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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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furchtbar! Es tut mir so leid, Sandra!« Mein Freund aus Kindertagen ließ mich los und trat einen Schritt zurück. »Wir besprechen gerade die Totenfeier des Staatsbegräbnisses. Darf ich dir Seine Seligkeit Niketas von Athen vorstellen?«
    Der Mönch hatte sich erhoben, um mich zu begrüßen.
    »Es ist mir eine große Ehre, Euch kennenzulernen, Euer Seligkeit!« Ich beugte das Knie und ergriff seine rechte Hand, um den Ring des Metropoliten zu küssen - doch er hatte ihn abgelegt. Also berührte ich seine Finger mit den Lippen.
    Sanft entzog er mir seine Hand und half mir auf.
    Sein Gesicht war ebenmäßig, die dunklen Augen blickten rätselhaft, die sinnlichen Lippen waren fein geschwungen. Der Bart und das schulterlange Haar schimmerten schwarz wie das Gefieder von Raben. Er war groß und schlank und hielt sich sehr aufrecht. Seine Bewegungen waren beherrscht. Anmutig. Würdevoll. Er schien unnahbar - unberührbar wie eine goldschimmernde Ikone.
    »Kyria Alessandra, ich war tief erschüttert, als ich heute Morgen von Lucas Tod erfuhr.« Sein Italienisch hatte einen weichen griechischen Akzent. »Ich habe Euren Vater sehr verehrt. Als großen Gelehrten. Als beherzten Menschen, der unbeirrbar seinen Weg ging. Wenn Ihr gestattet, Kyria Alessandra, würde ich gern die Totenrede halten und seine Verdienste um die Kirche würdigen.«
    »Das ist eine hohe Ehre für meinen Vater. Doch die Kirche hat Lucas Verdienste bereits gewürdigt, als sie ihn vor acht Jahren exkommunizierte.« Ich bemühte mich um einen nicht allzu verbitterten Tonfall. Alexios hatte erzählt, wie niedergeschmettert Niketas gewesen war, als er vom Tod meines Vaters erfuhr. »Luca d'Ascoli wird in ungeweihtem Boden begraben werden. Es wird keine Totenmesse, kein Glockengeläut und keine Gebete für sein Seelenheil geben.«
    »Ich werde für ihn beten«, versprach Niketas mit fester Stimme. »Und ich werde Euch in meine Gebete einschließen.«
    »Ich habe den Prolog Eures Buches auf dem Schreibtisch meines Vaters gesehen und würde gern mit Euch darüber sprechen. Ich weiß, Ihr residiert in San Marco. Ein Treffen in Eurer Zelle ist ... nun ja ... unschicklich.« Ich zögerte einen Herzschlag lang, aber dann sprach ich es aus: »Wollt Ihr nicht zum Abendessen in den Palazzo d’Ascoli kommen?«
    »Sehr gern!«, lächelte et. »Ich freue mich darauf!«
    Unsere Blicke versanken ineinander, und das sanfte Leuchten in seinen Augen wärmte mir das Herz.
    Piero legte ihm die Hand auf die Schulter. »Kommt, Euer Seligkeit. Alessandra und Cosimo haben gewiss viel zu besprechen!« Piero sah mich dabei auf eine Weise an, dass ich mich bestürzt fragte: Wusste er, was in der Nacht vor meiner Abreise zwischen seinem Vater und mir geschehen war?
    Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, drehte ich mich zu Cosimo um, der mich die ganze Zeit beobachtet hatte.
    »Ich habe den Brief gelesen, den du mir nach Alexandria nachgeschickt hattest«, begann ich. »Er war ein einziges ›Mea culpa, mea maxima culpa‹. Du hast dir die Schuld gegeben an dem, was geschehen ist, dir allein. Aber das ist nicht gerecht! Meine Schuld ist ebenso groß wie deine.«
    Ich rang mit meinen Gefühlen.
    »Gott weiß, wie sehr ich mich nach Geborgenheit und Liebe sehne. Nach Zärtlichkeit. Nach Leidenschaft. Nach Glückseligkeit. All das hast du mir ... in jener wundervollen Nacht ... geschenkt.« Ich konnte nicht weitersprechen. »Es tut mir leid!«, schluchzte ich. »Es tut mir so leid, Cosimo. Ich wollte dir nicht wehtun!«
    Er schloss mich in seine Arme und hielt mich fest. »Carissima, ich bin so glücklich, dass du zurückgekommen bist.« Er küsste mich auf die tränennasse Wange, dann fanden seine Lippen meine. Sein Kuss schmeckte nach Sehnsucht.
    Das Gefühl, in seinen Armen geborgen zu sein, war überwältigend schön. Ich genoss seine Liebkosungen, wie ich sie in jener leidenschaftlichen Nacht in seinem Bett genossen hatte. Etwas geschenkt zu bekommen, ohne darum kämpfen zu müssen, und um meiner selbst willen geliebt zu werden - das war so berauschend gewesen.
    Wenn das Herz mit dem Verstand ringt, und die Moral mit dem Gefühl - wer gewinnt dann am Ende? Die Scham und die Schuld oder die Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Geborgenheit?
    Ich entwand mich seiner Umarmung. »Cosimo, bitte nicht! Eine Affäre zwischen uns ist ... undenkbar!«
    »Weil ich so viel älter bin als du?«, flüsterte er und strich mir zärtlich über die Wange. »Du bist vierundzwanzig, und ich werde

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