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Der verhängnisvolle Urlaub

Der verhängnisvolle Urlaub

Titel: Der verhängnisvolle Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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denn überhaupt? Ich liege meinem Vater auf der Tasche, habe zwar das Abitur, aber seitdem tat sich eigentlich nichts mehr. Zwei Semester Betriebswirtschaft. Abgebrochen. Vater hatte ans Geschäft gedacht. Spätere Übergabe an mich und so. War aber nichts. Mutter erhofft heute noch ein Studium der Literaturwissenschaft von mir. Dies wäre der Traum ihres Lebens, sagte sie, nachdem ihr ein solches Studium versagt geblieben sei. Vater meint aber, für mich komme nun nur noch eine ordentliche Heirat in Frage; ein brauchbarer Schwiegersohn für ihn, ein Juniorchef für die Firma – der Peter Krahn.
    Ist ja ein guter Kerl, der Peter.
    Aber …
    Vor das Bild des guten Kerls, an den Karin dachte, schob sich das des Mannes, der fremde Strandkörbe annektierte. Peter Krahn, dem die Düsseldorfer Mädchen nachliefen, der im Geld schwamm, der keinen Buckel hatte und nicht schielte, der es niemals gewagt hätte, Karin eine Vorschrift zu machen, verlor auf der Bühne in ihrem Inneren die Partie gegen Walter Torgau, einen Mann mit einem unerträglichen Wesen für ein emanzipiertes Mädchen. War denn das überhaupt die Möglichkeit?
    Nein! sagte sich Karin Fabrici.
    Sie stieg vom Bett, ging ins Bad und stellte sich vor den Spiegel. Sie sah sich an, musterte sich kritisch, war im großen und ganzen mit dem, was sie sah, zufrieden und dachte: Aber gefallen hast du ihm, er nahm an dir Interesse. Gefallen hast du allen heute abend, dafür wurde ein überzeugender Beweis geliefert, ein Beweis freilich, für den er sich nicht begeistern konnte. Wäre es besser gewesen, auf diesen Nachweis zu verzichten?
    »Sicher wäre es das gewesen«, hörte und sah Karin das Mädchen, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, sagen. Sie war erstaunt, erschrocken, begriff dann erst, daß sie selbst diejenige war, die laut gesprochen hatte.
    In Karins Innerem herrschte ein ziemliches Durcheinander. Ihre Gefühle fielen nicht gerade von einem Extrem ins andere, doch sie sprangen von einer Seite auf die andere. Sie wußte nicht mehr recht, wohin mit sich.
    Mit einem Seufzer wandte sie sich vom Spiegel ab, entkleidete sich völlig – soweit man überhaupt noch von einer ›Entkleidung‹ sprechen kann, wenn es ein Bikini ist, dessen man sich entledigt – und nahm ein Bad. Danach bürstete sie kurz ihr prachtvolles Haar. Und das war auch schon alles an Abendkosmetik, was bei Karin stattfand. Das Gesicht einzufetten, hatte sie noch nicht nötig. Überflüssig zu erwähnen, daß natürlich auch die Zähne geputzt wurden.
    Ehe sie sich ins Bett legte, um zu schlafen, trat sie an das breite Fenster. Draußen im Freien war es still geworden. Leblos lag der Strand mit seinen erloschenen Lampions im Mondlicht da. Das Meer flimmerte und warf silberne Wellen an den blaß schimmernden weißen Strand. Wie Liebespaare, die versunken in ihr Glück eng umschlungen zusammensitzen, sahen die aneinandergerückten Strandkörbe aus. Einige Wimpel über den Sandburgen flatterten schwach im leichten Nachtwind. An einem Dünenhang saßen zwei Menschen und küßten sich. Nur ihre Umrisse waren zu erkennen, als sie sich zueinander beugten und sich umschlangen. Gleich einem riesigen bestickten dunklen Tuch spannte sich der nächtliche Himmel mit seinen Sternen über dem Ozean.
    »Mutti«, sagte Karin leise und lehnte sich an den Rahmen der Balkontür, »ich denke an dich, Mutti. Nun hätte ich doch nichts dagegen, wenn du hier wärst. Ich hätte ein paar Fragen an dich. Sicher könntest du sie mir nicht beantworten – jedenfalls nicht richtig –, aber allein deine warme Stimme würde mir guttun. Ich bin unglücklich, Mutti, nein, das wäre zuviel gesagt. Es wäre aber auch zuviel gesagt, wenn ich behaupten würde, daß ich nicht unglücklich bin. Es ist ein Zustand dazwischen, weißt du. Ich habe einen Fehler gemacht, der mich vorläufig daran hindert, festzustellen, was ich bin: unglücklich … nicht unglücklich … oder gar glücklich? Vielleicht kann ich das noch klären. Schluß jetzt. Gute Nacht, Mutti. Und auch gute Nacht, Vati.«
    Paul Fabrici liebte es von jeher, am Frühstückstisch neben den Fachblättern für Groß- und Einzelhandel und selbstverständlich der Tageszeitung auch die jeden Donnerstag neuerscheinende größte bundesdeutsche Illustrierte vorzufinden. Es hatte sich so eingebürgert, daß Fabrici das Frühstück erst beendete, wenn er alles durchgeblättert hatte, um dann in der Firma mit den soeben gesammelten Informationen, Kenntnissen und Weisheiten

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