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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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hat er alles aufgegeben. Er hat den Dominikanerorden verlassen, sein Priesteramt niedergelegt und sich von Martin in den Laienstand zurückversetzen lassen. Und zwölf Jahre später hat ihn Martins Nachfolger Eugenius exkommuniziert und verbannt.«
    Ich holte tief Luft.
    »Luca hat in Konstanz ein Schisma beendet. Er wird gewiss kein neues heraufbeschwören, indem er sich zum Pontifex wählen lässt! Zwei rechtmäßig gewählte Päpste wollten Luca zum Erzbischof und zum Kardinal ernennen - er hat sich geweigert. Von einem häretischen Konzil in Basel wird Luca sich gewiss nicht zum Gegenpapst ernennen lass...«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, widersprach Cesarini energisch. »Luca würde nichts tun, was er nicht mit seinem Glauben und seinem Gewissen vereinbaren könnte - da stimme ich Euch uneingeschränkt zu.
    Der ›Richter Gottes‹ ist eine moralische Instanz: bescheiden, aufrichtig, wahrhaftig und damit unangreifbar. Mit anderen Worten: sakrosankt. Aber gerade deshalb ist er der geeignete Kandidat! Obwohl Eugenius sein Ansehen mit Füßen getreten hat, wird Luca von allen respektiert, bewundert und wie eine Ikone verehrt. Selbst die Griechen rühmen ihn als großen Kirchengelehrten, allen voran Niketas von Athen.
    Luca ist ein Heiliger. Die einzige Sünde, die er je begangen hat, war ... bitte verzeiht mir, Alessandra! ... wart Ihr, seine Tochter, zu der er sich schließlich bekannte und für die er am Ende alles aufgab!«

    Seine Worte rissen eine tiefe Wunde auf.
    Als Dreijährige hatte ich meinen Vater zum ersten Mal gesehen. Als päpstlicher Legat des in Konstanz gewählten Papstes Martin war er nach Rom zurückgekehrt. Meine Mutter hatte mich in die Sonntagsmesse der Dominikanerkirche Santa Maria sopra Minerva mitgenommen. Sie hatte mich im Arm gehalten, zärtlich geküsst, mir einen hochgewachsenen Dominikaner am Altar gezeigt und geflüstert: »Mein kleiner Schatz, das ist dein Vater, von dem ich dir schon so viel erzählt habe. Wie oft habe ich dir versprochen, dass er eines Tages zurückkehren wird nach Rom! Und schau, jetzt ist er da!«
    Ehrfürchtig hatte ich ihn angestarrt. Dieser mächtige Mann, vor dem alle demütig auf die Knie fielen, der am Altar Wunder vollbrachte und der mit donnernder Stimme über die Gewalten des Himmels und der Erde gebot, war mein Vater? Der lang ersehnte Vater, von dem mir meine Mutter erzählt hatte! Wie glücklich ich in diesem Augenblick gewesen war ...
    ... und wie traurig, als er mich entsetzt zurückstieß und sich nicht zu mir bekennen konnte, als meine Mutter ihm gestand, er habe eine kleine Tochter. Er hatte sich abgewandt und bitterlich geweint. Niemals würde ich den gequälten Ausdruck in Lucas Augen vergessen.

    Kardinal Cesarini legte mir tröstend die Hand auf den Arm. »Was, glaubt Ihr, wird geschehen, wenn der Papst durch das Konzil von Basel exkommuniziert wird? Wenn der Kaiser ohne Unionsdekret und ohne Kreuzzugsbulle nach Byzanz zurücksegelt? Machen wir uns nichts vor: Wir brauchen die Kirchenunion ebenso dringend wie der Kaiser! Denn wenn Byzanz erobert wird, stehen die Türken bald vor Venedig, Florenz und Rom! Die türkische Bedrohung wäre sehr wohl ein Grund für Luca, seine moralischen Bedenken in den Wind zu schlagen und die Macht in Rom zu übernehmen! Euer Cousin, Kardinal Colonna, wäre der Erste, der ihm die Treue schwört.«
    »Alessandra!«, hörte ich Tayeb rufen. »Sie kommen!«
    Ich wandte mich um und blickte zwischen den Bäumen hindurch zur Straße, wo sich Papst Eugenius und Kardinal Vitelleschi rasch näherten. Ich musste so schnell wie möglich verschwinden!
    »Und Ihr?«, fragte ich Cesarini, während wir zurückeilten. »Wie verhaltet Ihr Euch im Fall eines erneuten Schismas? Wenn es zum Schwur kommt: Für welchen Papst entscheidet Ihr Euch?«
    »Papst Martin, den ich sehr verehrt habe, hat mich vor dreizehn Jahren gleichzeitig mit seinem Neffen Prospero zum Kardinal ernannt. Ich habe nicht vergessen, wie viel er für mich getan hat! Zweifelt Ihr an meiner Loyalität gegenüber Eurer Familie, meiner Freundschaft mit Eurem Vater oder meiner Liebe zu Rom?«
    »Alessandra!«, drängte Tayeb ungeduldig. »Nun komm schon!«
    Ich blieb stehen und blickte Kardinal Cesarini in die Augen. »Ich vertraue Euch. Darf ich Luca Eure Worte so übermitteln?«
    »Ich bitte darum«, nickte er. »Sagt ihm, er sei in Lebensgefahr!«
    »Das werde ich«, versprach ich. »Ich muss jetzt aufbrechen. Dem Kardinal des Satans will ich auf keinen

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