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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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dass ich in Rom bin. Und gib ihm Scarampos Nachricht.«
    Der Papst und der Erzbischof von Florenz waren bestürzt gewesen, als ich ihnen Alessandras langen Brief aus dem Kerker der Engelsburg vorlas, den sie nach ihrer Unterredung mit Vitelleschi verfasst hatte, um mich vor dem Kardinal des Satans zu warnen. Bei meiner Abreise aus Florenz hatte Scarampo mir eine Nachricht für seinen Freund Antonio Rido mitgegeben.
    »Vielleicht lässt er mich kurz mit Alessandra reden. Ich will sehen, ob es ihr gut geht. Dann hole ich Tito.« Tayeb klopfte auf seine Satteltasche, in der er Lucas Dominikanerhabit verstaut hatte.
    »Warte, bis der Kardinal mit seinem Gefolge den Palast betreten hat, und stell fest, ob er Alessandra mitgebracht hat. Dann lass ein paar Minuten verstreichen, bevor du völlig atemlos in den Saal stürmst.«
    »Wie besprochen!« Tayeb grinste verschmitzt. »Schade, dass ich deinen großen Auftritt verpasse!«
    »Wenn du rechtzeitig kommst, versäumst du nur den ersten Teil. Wir sehen uns in eineinhalb Stunden.«
    Wir ließen Tayeb am Castel Sant’Angelo zurück und überquerten die Engelsbrücke. Doch anstatt der Via Papalis nach Osten zu folgen, bogen wir nach links ab in die schmale Via dei Coronari. An den Läden der Rosenkranzmacher und den zur Straße offenen Werkstätten der venezianischen und byzantinischen Mosaikschneider führte uns Fra Leonardo zur Piazza Navona und weiter zum antiken Pantheon, das nun eine christliche Kirche war. Wenige Schritte weiter überragte die Fassade von Santa Maria sopra Minerva eine Piazzetta.
    Fra Leonardo stieg steifbeinig vom Pferd, presste beide Hände in den Rücken, streckte sich nach dem stundenlangen Ritt und verzog von Schmerzen gequält das Gesicht. Dann reichte er die Zügel einem herbeieilenden Schergen der Inquisition und begab sich gemessenen Schrittes zum Dominikanerkloster, um den ehrwürdigen Prior, Fra Mariano da Palestrina, zu einer Audienz mit mir in den Lateranpalast zu geleiten. Er würde ihm verkünden, dass Niketas ihn zu sprechen wünschte - und keinen meiner Titel erwähnen.
    Fra Mariano kannte mich aus Ferrara, wo er bis zum Ausbruch der Pest im letzten September päpstlicher Konzilsberater für Fragen zur Inquisition gewesen war. Als Vitelleschis Vertrauter kannte er gewiss die Gerüchte über meine bevorstehende Investitur als Kardinal und Erzbischof von Florenz sowie meine geplante Ernennung zum Patriarchen von Konstantinopolis durch meinen Bruder, den Kaiser. Ich ließ ihn in dem Glauben.
    »Fra Leonardo!«, rief ich ihm nach. »Vergesst den Stadtplan mit den sieben Wallfahrtskirchen nicht!«
    »Wie Ihr befehlt, Euer Eminenz!«, schmunzelte er und betrat die Kirche.
    Ich wendete mein Pferd und trabte mit Leandros und den zwanzig Leibgardisten nach Süden, zur Via Papalis. Zehn Tage nach Vitelleschis Triumphzug war die Straße noch immer prächtig geschmückt. Die roten und weißen Blüten waren verwelkt und die Lorbeerzweige vertrocknet, doch die Triumphbögen, die seinen Sieg über die Colonna verherrlichten, waren nicht abgerissen worden.
    Kardinal Vitelleschi hatte in seinem Leben wohl jede Todsünde begangen. Stolz, Hochmut und Eitelkeit schienen neben seiner Herrschsucht und seinem aufbrausenden Temperament jedoch seine hervorragendsten Charaktereigenschaften zu sein.
    Mit meinen Begleitern folgte ich der päpstlichen Zeremonialstraße zum Kapitol und zum Forum Romanum, wo zwischen den Ruinen von Tempeln und Palästen und dem halb im Boden versunkenen Triumphbogen des Kaisers Titus eine Herde Kühe weidete. An der Ruine eines antiken Säulentempels lehnte der windschiefe Bretterverschlag eines Bettlers, der mir flehend seine Hand entgegenstreckte. Und auch im einsturzgefährdeten Senatsgebäude, das zur Festung umgebaut worden war, und unter dem halb verschütteten Siegesbogen des Septimius Severus schienen Arme ihr Dasein zu fristen.
    Ich war erschüttert, als ich die verfallenen Überreste imperialer Macht betrachtete. Das Kapitol, ehemals Mittelpunkt des Imperium Romanum, war eine Weide für Schafe und Ziegen, der Palatin, wo einst die Kaiser residierten, war ein Ruinenfeld und der Esquilin ein verwilderter Weinberg!
    »Byzanz liegt im Sterben, aber Rom ist schon tot«, sprach Leandros aus, was ich dachte.
    »Und ihre Wiedergeburt wird in Florenz stattfinden, dem Mittelpunkt der christlichen Welt«, ergänzte ich, und er nickte.
    »Ich kann verstehen, dass Kyrios Basilios in Florenz bleiben will«, murmelte er, ohne seine Worte

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