.
Caedmon sprang erwartungsvoll auf. »Was ist?«, fragte er. »Ihr seht besorgt aus.«
Ich winkte ihm, mir zu folgen. Wir eilten die Treppe hinab zum Chiostro Grande, der verlassen vor uns lag. Die Mitternachtsmesse war längst beendet, die Mönche schliefen.
»Ich muss zu Cosimo.«
Caedmon öffnete mir das Tor und ließ mich in den Chiostro Verde. »Jetzt noch? Es ist schon nach Mitternacht.«
»Caedmon, geht nach Hause, und richtet Alessandra aus, dass ich heute Nacht im Palazzo Medici übernachten werde. Sie soll sich keine Sorgen machen.«
»Was ist geschehen, Mylord?«
»Der Papst will das Konzil nach Rom verlegen und hat sich deshalb mit Cosimo angelegt.« Caedmon stöhnte. »O nein!«
»Packt Eure Reisetruhe wieder aus! Die Condottieri des Herzogs von Mailand nähern sich Florenz. Ihr könnt morgen nicht nach Rom aufbrechen. Das ist viel zu gefährlich!«
»Aber ...«
Ich hob die Hand und gebot ihm zu schweigen.
Er senkte den Blick und folgte mir durch den Kreuzgang. Unter den Arkaden kam uns ein Dominikaner mit hochgeschlagener Kapuze entgegen - sein Gesicht war im tiefen Schatten verborgen. Caedmon, der neben mir ging, blieb plötzlich stehen. Der Dominikaner sah auf, erkannte ihn im Licht der Fackeln an den Säulen, wirbelte herum und hastete zurück. Der Mönch, den Vitelleschi nach Florenz geschickt hatte!
Caedmon zog seinen Dolch und rannte ihm nach.
»Wartet!«, rief ich ihm nach. »Caedmon!«
«... Marco getötet ...«, hörte ich noch, bevor er das Ende des Kreuzgangs erreichte und mit wehendem Gewand in den Torgang stürmte, der auf die Piazza führte. Dann hatte ich ihn aus den Augen verloren.
Ich folgte ihm, so schnell ich konnte. Er hatte nur wenige Schritte Vorsprung. Das schwere Portal des Klosters stand weit offen, und ich rannte hinaus auf die Piazza. Wo waren meine Leibwächter? Dort vor der Kirche hockten sie und spielten mit ihren Würfeln! Als sie mich erkannten, sprangen sie auf und eilten mir entgegen.
»Haltet den Dominikaner auf!«, rief ich ihnen zu und zeigte auf den Frater, der mit wehendem Skapulier über die Piazza rannte und in einer dunklen Seitengasse verschwand. »Folgt Caedmon!«, befahl ich. »Er ist in größter Gefahr!«
Wohin war Caedmon verschwunden? Um mich herum war es dunkel und still. Im Schein der Fackeln an der Fassade des erzbischöflichen Palastes sah ich eine Katze über die silbrig schimmernden Pflastersteine huschen.
Ich blieb stehen und lauschte. Kein Laut war zu hören.
Ein Schrei.
Ich schrak zusammen und blinzelte in die Finsternis. War da nicht eine Bewegung? Dort, in dem schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern?
Ein Fauchen. Ein Schmerzenslaut. Zwei Katzen kämpften miteinander.
Ich atmete langsam aus und umklammerte das Heft des Dolches. Lautlos schlich ich weiter und bog nach links ab in eine Gasse, die zur Baustelle von San Lorenzo führte. Schritt für Schritt tastete ich mich vorwärts, die linke Schulter an der Hauswand, den Dolch in der rechten Hand.
Schritte.
Ich huschte in eine schmale Seitengasse, lehnte mich gegen eine Hauswand und spähte vorsichtig um die Ecke.
Die Gasse war leer, so weit ich sehen konnte.
Kurz darauf hatte ich San Lorenzo erreicht. Vor mir ragten die Pfeiler des unvollendeten Kirchenschiffs empor.
Erneut blieb ich stehen und lauschte in die Stille. Ganz in der Nähe bellte ein Hund, winselte gequält und verstummte. Die Glocke der Kathedrale läutete. Es war halb zwei.
Wo war Caedmon? Und wo waren meine Leibwächter, die ihm folgen sollten?
Nur noch ein paar Schritte, und ich hatte die Via San Gallo erreicht. Nach links ging es an den Ständen der Ablasshändler vorbei zum Kloster San Marco, nach rechts zum Domplatz.
Ein leises Schlurfen - hinter mir.
»Lass den Dolch fallen, du verdammter Verräter!«, drohte eine Stimme mit römischem Akzent. »Du kannst deinem Schicksal nicht entfliehen!«
Ich fuhr herum. Der Dominikaner stand keine fünf Schritte entfernt und drohte mir mit seiner Klinge.
Als er mein Gesicht erkannte, zuckte er zurück. »Ihr seid nicht Bruder Caedmon!«
Offenbar war er mir gefolgt, weil er mich in meinem schwarzen Habit für einen Benediktiner hielt.
Meine Finger
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