Der vergessene Strand
Kaffeemaschine einen Becher Kaffee, in den sie drei Löffel Zucker gab, und schlich zurück ins Schlafzimmer, wo sie ihn erwarten würde, wenn er das Gespräch beendet hatte.
«Du hast dich ja schnell eingerichtet ohne sie.» Sein Vater klang verbittert.
«Sie hat sich schon vorher gut eingerichtet ohne mich», erwiderte David scharf.
«Aber keinen Tag lang hat sie deshalb die Kinder im Stich gelassen. Denk doch an die Kinder!»
Die Kinder waren ohne ihn besser dran, davon war David überzeugt.
Er blieb stur und uneinsichtig, und sein Vater gab es irgendwann auf, an seine Vernunft zu appellieren und daran, es wenigstens zu versuchen.
David schwieg. Sein Vater biss sich die Zähne aus an diesem Schweigen, und als er ging, hatte er seinem Sohn nichts mehr zu sagen außer, dass er daran denken solle, regelmäßig Geld zu überweisen für Susan und die Kinder. Die Familie werde ihn aus dieser Verantwortung jedenfalls nicht entlassen.
Sobald sein Vater weg war, kroch David wieder zu Fiona unter die Bettdecke, und er liebte sie so heftig, dass sie vor Schmerz schrie und nicht vor Lust. Auf ihrer blassen Haut erschienen danach Male, wo er sie grob angepackt hatte. Daraufhin verschwand sie aus seiner Wohnung und seinem Leben, und für den Moment war ihm das ganz recht.
Drei Monate lebte er in dieser Zwischenwelt aus Verletztheit und Schmerz. Er war sehr einsam und schlief zu wenig. Er schickte regelmäßig Geld. Von Susan kam nicht mal ein Wort des Danks.
Im Oktober nahm er dann allen Mut zusammen und rief sie an. Er wollte alles klären, irgendwann mussten sie ja reden. Susan war verschlossen, aber nichts anderes hatte er erwartet. Er schlug ein Treffen vor. Sie zögerte. Sie dürfe seinetwegen gern jemanden mitbringen. Da stimmte sie erleichtert zu, und sie fragte, ob er eins seiner Kinder sehen wolle. Fast hätte er sie angebrüllt, das seien beides nicht seine Kinder, aber dann riss er sich zusammen. Das war ihre Art, ihm ein Friedensangebot zu machen.
«Ich würde gern Patrick sehen.»
«Ich bringe ihn mit.»
Später fragte er sich oft, ob er sie alle hätte retten können. Wenn er nicht Patrick, sondern Amy hätte sehen wollen. Wenn er großmütig auf dieses Wiedersehen verzichtet hätte.
Sie kam mit Patrick und Reginald nach Cambridge. In einem Café trafen sie sich. Reginald saß etwas abseits, er wollte die beiden nicht stören. Patrick saß mit ihnen am Tisch. Den hellen Lockenkopf über ein Malbuch gebeugt, malte er konzentriert Tiere aus, die Zunge spitzte dabei zwischen den Lippen hervor. David streichelte den Kopf seines Sohns. Ja, seines Sohns. Patrick war sein Kind, und Amy auch. Die Biologie mochte etwas anderes behaupten, aber für ihn waren diese beiden Kinder seine.
Das Gespräch verlief erstaunlich friedlich, sie wurden sich bald einig. Beide wollten die Scheidung, und David wollte ein bisschen Zeit mit den Kindern haben in Zukunft. Keine überzogenen Forderungen, alle paar Wochen wollte er fürs Wochenende nach Pembroke kommen. Susan war damit einverstanden.
Zum Abschied umarmten sie sich freundschaftlich. «Kommst du klar?», fragte David. Susan nickte. Sie wirkte ein bisschen betrübt.
«Jetzt hab ich eben niemanden mehr», sagte sie.
Reginald nickte David zum Abschied zu. Ich kümmer mich um sie, schien sein Blick zu bedeuten.
Als mitten in der Nacht das Telefon klingelte, glaubte David einen wirren Moment lang, es sei Susan, die ihn anflehte, heimzukommen. Doch dann erkannte er die Stimme seines Vaters.
«Komm heim», sagte er. «Es ist etwas passiert.»
Es gibt Momente, in denen man nicht fragt, sondern einfach glaubt, was der andere sagt. Jene Nacht gehörte dazu. David stand auf, trank einen doppelt starken Kaffee und fuhr los. Quer durchs Land, über verwaiste, leere Straßen. Er musste Sperrungen umfahren, wo der Herbststurm Bäume entwurzelt hatte, und kam erst früh am Morgen in Pembroke an.
«Was ist passiert?», fragte er seinen Vater, der in dieser Nacht ebenso wenig geschlafen hatte wie David. Er bat seinen Sohn ins Haus, seine Mutter sei oben und schlafe, der Arzt habe ihr ein Beruhigungsmittel geben müssen.
Und dann erst, nachdem David sicher nach Pembroke gefahren war, begann sein Vater, ihm von dem Unfall zu erzählen. Von Reginalds leichten Verletzungen, von Susan, die es etwas schlimmer erwischt hatte und die nie wieder ganz gesund werden würde. Von Patrick.
Die Stimme seines Vaters versagte. Dann stieß er hervor:
«Patrick wurde aus dem Auto
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