Der vergessene Templer
schräg, zog sich aus, holte frische Wäsche aus ihrem Rucksack und legte auch andere Kleidung bereit, bevor sie die winzige Kammer betrat, in der sich die Dusche den Raum mit der Toilette teilte.
Es war stickig hier. Es gab kein Fenster, auch keinen funktionierenden Abzug. Deshalb ließ Sharon auch die Tür halb offen stehen, bevor sie sich unter den Strahl stellte.
Mit der Dusche war sie zufrieden. Sie seifte sich ein, aber sie sorgte dafür, dass ihr Haar nicht nass wurde. Mit den Gedanken war sie bei den Erlebnissen in der nahen Vergangenheit. Sie kam auch zu dem Schluss, dass diese noch nicht vorbei waren. Es würde ein Nachspiel geben. Dafür hatte sie zwar keine Beweise, aber sie verließ sich auf ihr Gefühl.
Recht schnell war sie fertig. Sie zog frische Unterwäsche an, schlüpfte in eine hellere Jeans und war noch damit beschäftigt, den Reißverschluss zuzuziehen und zugleich in die flachen Schuhe zu steigen, als sie von der Zimmertür her ein Geräusch hörte. Sofort dachte sie an ihren neuen Freund, trat in den Raum hinein und blieb stehen, als hätte sie der Blitz getroffen.
Mit dem Rücken zur Tür stand jemand, und er bedrohte sie mit einer klobigen Pistole...
***
Schon einmal war sich Sharon Ford vorgekommen, als hätte man sie in einen Film gesteckt, in dem sie eine besondere Rolle spielen sollte. Das war wieder der Fall. Sie glaubte, dass der Vorhang der Wirklichkeit zurückgezogen worden war und sie plötzlich in einer Welt stand, in der sie nichts mehr zu suchen hatte.
Den Mann kannte sie nicht. Sie hatte ihn nie im Leben gesehen. Er war dunkel gekleidet wie jemand, der gern durch die Nacht streicht und dabei nicht gesehen werden will.
Das war nicht der Ritter, doch sie konnte sich nicht darüber freuen, dass es so war, denn sie konnte den Blick nicht von der Waffe lösen.
Dann hörte sie ein Hüsteln!
Ihr Kopf ruckte nach links. Zugleich aber, schaute sie noch nach vorn. Deshalb sah sie auch die Bewegung und entdeckte den zweiten Mann, der sich aus dem Schatten unterhalb der Schräge gelöst hatte und nun vor ihr stand.
In seiner Hand hielt er ebenfalls eine Waffe, und Sharon hob automatisch die Hände. So etwas hatte sie öfter in einem Film gesehen. Es zeigte, dass sie nicht vorhatte, irgendwelchen Widerstand zu leisten, der sowieso Selbstmord gewesen wäre.
Sie wunderte sich darüber, dass sie nicht laut schrie. Normalerweise wäre das der Fall gewesen, doch der Schock hatte ihr die Sprache verschlagen.
Der Mann an der Tür setzte sich in Bewegung und schlich auf sie zu. Je näher er kam, umso mehr krampfte sich bei Sharon im Innern alles zusammen. Sie sah sein Gesicht jetzt besser und konnte einen Blick in die kalten Augen werfen, die ihrer Meinung nach nicht lebten, sondern aus zwei Steinen bestanden, deren Oberflächen noch glatt geschliffen worden waren. Der Mann bewegte seine rechte Hand. Er hob somit die Pistole an und strich mit der Mündung über das Kinn der Frau hinweg. Dabei fing er an zu sprechen.
»Du wirst ab jetzt nichts mehr von allein unternehmen. Du wirst alles tun, was wir dir sagen. Solltest du dich nicht daran halten, werden wir dich töten. Unsere Waffen sind mit einem Schalldämpfer ausgerüstet, und niemand wird einen Schuss hören. Hast du das verstanden?«
Sharon nickte. Sprechen konnte sie nicht.
»Gut, dann werden wir uns jetzt auf den Weg machen!«
Genau dieser Satz löste bei ihr die Starre. »Wieso auf den Weg machen?« Der Mann drückte ihr die Mündung gegen die Lippen. »Pssst – nicht so laut. Es ist so, wie ich es dir gesagt habe. Hier haben wir das Sagen. Man will dich. Er hat dich gesehen.«
»Wer ist er?«
»Victor von Narbonne. Er mag dich. Er ist von dir fasziniert, weil du ihn an jemand erinnerst, den er vor langen Jahren mal gekannt hat.«
»Den kenne ich nicht.«
»Doch, du hast ihn gesehen. Es liegt noch nicht lange zurück. Aber du bist vor ihm geflohen und...«
Es war ein Schrei, der aus ihrem Mund drang, aber er war leise ausgestoßen werden, sodass die Kerle nichts zu befürchten hatten. Der Mann mit der Waffe wartete, bis sich Sharon wieder gefangen hatte und sagte: »Ja, deine Gedanken waren schon richtig. Er kann nicht anders, er muss dich haben.«
Es war für sie nicht mehr nachvollziehbar. Zwar stand Sharon auf der Stelle, aber sie hatte trotzdem den Eindruck, in das Holz des Bodens hineinzusinken. Sie fühlte nichts mehr. Sie war leer, und der Mann mit der Waffe musste seine nächste Bemerkung wiederholen.
»Wir
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