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Der vergessene Strand

Der vergessene Strand

Titel: Der vergessene Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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paar Tagen hier war, wollte ich dich fragen, ob du eventuell im Besitz einiger Briefe von Anne Lambton oder ihrer Schwester Beatrix bist. Sie war die Countess of Hartford. Und Anne hat eine Zeitlang in Pembroke gelebt.»
    Der abrupte Themenwechsel überraschte ihn. «Wieso glaubst du, ich könnte Briefe von ihnen besitzen?»
    «Ich habe in einer alten Zeitschrift Hinweise darauf gefunden.» Sie zog einen kopierten Artikel aus der Mappe und schob ihn über den Tisch. Die besagte Stelle war gelb mit Textmarker unterstrichen. «Hier, in den Quellenverweisen.»
    Jonathan stand auf, kramte seine Lesebrille aus einer Schublade und setzte sich wieder, ehe er sie umständlich aufsetzte, den Aufsatz heranzog und die Zeilen überflog. «Hm», machte er. «Nee, das bin ich nicht. Es sei denn … Vielleicht mein Vater. Ja, das könnte es gewesen sein. Die Sachen hab ich weggeschmissen, schon vor Jahrzehnten.»
    Amelie war enttäuscht. «Das ist schade.»
    «Ich hätte gern geholfen, aber ich wüsste nicht, wo diese Briefe sein sollten.»
    Damit schien alles gesagt zu sein. Sie trank den Tee aus und stand auf, um den Becher in die Spüle zu stellen. «Danke», sagte sie leise. «Ich … wenn ich noch Fragen habe, darf ich dann nochmal vorbeikommen?»
    Jonathan zögerte. «Solange du nicht wissen willst, wo David ist», sagte er schließlich.
    «Das kann ich nicht versprechen. Ich muss wenigstens versuchen, es dir zu entlocken», erklärte sie.
    «Hm», machte er. «Na gut.»
    Er begleitete sie nicht zur Tür, brummte zum Abschied nur etwas, das sie nicht verstand. Vielleicht war es Walisisch.
    Sie hatte einen walisischen Großvater, und auch ihr Vater war Waliser. Es war also richtig gewesen, dass ihr die blaue Tür so vertraut vorkam, die sie jetzt behutsam hinter sich ins Schloss zog. Michael flüchtete ins Auto, als er sie kommen sah, und sie lief mit gesenktem Kopf zur Beifahrerseite, obwohl der Regen ihr nichts ausmachte. Er war warm, und sie waren in Wales. Regen gehörte hier zum Alltag.
    «Und?», fragte Michael. «Können wir jetzt fahren?» Ohne ihre Antwort abzuwarten, startete er den Motor und lenkte den Wagen aus Pembroke hinaus. Amelie starrte ins Leere. Das Foto in ihrer Tasche zog und zerrte an ihr, als wollte es sie zurück nach Pembroke locken.
    «Fahr da vorne an der Tankstelle raus», rief sie plötzlich, und ihre Hand klammerte sich an den Türgriff. Sie spürte, wie sich etwas um ihre Brust schloss – kalt und schwer und bitter.
    Michael gehorchte – vielleicht dachte er, ihr sei plötzlich übel geworden.
    Der Wagen stand kaum, da sprang sie schon hinaus. Sie beugte sich vor und versuchte durchzuatmen. Der Schmerz ließ nach. Michael war sofort an ihrer Seite und legte fürsorglich die Hand auf ihre Schulter. Diesmal ersparte er ihr eine seiner «Sabina-hat-das-auch»-Bemerkungen. Trotzdem machte sie sich unwillig von ihm los und lief ein paar Schritte, ehe sie sich zu ihm umwandte. Sie hatte eine Entscheidung getroffen.
    «Ich kann noch nicht weg, Michael.»
    «Okay, dann bleiben wir noch eine Stunde oder zwei. Wir können auch unterwegs irgendwo übernachten, aber ich muss morgen Mittag zurück in Berlin sein.»
    «Nein, Michael, du verstehst mich nicht. Ich kann nicht weg – ich muss hierbleiben. Ich …» Sie fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. «Es geht nicht nur um das Buch, verstehst du? Ich hab das Gefühl, dass mich irgendwas hier hält. Ich kann es nicht erklären, aber ich möchte noch hierbleiben. Ist das für dich okay?»
    Er musterte sie lange. Dann sagte er leise: «Ich weiß, mir steht es überhaupt nicht zu, auch nur ansatzweise eifersüchtig zu sein, aber … Hat es mit diesem Apotheker zu tun? Mit diesem Dan?»
    «Herrje. Nein. Nein, hat es nicht.»
    Vielleicht. Ein bisschen.
    «Gut, dann … dann bin ich erleichtert. Ich würde dich nur sehr ungern verlieren, hörst du?»
    Sie nickte. Michael schaute sich um, dann fasste er einen Entschluss. «Also gut, dann bleib hier. Willst du, dass ich dich zurückbringe oder …»
    «Ich kann laufen. Ist ja nicht weit.»
    «Dann kann ich deinen Wagen nehmen?»
    «Ja, sicher.» Wenn sie zurück wollte, konnte sie einen Mietwagen nehmen oder mit dem Zug bis London fahren. Irgendwie würde das schon klapppen.
    «Okay … Dann …» Er trat zu ihr, und sie umarmten sich. Amelie schloss die Augen und atmete tief durch, aber ihr stieg nur der stechende Gestank von Treibstoffen und regennassem Asphalt in die Nase. Das hier war nicht die

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