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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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eines Gottesdienstes in Santa Maria del Fiore? Oder in unserer Bibliothek?
    »Ich danke Euch, Frater ...«
    »Caedmon«, stellte er sich vor. »Ich bin Caedmon of Canterbury. Ihr seid Lucas Tochter, nicht wahr?«
    »Ich bin Alessandra d’Ascoli.«
    »Mein herzliches Beileid, Mylady! Lucas Tod hat mich tief erschüttert. Ich war fassungslos! Luca d’Ascoli war für mich ...« Er verstummte. »Ich werde Euch in meine Gebete einschließen, Mylady! Gott segne Euch!«
    »Danke, Bruder Caedmon.«
    »Darf ich Euch in den nächsten Tagen besuchen, Mylady? Ich würde gern etwas mit Euch besprechen.«
    »Ich freue mich auf Euren Besuch. Aber bitte entschuldigt mich jetzt!«
    Er verneigte sich und wich einen Schritt zurück. Ich wendete mein Pferd, um in Richtung des Campanile zu traben. Tayeb und die anderen folgten mir.
    Bevor ich in die Via dei Calzaiuoli abbog, warf ich dem Palast des Erzbischofs einen langen Blick zu. Bis vor zwei Jahren hatte Giovanni Vitelleschi dort residiert. Hatte der lateinische Patriarch von Alexandria den Mord an Luca befohlen? Nein, wohl nicht! So sehr ich Vitelleschi auch verachtete und hasste für das, was er meiner Familie in Rom angetan hatte - Papst Eugenius würde seinem Henker in der blutgetränkten Soutane niemals die Ermordung von Luca d'Ascoli befehlen! All die Jahre nach Lucas Exkommunikation durch den neu gewählten Pontifex hatten Eugenius und mein Vater sich angeschwiegen. Trotz der Hochverratsprozesse gegen meine Familie, der Verbannungen, der Folterungen in der Engelsburg und der Hinrichtungen auf dem Campo dei Fiori war Lucas Leben niemals bedroht worden - acht Jahre lang!
    Nein, Eugenius hatte die Bluttat nicht befohlen! Die Florentiner liebten ihren Papst so innig, wie die Römer ihn hassten. Doch die Ermordung ihres verehrten ›San Luca‹ würden sie ihm nicht vergeben! Eugenius würde sich hüten, die Florentiner gegen sich aufzubringen. Das Unionskonzil sollte in wenigen Tagen beginnen. Der abgesetzte Papst brauchte die Kirchenunion ebenso dringend zur Sicherung seiner Macht wie der Kaiser.
    Sobald Eugenius nach Florenz zurückkehrte, wollte ich um eine Audienz bitten. Ich musste herausfinden, worüber er mit Luca gesprochen hatte.
    Langsam trabte ich die vereiste Via dei Calzaiuoli entlang und erreichte schließlich die Piazza della Signoria. Der Nebel war so dicht, dass ich den Turm der Signoria, in dem Cosimo vor Jahren auf sein Todesurteil gewartet hatte, nicht erkennen konnte.
    Von weitem hörte ich das Dröhnen der Kirchenglocken von Santa Maria Novella, die die Mönche der päpstlichen Klosterresidenz zum Stundengebet der Non riefen. Dann stimmten auch die Glocken von San Marco und Santa Croce in den Gebetsruf ein. Zuletzt vernahm ich das ferne Läuten von San Miniato.
    Vor dem Portal des Regierungspalastes zügelte ich mein Pferd. Tayeb sprang ab und hob mich aus dem Sattel.
    »Wir werden in der Loggia auf dich warten«, versprach er und wies auf ein glühendes Kohlenbecken unter den Arkaden der Loggia.
    Ich betrat den Palazzo, durchquerte den Innenhof und stieg die breite Treppe hinauf in den zweiten Stock, wo ich mich an einer Schar wartender Bittsteller vorbeidrängte und Cosimos Sekretär um eine Audienz bat.
    Die Tür zum Arbeitsraum des Kanzlers stand offen. Als er meine Stimme erkannte, erschien er in der Tür. »Alessandra, mein liebes Kind! Du bist in Florenz?«
    Leonardo Bruni war ein kleiner, hagerer Mann mit schlohweißem Haar. Die schwarze Trauerkleidung ließ ihn bleich und zerbrechlich aussehen. In wenigen Wochen würde der berühmte Humanist seinen siebzigsten Geburtstag feiern. Bevor er vor zwölf Jahren Kanzler der Republik wurde, war er wie Luca päpstlicher Sekretär in Rom gewesen.
    Leonardo Bruni wurde bereits zu Lebzeiten als Genius vergöttert. Viele Gelehrte, aber auch ausländische Botschafter kamen nach Florenz, um ihn zu verehren. Da bekannt war, dass Leonardo beinahe täglich in Lucas Haus verkehrte, warteten sie in unserer Bibliothek auf sein Erscheinen und lasen in seinen Werken, die in unserem Scriptorium kopiert wurden. Ein spanischer Gesandter kniete einmal sogar vor ihm im Rinnstein, um ihm seine Hochachtung zu erweisen.
    Er reichte mir seine Hand. »Es tut mir so leid!«
    »Ich danke Euch, Signore.«
    Leonardo war nicht nur Lucas Freund - die beiden waren seit über dreißig Jahren aus Rom und Konstanz bekannt -, sondern vor Jahren auch mein Lehrer gewesen, der meinem Latein den letzten Schliff gegeben hatte. Er kannte mich,

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