Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
für ein anderes! Eine Vendetta ist ein menschenverachtendes, grausames und sinnloses Spiel, bei dem es niemals einen Sieger gibt, sondern nur viel zu viele Verlierer. Denn es wird erst enden, wenn der letzte Orsini den letzten Colonna erschlagen hat. Dann hat jener Orsini den Sieg errungen und die Macht gewonnen. Dann ist er der unangefochtene Herrscher über ein weites Gräberfeld namens Rom. Welch ein Sieg!«, rief ich verächtlich. »Oder ist es am Ende gar kein Sieg, sondern nur eine triumphale Niederlage? Was meint Ihr, Condottiere?«
    Cesare Orsini fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht und atmete langsam aus. Es fiel ihm schwer, sich zu beruhigen.
    »Erzählt mir, was in Alexandria geschehen ist«, bat er schließlich. »Ich weiß nur, dass Napoleone Euch nach Eurem überstürzten Aufbruch Ende November von Florenz nach Pisa gefolgt ist und in letzter Minute das Schiff nach Ägypten erreichte. Wenige Tage vor Weihnachten hattet Ihr eine Audienz bei Patriarch Philotheos.«
    »Woher wisst Ihr das?«
    »Napoleone hatte einen Bericht an Vitelleschi geschickt, der mit dem Schiff über Neapel in Rom eintraf. Der Kardinal hat ihn mir gezeigt. Er hatte mich in den Vatikan rufen lassen, um mir mitzuteilen, dass er nach Ferrara reisen wolle. Das war Anfang Januar, wenige Tage nach Epiphanias.«
    »Wie habt Ihr von Napoleones Tod erfahren?«
    »Durch einen Brief des Patriarchen. Philotheos forderte Vitelleschi auf, ihm etwas zurückzugeben, das Ihr bei Eurer Flucht aus Alexandria mitgenommen hattet. Einen antiken Codex, eine Papyrusrolle, ein Pergament - was weiß denn ich! Der Kardinal hat diesen Benediktinermönch, der ihn beinahe totgeprügelt hat, als er von Marco Colonnas Tod erfuhr, diesen ... wie war noch sein Name?«
    »Caedmon of Canterbury«, half ich ihm. »Sein ehemaliger Sekretär.«
    »Ja, so hieß er. Er hat Bruder Caedmon befohlen, danach zu suchen.«
    Ich nickte. »Was wisst Ihr über Marcos Tod?«
    Cesare seufzte. »Marco hatte Vitelleschi als Antichrist beschimpft. Der Kardinal hat mir befohlen, ihn festzunehmen und von Montecassino nach Rom zu bringen. Er ist in Santa Maria sopra Minerva gestorben, nachdem er gefoltert worden war. Hätte ich gewusst, dass Vitelleschi meinen Cousin hinrichten lässt, hätte ich seinen Befehl nicht befolgt. Seit jener Straßenschlacht nahe der Engelsburg, wo er so schwer verwundet wurde, dass er beinahe gestorben wäre, hat Marco versucht, sich aus dem endlosen Krieg zwischen Orsini und Colonna herauszuhalten. Ich hatte Marco sehr gern.«
    »Ich auch. Erst vor wenigen Tagen habe ich erfahren, dass mein Cousin tot ist.«
    Cesare nickte versonnen.
    Einer seiner Gefolgsleute näherte sich. Als er uns nebeneinander im Laub liegen sah, runzelte er die Stirn.
    Cesare richtete sich auf. »Was ist? Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?«
    »Bitte verzeiht, Euer Gnaden! Die Männer warten auf Euch. Sie sind bereit zum Aufsitzen.«
    »Nicht jetzt!«
    »Ich dachte, Ihr wolltet heute noch nach Siena reiten. Das sind dreißig Meilen, und es ist schon Nachmittag. Wenn wir nicht bald aufbre...«
    »Was ich will und was nicht, werde ich dich zu gegebener Zeit wissen lassen«, herrschte Cesare ihn an. »Und jetzt lass uns allein.«
    »Wie Ihr befehlt, Euer Gnaden.«
    Der Mann verschwand hastig zwischen den Bäumen.
    Cesare lauschte eine Weile auf das Rascheln der trockenen Blätter und das Knacken der Äste, das die sich entfernenden Schritte verursachten.
    Ich ließ mich ins Laub zurücksinken. »Der Kommandoton eines Condottiere!«, lächelte ich anerkennend. »Du hast deine Männer gut im Griff, verehrter Cousin.«
    Zuerst musterte er mich erstaunt wegen meines vertraulichen Tons, doch dann schüttelte er den Kopf und lachte, als hätte ich einen Scherz gemacht. Er legte sich neben mich.
    »Worüber amüsierst du dich?«, fragte ich irritiert.
    »Über deine Unverfrorenheit«, schmunzelte er. »Dein Großvater war genauso. Gegen den Willen seiner Familie hat Marcantonio Colonna eine Orsini geheiratet. Ich habe ihn sehr bewundert, als Feldherr wie als Mensch. Ich diente in seinem Heer, als er Papst Martins Condottiere war.« Er hielt sich das schmerzende Kinn und verzog die Lippen. »Hat der alte Haudegen dich gelehrt, so hart zuzuschlagen?«
    »Mein Vater hätte ihm die Leviten gelesen, wenn er das getan hätte, und mein päpstlicher Cousin hätte ihm mit dem Kirchenbann gedroht. Du weißt doch, Cesare: Die römische Kirche verabscheut die Gewalt zutiefst, verurteilt

Weitere Kostenlose Bücher