Der vergessene Templer
genommen. So sah sie nicht, dass Eric im offenen Durchgang stand, aber sie verstand jedes Wort, als er zu sprechen begann und den Triumph in seiner Stimme nur schwerlich unterdrücken konnte.
»Ich sehe, ihr versteht euch, und so soll es auch sein. Die Schöne und das Biest. Es ist eingetroffen, und es ist wunderbar. Ihr zusammen werdet die Welt aufhorchen lassen, und ich werde euch jetzt allein lassen. Turtelt weiter. Wir legen ab!«
Seine Stimme war nicht zu überhören gewesen, doch Sharon schaffte es nicht, eine Antwort zu geben. Sie konnte aus ihrer Klemme nicht weg, und so stellte sie sich darauf ein, keine Zukunft mehr zu haben, während sie am Heck und eigentlich von überallher das Aufbrüllen des Motors vernahm...
***
»Das sind sie! Das müssen sie einfach sein!« Sven Nolte schrie die Worte. Er war wie von Sinnen und trommelte mit den Fäusten gegen seine Oberschenkel.
Auch für mich gab es keine andere Lösung.
Dagmar blieb bei Harry am Ruder, während ich auf das flache Sonnendeck kletterte. Von dort hatte ich einen guten Blick, aber der Standort war zugleich gefährlich, denn eine hohe Reling, die viel Halt und Schutz gab, existierte hier nicht.
Ich kniete hinter dem Steuerstand und hielt mich fest. Mein Blick schweifte über den Rhein hinweg, und so sah ich auch das fremde Boot, das abgelegt hatte. Es war größer als das unsere. Nur ließ sich niemand an Deck blicken, und nach einer großen Flucht sah es auch nicht aus, denn es nahm nur recht langsam Fahrt auf.
Sven Nolte stand neben mir. Die Angst um seine Freundin hatte ihm beinahe den Verstand geraubt. »Verdammt noch mal, wann fahren wir denn endlich? Das ist ja grauenhaft!«
Ich konnte ihn verstehen, aber ich sah auch etwas anderes, das mir gar nicht gefiel. Im Gegensatz zu mir stand er aufrecht. Das konnte zum Verhängnis werden.
»Runter mit dir!«
Mein Schreien ging im Aufbrummen des Motors unter. Freund Harry hatte es geschafft, und sofort fing er damit an, uns von der Mole wegzuschaffen.
Auch wenn er langsam fuhr, den Übergang von der ruhigen Lage in die Bewegung bekamen wir schon mit. Sven Nolte stärker als ich, denn er taumelte plötzlich und hatte sich noch nicht gefangen, als Harry das Tempo erhöhte.
So bekam er einen weiteren Stoß mit, aber es war sein Glück, dass es ihn in meine Richtung trieb, und so konnte ich zuschnappen. Es gelang mir, ihn an den Hüften zu packen und auch festzuhalten, nachdem er in die Knie gesunken war.
»Man kann hier leicht über Bord gehen.«
Sven schaute mich an, als hätte er nichts begriffen. »Ich will zu Sharon.«
»Das können Sie. Aber Sie können nicht hinfliegen. Wir müssen uns schon an gewisse Regeln halten.«
»Ja, gut.«
»Dann machen Sie sich flach.«
Zum Glück gehorchte er und legte sich jetzt bäuchlings auf das nicht sehr große Sonnendeck.
Ich war auch darauf gespannt, wie Harry Stahl mit dem Boot umgehen konnte. Schon kurz nach dem Start hätte ich ihn gern gelobt, denn wir waren aus der Reihe der hier liegenden Fahrzeuge gut herausgekommen und tuckerten dem offenen Wasser entgegen.
Das andere Boot war stromabwärts gefahren in Richtung Koblenz. Ob es dort anlegen oder in die Mündung der Mosel hineinfahren würde, wusste ich nicht. Die Möglichkeit bestand durchaus, und bis dahin mussten wir es erreicht haben.
Die anderen hatten bereits die Fahrrinnen erreicht. Ob der Lenker sich auskannte, war uns nicht bekannt. Aber es sah auch nicht nach einer schnellen Flucht aus. Nahezu gemütlich fuhren sie dahin, und mir kam der Gedanke, dass sie uns als ihre Verfolger noch nicht entdeckt hatten.
Am Heck breitete sich auf dem dunklen Wasser ein Dreieck aus Schaum aus, der sehr schnell verlief und von den nachfolgenden Wellen zerrissen wurde.
Dagmar Hansen, die bisher neben ihrem Freund gestanden hatte, drehte sich um und schaute zu uns hoch.
»Sollen wir mehr Tempo geben?«
»Okay.«
»Ja, ja!«, rief auch Sven. »Ich will so schnell wie möglich bei ihr sein.«
Ich drehte mich zu ihm um. Er kniete hinter mir wie ein Kastenteufel, der jeden Augenblick bereit war, irgendetwas Wildes zu unternehmen.
Mir gefiel das nicht, und so sagte ich: »Sie halten sich zurück, Sven! Das ist allein unsere Sache.«
»Ha, ha...«, blaffte er mich an. »Und wie wollen Sie das durchziehen, verdammt?«
»Sie werden es erleben!«
»Verdammt, ich...«
»Hören Sie auf, sonst können sie ans Ufer schwimmen!«
Ich war sauer, denn ich wusste, dass es nicht einfach sein würde, das
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