Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
Piazza war verlassen - meine Männer hatten unsere Pferde in den Stall des benachbarten Benediktinerklosters geführt. Mein Blick schweifte über die Weingärten und Obstplantagen bis zur Stadtmauer und zur Kirche Santa Croce in Gerusalemme, die eine halbe Meile entfernt war.
    Tito trat zu mir. Er trug Lucas Dominikanerhabit. Mit einem Seitenblick auf Fra Mariano, der beunruhigt zu uns herübersah, flüsterte er: »Tayeb wartet in der Basilika, an Papst Martins Grab. Er hat mit Alessandra gesprochen. Es geht ihr gut.«
    Er wollte noch etwas hinzufügen, schwieg dann jedoch.
    »Danke, Tito.«
    Er wandte sich um und überblickte den großen Thronsaal. »Was soll ich tun?«
    »Wird Vitelleschi Euch erkennen?«
    »In den vergangenen Jahren war er einige Male in der Bibliothek des Palazzo d'Ascoli, aber Luca hat mich ihm nie vorgestellt, weil ich der Familie Colonna von Geburt an verbunden bin. Ich glaube nicht, dass der Kardinal sich an mich erinnert.«
    »Dann gehört Ihr nun zu meinem Gefolge. Zieht Euch die Kapuze über den Kopf, damit er nicht bemerkt, dass Ihr keine Tonsur tragt. Stellt Euch dort drüben neben Fra Leonardo auf.«
    Er grinste verschmitzt. »Ein Dominikaner, ein Franziskaner, ein Basilianer. Etliche Benediktiner, die geschäftig durch den Lateranpalast eilen, um fünf Jahre nach der Plünderung Ordnung zu schaffen. Zwanzig kaiserliche Palastwachen. Und zudem der Prior von Santa Maria sopra Minerva, der Euch ehrerbietig mit Euer Eminenz anspricht, obwohl Ihr nur einen schlichten Mönchshabit tragt. Keine Rangabzeichen, keine Titel. Das alles wird Vitelleschi zutiefst verunsichern.«
    »So hatte ich es mir gedacht!«, lächelte ich. Hufgetrappel auf der Piazza. Ich sah aus dem Fenster.
    Umgeben von einer Schar seiner Leibgardisten ritt Vitelleschi auf den Platz. Vor der Statue des Marcus Aurelius sprang er vom Pferd, strich sich die Purpursoutane glatt und blickte hinauf zu den Fenstern des Lateranpalastes.
    Seinen verkniffenen Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten. War er zornig? Oder beunruhigt?
    Der Hauptmann meiner Leibwache, der ihm meine Nachricht übermittelt hatte, wies auf das Portal der Lateranbasilika und geleitete den Kardinal und sein Gefolge in die Kathedrale des Papstes und von dort die Treppe empor in den Audienzsaal.
    Ich schlenderte hinüber zum Thron und nahm Platz - wie ein päpstlicher Legat in offizieller Mission.
    Vitelleschi rauschte in den Saal und blieb abrupt am offenen Portal stehen, als er mich erblickte. Der Mann im silbernen Harnisch, der ihm mit zehn Leibgardisten auf dem Fuße folgte, hätte ihn beinahe umgerannt. Von der Tür aus musterte Vitelleschi, der überrumpelte Feldherr, mit angespannten Schultern das Schlachtfeld, auf das er gelockt worden war. Sein Blick wanderte zu Fra Mariano, der an meiner Seite stand - wenngleich er sich angesichts der drohenden Konfrontation am liebsten aus dem Staub gemacht hätte.
    Ich tat, als hätte ich Vitelleschis Eintreten übersehen. Er sollte Zeit haben, seine Lage abzuschätzen.
    Tito trat vor den Thron und meldete mit lauter Stimme: »Seine Hochwürdigste Eminenz, Giovanni Vitelleschi, Kardinal der Sancta Romana Ecclesia, lateinischer Patriarch von Alexandria, Dritter Pater Patriae seit Romulus, Regent von Rom, Bannerträger Seiner Heiligkeit des Papstes und ...«
    Nun geruhte ich, ihn zu bemerken.
    »Ah, Giovanni, da seid Ihr ja!« Ich erhob mich und ging ihm einige Schritte entgegen.
    »Ihr habt den Lateranpalast eigenmächtig besetzt«, fauchte er. »Ihr sitzt auf dem Thron des Papstes und maßt Euch an ...«
    »Seid Ihr mit dem Wortlaut der Konstantinischen Schenkung vertraut, Giovanni?«, unterbrach ich ihn. »Nikolaus von Kues und Lorenzo Valla haben sie, wie Euch aus Lucas Korrespondenz bekannt sein dürfte, als kirchliche Fälschung entlarvt. Kaiser Konstantin hat den Lateranpalast niemals an die Päpste verschenkt. Aus staatsrechtlicher Sicht ist dieser Palast also immer noch ein Teil des Byzantinischen Reiches, und nicht Papst Eugenius, sondern mein Bruder, Kaiser Ioannis, regiert hier. Ihr seid mein geehrter Gast, Giovanni. Falls es Euch also beliebt, auf jenem Sessel dort drüben Platz zu nehmen ...«
    Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und ging zu dem Offizier, der nach ihm den Saal betreten hatte. Als ich ihm die Hand entgegenstreckte, fiel er auf die Knie und küsste sie. »Ich bin Cesare Orsini, Euer Eminenz«, stellte er sich vor. »Condottiere Seiner Heiligkeit. Euch zu Diensten.«
    Aus dem Augenwinkel

Weitere Kostenlose Bücher